Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Die Saat. Da dies aber Bezug auf die künftige Witterung während der Vegetationspe-riode hat, so kann der Landwirth zuweilen, wohl mit Wahrscheinlichkeit, aber nie mit völliger Sicherheit darauf bei der Auswahl dieses Zeitpunkts Rücksicht nehmen. Er muß sich vielmehr nach dem günstigsten Feuchtigkeits- und Tem- peraturzustande des Bodens für die ihm bekannte Natur einer jeden Fruchtart richten. Manche Saaten lieben einen trocknern und wärmern Zustand des Bodens bei ihrer ersten Entwickelung, z. B. Rocken, Gerste, Buchweizen; andre einen feuchtern, wie Weizen und Hafer. Es ist schon viel gewonnen, wenn der Zeitpunkt nur in dieser Hinsicht getroffen wird, und man setzt mit Recht weit größere Hoffnung auf eine Saat, welche unter solchen günstigen Auspicien, als unter ungünstigen in die Erde kam. Man hat bemerkt, daß ein gewisser Luftzustand der Ausfaat besonders günstig sey: im Frühjahre, wenn sie mit Dünsten angefüllt ist, die besonders des Morgens früh beim Sonnen- aufgange am äußersten Horizonte die Erscheinung einer wellenförmigen Bewe- gung geben, so daß manchmal die hervorkommende Sonne, wie es das Volk nennt, zu tanzen scheint. Bei dieser Erscheinung verspricht man sich besonders für die Aussaat der großen Gerste viel. Manche schreiben der Berührung der Saat vom Thau eine große Wirkung zu, und rathen zu dem Ende an, nur gegen Abend auszusäen, und erst am folgenden Morgen selbige unterzubringen, jedoch nur bei warmen Nächten. Sind noch Reife zu besorgen, so soll man die Saat vor Abend bedecken. Man findet von vielen durchaus angerathen, in der für jede Frucht bestimm- Die Saat. Da dies aber Bezug auf die kuͤnftige Witterung waͤhrend der Vegetationspe-riode hat, ſo kann der Landwirth zuweilen, wohl mit Wahrſcheinlichkeit, aber nie mit voͤlliger Sicherheit darauf bei der Auswahl dieſes Zeitpunkts Ruͤckſicht nehmen. Er muß ſich vielmehr nach dem guͤnſtigſten Feuchtigkeits- und Tem- peraturzuſtande des Bodens fuͤr die ihm bekannte Natur einer jeden Fruchtart richten. Manche Saaten lieben einen trocknern und waͤrmern Zuſtand des Bodens bei ihrer erſten Entwickelung, z. B. Rocken, Gerſte, Buchweizen; andre einen feuchtern, wie Weizen und Hafer. Es iſt ſchon viel gewonnen, wenn der Zeitpunkt nur in dieſer Hinſicht getroffen wird, und man ſetzt mit Recht weit groͤßere Hoffnung auf eine Saat, welche unter ſolchen guͤnſtigen Auſpicien, als unter unguͤnſtigen in die Erde kam. Man hat bemerkt, daß ein gewiſſer Luftzuſtand der Ausfaat beſonders guͤnſtig ſey: im Fruͤhjahre, wenn ſie mit Duͤnſten angefuͤllt iſt, die beſonders des Morgens fruͤh beim Sonnen- aufgange am aͤußerſten Horizonte die Erſcheinung einer wellenfoͤrmigen Bewe- gung geben, ſo daß manchmal die hervorkommende Sonne, wie es das Volk nennt, zu tanzen ſcheint. Bei dieſer Erſcheinung verſpricht man ſich beſonders fuͤr die Ausſaat der großen Gerſte viel. Manche ſchreiben der Beruͤhrung der Saat vom Thau eine große Wirkung zu, und rathen zu dem Ende an, nur gegen Abend auszuſaͤen, und erſt am folgenden Morgen ſelbige unterzubringen, jedoch nur bei warmen Naͤchten. Sind noch Reife zu beſorgen, ſo ſoll man die Saat vor Abend bedecken. 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Die Saat.
Da dies aber Bezug auf die kuͤnftige Witterung waͤhrend der Vegetationspe-
riode hat, ſo kann der Landwirth zuweilen, wohl mit Wahrſcheinlichkeit, aber
nie mit voͤlliger Sicherheit darauf bei der Auswahl dieſes Zeitpunkts Ruͤckſicht
nehmen. Er muß ſich vielmehr nach dem guͤnſtigſten Feuchtigkeits- und Tem-
peraturzuſtande des Bodens fuͤr die ihm bekannte Natur einer jeden Fruchtart
richten. Manche Saaten lieben einen trocknern und waͤrmern Zuſtand des
Bodens bei ihrer erſten Entwickelung, z. B. Rocken, Gerſte, Buchweizen;
andre einen feuchtern, wie Weizen und Hafer. Es iſt ſchon viel gewonnen,
wenn der Zeitpunkt nur in dieſer Hinſicht getroffen wird, und man ſetzt mit
Recht weit groͤßere Hoffnung auf eine Saat, welche unter ſolchen guͤnſtigen
Auſpicien, als unter unguͤnſtigen in die Erde kam. Man hat bemerkt, daß
ein gewiſſer Luftzuſtand der Ausfaat beſonders guͤnſtig ſey: im Fruͤhjahre, wenn
ſie mit Duͤnſten angefuͤllt iſt, die beſonders des Morgens fruͤh beim Sonnen-
aufgange am aͤußerſten Horizonte die Erſcheinung einer wellenfoͤrmigen Bewe-
gung geben, ſo daß manchmal die hervorkommende Sonne, wie es das Volk
nennt, zu tanzen ſcheint. Bei dieſer Erſcheinung verſpricht man ſich beſonders
fuͤr die Ausſaat der großen Gerſte viel. Manche ſchreiben der Beruͤhrung der
Saat vom Thau eine große Wirkung zu, und rathen zu dem Ende an, nur
gegen Abend auszuſaͤen, und erſt am folgenden Morgen ſelbige unterzubringen,
jedoch nur bei warmen Naͤchten. Sind noch Reife zu beſorgen, ſo ſoll man
die Saat vor Abend bedecken.
Man findet von vielen durchaus angerathen, in der fuͤr jede Frucht beſtimm-
ten Saatperiode den fruͤhſten Zeitpunkt wahrzunehmen und mit der Beſtellung
deshalb moͤglichſt zu eilen. Eine zu allgemeine Ausdehnung dieſer Maxime iſt
aber falſch und nachtheilig, wenn man dabei alle Ruͤckſicht auf den Zuſtand des
Bodens und der Witterung vernachlaͤßigt. Es iſt gewiß in jedem Falle rathſam,
alle Vorbereitungen moͤglichſt ſo einzurichten, daß man den erſten guͤnſtigen
Zeitpunkt ergreifen koͤnne; dieſer aber muß dennoch abgewartet werden. Der
Englaͤnder ſagt gewiß ſehr richtig: You had better to be out of time than
out of temper (ſeyd lieber außer der Zeit als außer der Temperatur). Am
verderblichſten aber iſt es, wenn man, um fruͤh zu ſaͤen, die gehoͤrige Vorberei-
tung vernachlaͤſſigt.
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