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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Urbarmachung unangebauter Ländereien.
kauft. Wenn aber auch der mit Sicherheit zu berechnende Erfolg zweckmäßig an-
gewandter Mittel sich am Ende reichlich bezahlt, so ist der Vorschuß doch nach
Summe und Zeit mehrentheils so beträchtlich, daß jeder Unternehmer wohl zu er-
wägen hat, ob er ihn zu leisten vermöge, oder ob es ihm während der Ausführung
nicht gereuen werde, Kapital und Arbeit hierauf und nicht auf andere vortheilhaf-
tere Unternehmungen verwandt zu haben. Es ist für das allgemeine und indivi-
duelle Beste immer zuträglicher, solche Urbarmachungen gar nicht zu unternehmen,
als sie nicht zweckmäßig durchzusetzen, in der Mitte derselben stehen zu bleiben oder
sie doch nur unvollkommen zu vollführen. Häufig fallen halb ausgeführte Urbar-
machungen, wobei man den Boden mehr erschöpfte als bereicherte, in ihr Nichts
zurück; der Grund wird schlechter, wie er vorher war; eine vorher freilich sterile
Schaafabtrift, ein rauhes Gesträuch wird nun gar in eine Sandwehe verwandelt;
das Beispiel steht abschreckend Kinde und Kindeskinde vor Augen; das Kapital,
die Arbeit, der Dünger ist dem urbaren Acker entzogen. -- Man hat neue Urbar-
machungen von Seiten der Regierungen immer zu befördern gesucht. Aber es
giebt ohne Zweifel Fälle, wo hinsichtlich auf allgemeine Wohlfahrt neue Urbarma-
chungen eher zu verbieten oder nur unter gewissen Bedingungen zu erlauben wä-
ren, weil ohnehin die Ausdehnung des kultivirten Ackers für das der Kultur ge-
widmete Kapital und Arbeit zu groß ist, und eine intensive Verstärkung derselben
von glücklicherem Erfolge, als eine extensive seyn würde. Insbesondere können
Gemeinheitstheilungen wüster Aenger und der daraus erfolgende Umbruch dersel-
ben, ohne völlige Separation des Ackers und Grundeigenthums,
nachtheilig für das Ganze werden, wenn dennoch das strenge Dreifeldersystem
bleiben muß, und dem Acker die Aenger entzogen werden, die ihm bei jenem Sy-
steme vermöge der größeren Viehhaltung noch einigermaßen aufhalfen.

§. 188.

Genaue Erwägung der örtlichen Verhältnisse muß also bei dem Unternehmen
Allem vorhergehen. Man berechne wohl, was der in dem zu erwartenden Stand
gesetzte Grund und Boden auf dem Flecke, wo er liegt, dereinst werth seyn
werde, und betrachte ihn auch nach den in der Lehre von der Agronomie und von
der Werthschätzung eines Landguts angegebenen Lokal-Rücksichten, besonders ob
es freies, erbliches, verkäufliches oder beschränktes Eigenthum sey? -- Servi-

Urbarmachung unangebauter Laͤndereien.
kauft. Wenn aber auch der mit Sicherheit zu berechnende Erfolg zweckmaͤßig an-
gewandter Mittel ſich am Ende reichlich bezahlt, ſo iſt der Vorſchuß doch nach
Summe und Zeit mehrentheils ſo betraͤchtlich, daß jeder Unternehmer wohl zu er-
waͤgen hat, ob er ihn zu leiſten vermoͤge, oder ob es ihm waͤhrend der Ausfuͤhrung
nicht gereuen werde, Kapital und Arbeit hierauf und nicht auf andere vortheilhaf-
tere Unternehmungen verwandt zu haben. Es iſt fuͤr das allgemeine und indivi-
duelle Beſte immer zutraͤglicher, ſolche Urbarmachungen gar nicht zu unternehmen,
als ſie nicht zweckmaͤßig durchzuſetzen, in der Mitte derſelben ſtehen zu bleiben oder
ſie doch nur unvollkommen zu vollfuͤhren. Haͤufig fallen halb ausgefuͤhrte Urbar-
machungen, wobei man den Boden mehr erſchoͤpfte als bereicherte, in ihr Nichts
zuruͤck; der Grund wird ſchlechter, wie er vorher war; eine vorher freilich ſterile
Schaafabtrift, ein rauhes Geſtraͤuch wird nun gar in eine Sandwehe verwandelt;
das Beiſpiel ſteht abſchreckend Kinde und Kindeskinde vor Augen; das Kapital,
die Arbeit, der Duͤnger iſt dem urbaren Acker entzogen. — Man hat neue Urbar-
machungen von Seiten der Regierungen immer zu befoͤrdern geſucht. Aber es
giebt ohne Zweifel Faͤlle, wo hinſichtlich auf allgemeine Wohlfahrt neue Urbarma-
chungen eher zu verbieten oder nur unter gewiſſen Bedingungen zu erlauben waͤ-
ren, weil ohnehin die Ausdehnung des kultivirten Ackers fuͤr das der Kultur ge-
widmete Kapital und Arbeit zu groß iſt, und eine intenſive Verſtaͤrkung derſelben
von gluͤcklicherem Erfolge, als eine extenſive ſeyn wuͤrde. Insbeſondere koͤnnen
Gemeinheitstheilungen wuͤſter Aenger und der daraus erfolgende Umbruch derſel-
ben, ohne voͤllige Separation des Ackers und Grundeigenthums,
nachtheilig fuͤr das Ganze werden, wenn dennoch das ſtrenge Dreifelderſyſtem
bleiben muß, und dem Acker die Aenger entzogen werden, die ihm bei jenem Sy-
ſteme vermoͤge der groͤßeren Viehhaltung noch einigermaßen aufhalfen.

