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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
anlassung seyn, sie von einem andren Orte herzunehmen. So wechselt man in
meiner Gegend häufig die Gerste und Hafer zwischen Höhe und Niederung,
weil die Saat des letzteren nur mit dem Ackersenf, welcher auf der Höhe nicht
forkommt, die von der Höhe mit dem Ackerrettig, der in Niederung leicht un-
terdrückt wird, verunreinigt ist.

§. 5.

Dauer der
Saamen.
Einige Saamen behalten, wenn sie gut aufbewahrt werden, ihre Keim-
kraft sehr lange, andre verlieren sie schnell, und dürfen kaum überjährig wer-
den. Bei denen, welche sich länger erhalten, findet man indessen, daß nur die
vollkommneren Körner es thun, die unvollkommneren hingegen und kränklichen
sie früher verlieren. Hierauf beruht wohl hauptsächlich der Vorzug, welche
eine ältere Saat bei manchen Gattungen hat, indem aus selbiger nur gesunde
Keime hervorkommen, denen Raum und Nahrung durch Schwächlinge, die
doch zu keiner Vollkommenheit kommen, nicht geraubt wird, auch keine Krank-
heiten, wozu die Anlage im Saamenkorne liegt, z. B. der Kornbrand im Wei-
zen entstehen. Man muß aber auch in dieser Hinsicht die Natur der einzelnen
Gewächse kennen. Vollkommnes Getreide kann sich sehr lange erhalten und
man hat Beispiele, daß Kornvorräthe, welche in Felsenkellern seit undenklichen
Zeiten aufbewahrt und zufällig wiedergefunden wurden, zur Aussaat noch tüch-
tig blieben. Hierzu gehört aber vielleicht eine völlige Abschneidung der atmosphä-
rischen Einwirkung und aller Feuchtigkeit. Auf gewöhnliche Weise aufbewahrt
hält sich das Getreide nicht so lange, doch will man fünfjährigen Weizen und
dreijährigen Rocken zur Saat noch tüchtig befunden haben. Ein und zweijäh-
riger Weizen wird in der Praxis dem frischen fast allgemein vorgezogen, weil
er aus vorerwähnter Ursach vom Brande mehrentheils frei ist. Beim Rocken
sind die mehrsten Landwirthe anderer Meinung, und ziehen die frische Saat
vor, weil sie von älterer oder überjähriger mehr nehmen zu müssen glauben,
und in der That bei gleichem Maaße weniger davon hervorsticht. Da dieses
aber um so gesundere Pflanzen sind, und diese bei der gewöhnlichen Saat doch
immer im Uebermaaße hervorkommen, so ist ein zu dünner Stand dennoch nicht
zu besorgen. Die Saat der Hülsenfrüchte erhält sich sehr lange, nnd ich habe
bei zehnjährigen Wicken durchaus kein Zurückbleiben derselben verspürt. Alle

Die Saat.
anlaſſung ſeyn, ſie von einem andren Orte herzunehmen. So wechſelt man in
meiner Gegend haͤufig die Gerſte und Hafer zwiſchen Hoͤhe und Niederung,
weil die Saat des letzteren nur mit dem Ackerſenf, welcher auf der Hoͤhe nicht
forkommt, die von der Hoͤhe mit dem Ackerrettig, der in Niederung leicht un-
terdruͤckt wird, verunreinigt iſt.

§. 5.

