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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Esparsette.
Schnitt wenn sie in die Blüte tritt; und dann zu Ende des Sommers noch ei-
nen zweiten schwächeren, oder aber eine sehr nahrhafte Weide. Mit einem Er-
trage von 18 bis 20 Centner Heu ist man gewöhnlich zufrieden, doch kann man
auf besserem Boden, und wenn ihr öfterer eine Ueberdüngung gegeben wird,
auch bis 30 Centner Heu vom Morgen gewinnen. Dies Heu ist von vorzüg-
licher Güte, und übertrifft nach der Versicherung mehrerer Praktiker das Klee-
und Luzerneheu.

Sie ist sehr ausdauernd, wenn sie den angemessenen Boden hat, und in
Ansehung des Eggens und Ueberdüngens, besonders mit Asche oder Gyps, nicht
vernachlässigt, auch nicht öfterer Saamen davon genommen wird. Man hat
Esparsettefelder über 20 Jahre im besten Stande erhalten.

§. 383.

Sie geht mit ihren Wurzeln nicht selten 12 Fuß tief in die Erde, ja man
hat sie bis 16 Fuß tief nachgegraben. Oben werden diese Wurzeln sehr stark
und der Aufbruch eines alten Esparsettefeldes ist nicht ohne Schwierigkeit; in-
dessen nimmt man ihn gern vor, weil ein solcher Acker, der vorher die Kosten
seiner Bestellung nicht trug, nun mehrere ausgezeichnete Ernten nacheinander
ohne Düngung giebt. Die flache Ackerkrume, welche einen Kalkfelsen bedeckte,
hat sich nun beträchtlich vertieft, die starken Wurzeln scheinen ihn mürbe und
das Kalkgestein zerfallen gemacht zu haben. Man will nur bemerkt haben, daß
Esparsette sehr lange auf den Acker nicht wieder gedeihe, wo sie einmal gestan-
den hat.

§. 384.

Diese Pflanze, welche einen Theil ihrer Nahrung aus der Tiefe des Bo-
dens heraufzuholen und die Oberfläche damit zu bereichern scheint, ist für manche
Gegenden ein wichtiges Geschenk der Natur, in andren dagegen nicht anwend-
bar. Durch sie kann man auf dem unfruchtbarsten Bergrücken einen vollkom-
menen Wiesenertrag sich verschaffen und der Thalwiesen entbehren. Man kann
diese nun zuweilen mit Vortheil umbrechen, und somit gewissermaßen das Na-
turgesetz, welches die Niederungen zum Heuertrage, die Höhen zum Fruchtbau
bestimmte, vortheilhaft abändern; aber man muß lernen: quid quaeque ferat
regio, quid ferre recuset.


N n 2

Die Esparſette.
Schnitt wenn ſie in die Bluͤte tritt; und dann zu Ende des Sommers noch ei-
nen zweiten ſchwaͤcheren, oder aber eine ſehr nahrhafte Weide. Mit einem Er-
trage von 18 bis 20 Centner Heu iſt man gewoͤhnlich zufrieden, doch kann man
auf beſſerem Boden, und wenn ihr oͤfterer eine Ueberduͤngung gegeben wird,
auch bis 30 Centner Heu vom Morgen gewinnen. Dies Heu iſt von vorzuͤg-
licher Guͤte, und uͤbertrifft nach der Verſicherung mehrerer Praktiker das Klee-
und Luzerneheu.

Sie iſt ſehr ausdauernd, wenn ſie den angemeſſenen Boden hat, und in
Anſehung des Eggens und Ueberduͤngens, beſonders mit Aſche oder Gyps, nicht
vernachlaͤſſigt, auch nicht oͤfterer Saamen davon genommen wird. Man hat
Esparſettefelder uͤber 20 Jahre im beſten Stande erhalten.

§. 383.

Sie geht mit ihren Wurzeln nicht ſelten 12 Fuß tief in die Erde, ja man
hat ſie bis 16 Fuß tief nachgegraben. Oben werden dieſe Wurzeln ſehr ſtark
und der Aufbruch eines alten Esparſettefeldes iſt nicht ohne Schwierigkeit; in-
deſſen nimmt man ihn gern vor, weil ein ſolcher Acker, der vorher die Koſten
ſeiner Beſtellung nicht trug, nun mehrere ausgezeichnete Ernten nacheinander
ohne Duͤngung giebt. Die flache Ackerkrume, welche einen Kalkfelſen bedeckte,
hat ſich nun betraͤchtlich vertieft, die ſtarken Wurzeln ſcheinen ihn muͤrbe und
das Kalkgeſtein zerfallen gemacht zu haben. Man will nur bemerkt haben, daß
Esparſette ſehr lange auf den Acker nicht wieder gedeihe, wo ſie einmal geſtan-
den hat.