§. 188.

Genaue Erwaͤgung der oͤrtlichen Verhaͤltniſſe muß alſo bei dem Unternehmen
Allem vorhergehen. Man berechne wohl, was der in dem zu erwartenden Stand
geſetzte Grund und Boden auf dem Flecke, wo er liegt, dereinſt werth ſeyn
werde, und betrachte ihn auch nach den in der Lehre von der Agronomie und von
der Werthſchaͤtzung eines Landguts angegebenen Lokal-Ruͤckſichten, beſonders ob
es freies, erbliches, verkaͤufliches oder beſchraͤnktes Eigenthum ſey? — Servi-

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[106/0128] Urbarmachung unangebauter Laͤndereien. kauft. Wenn aber auch der mit Sicherheit zu berechnende Erfolg zweckmaͤßig an- gewandter Mittel ſich am Ende reichlich bezahlt, ſo iſt der Vorſchuß doch nach Summe und Zeit mehrentheils ſo betraͤchtlich, daß jeder Unternehmer wohl zu er- waͤgen hat, ob er ihn zu leiſten vermoͤge, oder ob es ihm waͤhrend der Ausfuͤhrung nicht gereuen werde, Kapital und Arbeit hierauf und nicht auf andere vortheilhaf- tere Unternehmungen verwandt zu haben. Es iſt fuͤr das allgemeine und indivi- duelle Beſte immer zutraͤglicher, ſolche Urbarmachungen gar nicht zu unternehmen, als ſie nicht zweckmaͤßig durchzuſetzen, in der Mitte derſelben ſtehen zu bleiben oder ſie doch nur unvollkommen zu vollfuͤhren. Haͤufig fallen halb ausgefuͤhrte Urbar- machungen, wobei man den Boden mehr erſchoͤpfte als bereicherte, in ihr Nichts zuruͤck; der Grund wird ſchlechter, wie er vorher war; eine vorher freilich ſterile Schaafabtrift, ein rauhes Geſtraͤuch wird nun gar in eine Sandwehe verwandelt; das Beiſpiel ſteht abſchreckend Kinde und Kindeskinde vor Augen; das Kapital, die Arbeit, der Duͤnger iſt dem urbaren Acker entzogen. — Man hat neue Urbar- machungen von Seiten der Regierungen immer zu befoͤrdern geſucht. Aber es giebt ohne Zweifel Faͤlle, wo hinſichtlich auf allgemeine Wohlfahrt neue Urbarma- chungen eher zu verbieten oder nur unter gewiſſen Bedingungen zu erlauben waͤ- ren, weil ohnehin die Ausdehnung des kultivirten Ackers fuͤr das der Kultur ge- widmete Kapital und Arbeit zu groß iſt, und eine intenſive Verſtaͤrkung derſelben von gluͤcklicherem Erfolge, als eine extenſive ſeyn wuͤrde. Insbeſondere koͤnnen Gemeinheitstheilungen wuͤſter Aenger und der daraus erfolgende Umbruch derſel- ben, ohne voͤllige Separation des Ackers und Grundeigenthums, nachtheilig fuͤr das Ganze werden, wenn dennoch das ſtrenge Dreifelderſyſtem bleiben muß, und dem Acker die Aenger entzogen werden, die ihm bei jenem Sy- ſteme vermoͤge der groͤßeren Viehhaltung noch einigermaßen aufhalfen. §. 188. Genaue Erwaͤgung der oͤrtlichen Verhaͤltniſſe muß alſo bei dem Unternehmen Allem vorhergehen. Man berechne wohl, was der in dem zu erwartenden Stand geſetzte Grund und Boden auf dem Flecke, wo er liegt, dereinſt werth ſeyn werde, und betrachte ihn auch nach den in der Lehre von der Agronomie und von der Werthſchaͤtzung eines Landguts angegebenen Lokal-Ruͤckſichten, beſonders ob es freies, erbliches, verkaͤufliches oder beſchraͤnktes Eigenthum ſey? — Servi-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/128>, abgerufen am 24.11.2024.