Dauer der
Saamen.
Einige Saamen behalten, wenn ſie gut aufbewahrt werden, ihre Keim-
kraft ſehr lange, andre verlieren ſie ſchnell, und duͤrfen kaum uͤberjaͤhrig wer-
den. Bei denen, welche ſich laͤnger erhalten, findet man indeſſen, daß nur die
vollkommneren Koͤrner es thun, die unvollkommneren hingegen und kraͤnklichen
ſie fruͤher verlieren. Hierauf beruht wohl hauptſaͤchlich der Vorzug, welche
eine aͤltere Saat bei manchen Gattungen hat, indem aus ſelbiger nur geſunde
Keime hervorkommen, denen Raum und Nahrung durch Schwaͤchlinge, die
doch zu keiner Vollkommenheit kommen, nicht geraubt wird, auch keine Krank-
heiten, wozu die Anlage im Saamenkorne liegt, z. B. der Kornbrand im Wei-
zen entſtehen. Man muß aber auch in dieſer Hinſicht die Natur der einzelnen
Gewaͤchſe kennen. Vollkommnes Getreide kann ſich ſehr lange erhalten und
man hat Beiſpiele, daß Kornvorraͤthe, welche in Felſenkellern ſeit undenklichen
Zeiten aufbewahrt und zufaͤllig wiedergefunden wurden, zur Ausſaat noch tuͤch-
tig blieben. Hierzu gehoͤrt aber vielleicht eine voͤllige Abſchneidung der atmoſphaͤ-
riſchen Einwirkung und aller Feuchtigkeit. Auf gewoͤhnliche Weiſe aufbewahrt
haͤlt ſich das Getreide nicht ſo lange, doch will man fuͤnfjaͤhrigen Weizen und
dreijaͤhrigen Rocken zur Saat noch tuͤchtig befunden haben. Ein und zweijaͤh-
riger Weizen wird in der Praxis dem friſchen faſt allgemein vorgezogen, weil
er aus vorerwaͤhnter Urſach vom Brande mehrentheils frei iſt. Beim Rocken
ſind die mehrſten Landwirthe anderer Meinung, und ziehen die friſche Saat
vor, weil ſie von aͤlterer oder uͤberjaͤhriger mehr nehmen zu muͤſſen glauben,
und in der That bei gleichem Maaße weniger davon hervorſticht. Da dieſes
aber um ſo geſundere Pflanzen ſind, und dieſe bei der gewoͤhnlichen Saat doch
immer im Uebermaaße hervorkommen, ſo iſt ein zu duͤnner Stand dennoch nicht
zu beſorgen. Die Saat der Huͤlſenfruͤchte erhaͤlt ſich ſehr lange, nnd ich habe
bei zehnjaͤhrigen Wicken durchaus kein Zuruͤckbleiben derſelben verſpuͤrt. Alle

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[10/0034] Die Saat. anlaſſung ſeyn, ſie von einem andren Orte herzunehmen. So wechſelt man in meiner Gegend haͤufig die Gerſte und Hafer zwiſchen Hoͤhe und Niederung, weil die Saat des letzteren nur mit dem Ackerſenf, welcher auf der Hoͤhe nicht forkommt, die von der Hoͤhe mit dem Ackerrettig, der in Niederung leicht un- terdruͤckt wird, verunreinigt iſt. §. 5. Einige Saamen behalten, wenn ſie gut aufbewahrt werden, ihre Keim- kraft ſehr lange, andre verlieren ſie ſchnell, und duͤrfen kaum uͤberjaͤhrig wer- den. Bei denen, welche ſich laͤnger erhalten, findet man indeſſen, daß nur die vollkommneren Koͤrner es thun, die unvollkommneren hingegen und kraͤnklichen ſie fruͤher verlieren. Hierauf beruht wohl hauptſaͤchlich der Vorzug, welche eine aͤltere Saat bei manchen Gattungen hat, indem aus ſelbiger nur geſunde Keime hervorkommen, denen Raum und Nahrung durch Schwaͤchlinge, die doch zu keiner Vollkommenheit kommen, nicht geraubt wird, auch keine Krank- heiten, wozu die Anlage im Saamenkorne liegt, z. B. der Kornbrand im Wei- zen entſtehen. Man muß aber auch in dieſer Hinſicht die Natur der einzelnen Gewaͤchſe kennen. Vollkommnes Getreide kann ſich ſehr lange erhalten und man hat Beiſpiele, daß Kornvorraͤthe, welche in Felſenkellern ſeit undenklichen Zeiten aufbewahrt und zufaͤllig wiedergefunden wurden, zur Ausſaat noch tuͤch- tig blieben. Hierzu gehoͤrt aber vielleicht eine voͤllige Abſchneidung der atmoſphaͤ- riſchen Einwirkung und aller Feuchtigkeit. Auf gewoͤhnliche Weiſe aufbewahrt haͤlt ſich das Getreide nicht ſo lange, doch will man fuͤnfjaͤhrigen Weizen und dreijaͤhrigen Rocken zur Saat noch tuͤchtig befunden haben. Ein und zweijaͤh- riger Weizen wird in der Praxis dem friſchen faſt allgemein vorgezogen, weil er aus vorerwaͤhnter Urſach vom Brande mehrentheils frei iſt. Beim Rocken ſind die mehrſten Landwirthe anderer Meinung, und ziehen die friſche Saat vor, weil ſie von aͤlterer oder uͤberjaͤhriger mehr nehmen zu muͤſſen glauben, und in der That bei gleichem Maaße weniger davon hervorſticht. Da dieſes aber um ſo geſundere Pflanzen ſind, und dieſe bei der gewoͤhnlichen Saat doch immer im Uebermaaße hervorkommen, ſo iſt ein zu duͤnner Stand dennoch nicht zu beſorgen. Die Saat der Huͤlſenfruͤchte erhaͤlt ſich ſehr lange, nnd ich habe bei zehnjaͤhrigen Wicken durchaus kein Zuruͤckbleiben derſelben verſpuͤrt. Alle Dauer der Saamen.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/34>, abgerufen am 03.12.2024.