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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Heuernte.
Witterung der Luft und dem Sonnenscheine aussetzt, gegen die Feuchtigkeit aber,
und besonders gegen den nächtlichen Thau durch Zusammenbringung schützet, und es
dadurch zugleich aufs Schnellste zu seiner völligen Austrocknung bringt. Es muß da-
her das Gras, welches früh Morgens bis neun Uhr gemähet worden, sobald der
Thau abgetrocknet ist, bei günstiger Witterung unmittelbar aus den Schwaden aus-
gestreuet, und zwar so sorgfältig ausgestreuet werden, daß nichts zusammenhängend
bleibe. Sobald man damit fertig ist, wird das zuerst gestreute gewendet oder mit
Harken gerührt, und dies wird dann Nachmittags wiederholt. Etwa um vier Uhr
wird es in Reihen oder Kämme gebracht, und dann vor Untergang der Sonne in
kleine Haufen gesetzt, die man Windhaufen nennt. Am zweiten Tage werden diese
Haufen nach abgetrocknetem Thau wieder ausgestreuet, und zwar so, daß sie in vier-
eckige Beete oder Plane zu liegen kamen, von 11/2 bis 2 Ruthen in Quadrat, zwischen
welchen man einen freien Platz läßt, um es beim Wenden, welches wiederum zwei-
mal geschiehet, herauf- oder herabrücken zu können. Gegen Abend wird es dann
wieder in Reihen, und zwar in doppelte Kämme gezogen, welches von zwei Personen,
die es in entgegengesetzter Richtung zusammenharken, geschiehet. Vor Sonnenun-
tergang wird es wieder in Haufen, und zwar in doppelt oder dreifach so große, wie in
der ersten Nacht gebracht. Am dritten Tage wird es eben so behandelt, und wenn
die Witterung günstig war, wird es nun trocken genug seyn, um es in große Ladehau-
fen zu bringen, worin man es bis zum Einfahren stehen läßt. Sollte sich in diesen
Haufen Feuchtigkeit zeigen, so wird es vor dem Einfahren noch einmal ausgestreuet,
jedoch ohne es dünn zu verbreiten, damit nur die Feuchtigkeit wieder verdunste.

Dasjenige Heu, was nach den Frühstunden gemähet worden, läßt man aber
bis zum folgenden Morgen in Schwaden liegen, und fängt dann an, es auf gleiche
Weise zu behandeln. Die Arbeit hebt sich alle Morgen mit der Streuung des frisch
gemäheten Grases an, und man geht dann zur Streuung der Haufen, erst der klei-
nern, dann der größern, über, und wechselt nun mit der Bearbeitung des einen und
des andern in gehöriger Ordnung ab. Die Arbeit vermehrt sich mit jedem Tage, und
folglich die nöthige Personenzahl, bis ein Theil auf den Boden oder in Feimen ge-
bracht worden.

Ein so bereitetes Heu behält seine grüne Farbe, seinen aromatischen Geruch und
seine nutzbaren Theile fast sämmtlich in sich, verliert nur die wässrigen, und untergeht

Die Heuernte.
Witterung der Luft und dem Sonnenſcheine ausſetzt, gegen die Feuchtigkeit aber,
und beſonders gegen den naͤchtlichen Thau durch Zuſammenbringung ſchuͤtzet, und es
dadurch zugleich aufs Schnellſte zu ſeiner voͤlligen Austrocknung bringt. Es muß da-
her das Gras, welches fruͤh Morgens bis neun Uhr gemaͤhet worden, ſobald der
Thau abgetrocknet iſt, bei guͤnſtiger Witterung unmittelbar aus den Schwaden aus-
geſtreuet, und zwar ſo ſorgfaͤltig ausgeſtreuet werden, daß nichts zuſammenhaͤngend
bleibe. Sobald man damit fertig iſt, wird das zuerſt geſtreute gewendet oder mit
Harken geruͤhrt, und dies wird dann Nachmittags wiederholt. Etwa um vier Uhr
wird es in Reihen oder Kaͤmme gebracht, und dann vor Untergang der Sonne in
kleine Haufen geſetzt, die man Windhaufen nennt. Am zweiten Tage werden dieſe
Haufen nach abgetrocknetem Thau wieder ausgeſtreuet, und zwar ſo, daß ſie in vier-
eckige Beete oder Plane zu liegen kamen, von 1½ bis 2 Ruthen in Quadrat, zwiſchen
welchen man einen freien Platz laͤßt, um es beim Wenden, welches wiederum zwei-
mal geſchiehet, herauf- oder herabruͤcken zu koͤnnen. Gegen Abend wird es dann
wieder in Reihen, und zwar in doppelte Kaͤmme gezogen, welches von zwei Perſonen,
die es in entgegengeſetzter Richtung zuſammenharken, geſchiehet. Vor Sonnenun-
tergang wird es wieder in Haufen, und zwar in doppelt oder dreifach ſo große, wie in
der erſten Nacht gebracht. Am dritten Tage wird es eben ſo behandelt, und wenn
die Witterung guͤnſtig war, wird es nun trocken genug ſeyn, um es in große Ladehau-
fen zu bringen, worin man es bis zum Einfahren ſtehen laͤßt. Sollte ſich in dieſen
Haufen Feuchtigkeit zeigen, ſo wird es vor dem Einfahren noch einmal ausgeſtreuet,
jedoch ohne es duͤnn zu verbreiten, damit nur die Feuchtigkeit wieder verdunſte.