§. 384.

Dieſe Pflanze, welche einen Theil ihrer Nahrung aus der Tiefe des Bo-
dens heraufzuholen und die Oberflaͤche damit zu bereichern ſcheint, iſt fuͤr manche
Gegenden ein wichtiges Geſchenk der Natur, in andren dagegen nicht anwend-
bar. Durch ſie kann man auf dem unfruchtbarſten Bergruͤcken einen vollkom-
menen Wieſenertrag ſich verſchaffen und der Thalwieſen entbehren. Man kann
dieſe nun zuweilen mit Vortheil umbrechen, und ſomit gewiſſermaßen das Na-
turgeſetz, welches die Niederungen zum Heuertrage, die Hoͤhen zum Fruchtbau
beſtimmte, vortheilhaft abaͤndern; aber man muß lernen: quid quaeque ferat
regio, quid ferre recuset.


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[283/0307] Die Esparſette. Schnitt wenn ſie in die Bluͤte tritt; und dann zu Ende des Sommers noch ei- nen zweiten ſchwaͤcheren, oder aber eine ſehr nahrhafte Weide. Mit einem Er- trage von 18 bis 20 Centner Heu iſt man gewoͤhnlich zufrieden, doch kann man auf beſſerem Boden, und wenn ihr oͤfterer eine Ueberduͤngung gegeben wird, auch bis 30 Centner Heu vom Morgen gewinnen. Dies Heu iſt von vorzuͤg- licher Guͤte, und uͤbertrifft nach der Verſicherung mehrerer Praktiker das Klee- und Luzerneheu. Sie iſt ſehr ausdauernd, wenn ſie den angemeſſenen Boden hat, und in Anſehung des Eggens und Ueberduͤngens, beſonders mit Aſche oder Gyps, nicht vernachlaͤſſigt, auch nicht oͤfterer Saamen davon genommen wird. Man hat Esparſettefelder uͤber 20 Jahre im beſten Stande erhalten. §. 383. Sie geht mit ihren Wurzeln nicht ſelten 12 Fuß tief in die Erde, ja man hat ſie bis 16 Fuß tief nachgegraben. Oben werden dieſe Wurzeln ſehr ſtark und der Aufbruch eines alten Esparſettefeldes iſt nicht ohne Schwierigkeit; in- deſſen nimmt man ihn gern vor, weil ein ſolcher Acker, der vorher die Koſten ſeiner Beſtellung nicht trug, nun mehrere ausgezeichnete Ernten nacheinander ohne Duͤngung giebt. Die flache Ackerkrume, welche einen Kalkfelſen bedeckte, hat ſich nun betraͤchtlich vertieft, die ſtarken Wurzeln ſcheinen ihn muͤrbe und das Kalkgeſtein zerfallen gemacht zu haben. Man will nur bemerkt haben, daß Esparſette ſehr lange auf den Acker nicht wieder gedeihe, wo ſie einmal geſtan- den hat. §. 384. Dieſe Pflanze, welche einen Theil ihrer Nahrung aus der Tiefe des Bo- dens heraufzuholen und die Oberflaͤche damit zu bereichern ſcheint, iſt fuͤr manche Gegenden ein wichtiges Geſchenk der Natur, in andren dagegen nicht anwend- bar. Durch ſie kann man auf dem unfruchtbarſten Bergruͤcken einen vollkom- menen Wieſenertrag ſich verſchaffen und der Thalwieſen entbehren. Man kann dieſe nun zuweilen mit Vortheil umbrechen, und ſomit gewiſſermaßen das Na- turgeſetz, welches die Niederungen zum Heuertrage, die Hoͤhen zum Fruchtbau beſtimmte, vortheilhaft abaͤndern; aber man muß lernen: quid quaeque ferat regio, quid ferre recuset. N n 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/307>, abgerufen am 22.11.2024.