Dasjenige Heu, was nach den Fruͤhſtunden gemaͤhet worden, laͤßt man aber
bis zum folgenden Morgen in Schwaden liegen, und faͤngt dann an, es auf gleiche
Weiſe zu behandeln. Die Arbeit hebt ſich alle Morgen mit der Streuung des friſch
gemaͤheten Graſes an, und man geht dann zur Streuung der Haufen, erſt der klei-
nern, dann der groͤßern, uͤber, und wechſelt nun mit der Bearbeitung des einen und
des andern in gehoͤriger Ordnung ab. Die Arbeit vermehrt ſich mit jedem Tage, und
folglich die noͤthige Perſonenzahl, bis ein Theil auf den Boden oder in Feimen ge-
bracht worden.

Ein ſo bereitetes Heu behaͤlt ſeine gruͤne Farbe, ſeinen aromatiſchen Geruch und
ſeine nutzbaren Theile faſt ſaͤmmtlich in ſich, verliert nur die waͤſſrigen, und untergeht

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[261/0283] Die Heuernte. Witterung der Luft und dem Sonnenſcheine ausſetzt, gegen die Feuchtigkeit aber, und beſonders gegen den naͤchtlichen Thau durch Zuſammenbringung ſchuͤtzet, und es dadurch zugleich aufs Schnellſte zu ſeiner voͤlligen Austrocknung bringt. Es muß da- her das Gras, welches fruͤh Morgens bis neun Uhr gemaͤhet worden, ſobald der Thau abgetrocknet iſt, bei guͤnſtiger Witterung unmittelbar aus den Schwaden aus- geſtreuet, und zwar ſo ſorgfaͤltig ausgeſtreuet werden, daß nichts zuſammenhaͤngend bleibe. Sobald man damit fertig iſt, wird das zuerſt geſtreute gewendet oder mit Harken geruͤhrt, und dies wird dann Nachmittags wiederholt. Etwa um vier Uhr wird es in Reihen oder Kaͤmme gebracht, und dann vor Untergang der Sonne in kleine Haufen geſetzt, die man Windhaufen nennt. Am zweiten Tage werden dieſe Haufen nach abgetrocknetem Thau wieder ausgeſtreuet, und zwar ſo, daß ſie in vier- eckige Beete oder Plane zu liegen kamen, von 1½ bis 2 Ruthen in Quadrat, zwiſchen welchen man einen freien Platz laͤßt, um es beim Wenden, welches wiederum zwei- mal geſchiehet, herauf- oder herabruͤcken zu koͤnnen. Gegen Abend wird es dann wieder in Reihen, und zwar in doppelte Kaͤmme gezogen, welches von zwei Perſonen, die es in entgegengeſetzter Richtung zuſammenharken, geſchiehet. Vor Sonnenun- tergang wird es wieder in Haufen, und zwar in doppelt oder dreifach ſo große, wie in der erſten Nacht gebracht. Am dritten Tage wird es eben ſo behandelt, und wenn die Witterung guͤnſtig war, wird es nun trocken genug ſeyn, um es in große Ladehau- fen zu bringen, worin man es bis zum Einfahren ſtehen laͤßt. Sollte ſich in dieſen Haufen Feuchtigkeit zeigen, ſo wird es vor dem Einfahren noch einmal ausgeſtreuet, jedoch ohne es duͤnn zu verbreiten, damit nur die Feuchtigkeit wieder verdunſte. Dasjenige Heu, was nach den Fruͤhſtunden gemaͤhet worden, laͤßt man aber bis zum folgenden Morgen in Schwaden liegen, und faͤngt dann an, es auf gleiche Weiſe zu behandeln. Die Arbeit hebt ſich alle Morgen mit der Streuung des friſch gemaͤheten Graſes an, und man geht dann zur Streuung der Haufen, erſt der klei- nern, dann der groͤßern, uͤber, und wechſelt nun mit der Bearbeitung des einen und des andern in gehoͤriger Ordnung ab. Die Arbeit vermehrt ſich mit jedem Tage, und folglich die noͤthige Perſonenzahl, bis ein Theil auf den Boden oder in Feimen ge- bracht worden. Ein ſo bereitetes Heu behaͤlt ſeine gruͤne Farbe, ſeinen aromatiſchen Geruch und ſeine nutzbaren Theile faſt ſaͤmmtlich in ſich, verliert nur die waͤſſrigen, und untergeht

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/283>, abgerufen am 22.11.2024.