renz des Weideviehes eintritt. Mit mehrerem Vortheil wird man den Klee, welchen man für Mastvieh bestimmt hat, zu Heu machen, und zur Wintermastung benutzen.
§. 70.
Eine besondere im Winter und Sommer statt findende Stallmastung ist dieBranntwein- brennerei-Ma- stung. mit Branntweinsschlamm. In Gegenden, wo die Fleisch-Konsumtion geringe ist, ist sie fast die einzige. Sie macht den Betrieb der Branntweinbrennerei haupt- sächlich mehr zu einem ländlichen als städtischen Gewerbe, weil der Städter diese Mastung wegen des Strohes nie so vortheilhaft betreiben, auch den Mist nicht so nutzen kann, wie der Landwirth. Wenn dieser auf dies Geschäft die Industrie zu verwenden anfängt, die jener darauf verwandte, und die Staatsregierung jedes Gewerbe da betreiben läßt, wo es am vortheilhaftesten betrieben werden kann, so werden deshalb städtische Brennereien gegen ländliche nicht bestehen können.
Man nimmt im Durchschnitt an, daß ein Ochse an dem Schlamm von 10 Metzen abgezogenem Getreide, neben zu Häcksel geschnittenem, mit etwas Heu gemengtem Stroh, täglich sein zureichendes Mastfutter habe. Wenn der Brenn- satz täglich 6 Scheffel ist, so können demnach 9 3/5 und wohl 10 Ochsen aufge- stallet werden. Wenn diese nach 20 Wochen mit 20 Rthl. Gewinn per Kopf, überhaupt mit 200 Rthl. Vortheil verkauft werden, und in der Zeit abgezogen sind 840 Schfl., so wird der Branntweinstrank von 1 Schfl. zu 5 Gr. 8 Pf. benutzt. Stroh und Heu kann der Landwirth füglich auf den Mist rechnen; der Städter aber nicht. Oft ist indessen der Gewinn höher als 30 Rthl. gewesen, und es wird nicht selten für einen Ochsen wöchentlich 1 Rthl. 8 Gr. bis 12 Gr. Futtergeld bezahlt.
Gewöhnlich wird den Ochsen der Spülicht auf dem Häcksel gegeben, und sie erhalten also eine Brühfütterung. Man behauptet, daß sie um so besser auf- setzten, je wärmer sie dieses Futter erhielten. Solche Mastochsen sind daher in einem beständigen Schweiße und müssen für Erkältung durch Zugwind sehr in Acht genommen werden. Lange würde das Vieh hiebei nicht gesund bleiben kön- nen; aber während der Mastzeit halten sie es aus.
Je mehr man aber die Alkohol-Erzeugung durch vollständige Weingährung erzwingt, desto unkräftiger wird der Spülicht, und die Mastung geht daher in schlecht betriebenen Branntweinbrennereien oft um so besser. Ungeachtet die Bra-
Maſtung des Rindviehes.
renz des Weideviehes eintritt. Mit mehrerem Vortheil wird man den Klee, welchen man fuͤr Maſtvieh beſtimmt hat, zu Heu machen, und zur Wintermaſtung benutzen.
§. 70.
Eine beſondere im Winter und Sommer ſtatt findende Stallmaſtung iſt dieBranntwein- brennerei-Ma- ſtung. mit Branntweinsſchlamm. In Gegenden, wo die Fleiſch-Konſumtion geringe iſt, iſt ſie faſt die einzige. Sie macht den Betrieb der Branntweinbrennerei haupt- ſaͤchlich mehr zu einem laͤndlichen als ſtaͤdtiſchen Gewerbe, weil der Staͤdter dieſe Maſtung wegen des Strohes nie ſo vortheilhaft betreiben, auch den Miſt nicht ſo nutzen kann, wie der Landwirth. Wenn dieſer auf dies Geſchaͤft die Induſtrie zu verwenden anfaͤngt, die jener darauf verwandte, und die Staatsregierung jedes Gewerbe da betreiben laͤßt, wo es am vortheilhafteſten betrieben werden kann, ſo werden deshalb ſtaͤdtiſche Brennereien gegen laͤndliche nicht beſtehen koͤnnen.
Man nimmt im Durchſchnitt an, daß ein Ochſe an dem Schlamm von 10 Metzen abgezogenem Getreide, neben zu Haͤckſel geſchnittenem, mit etwas Heu gemengtem Stroh, taͤglich ſein zureichendes Maſtfutter habe. Wenn der Brenn- ſatz taͤglich 6 Scheffel iſt, ſo koͤnnen demnach 9 3/5 und wohl 10 Ochſen aufge- ſtallet werden. Wenn dieſe nach 20 Wochen mit 20 Rthl. Gewinn per Kopf, uͤberhaupt mit 200 Rthl. Vortheil verkauft werden, und in der Zeit abgezogen ſind 840 Schfl., ſo wird der Branntweinstrank von 1 Schfl. zu 5 Gr. 8 Pf. benutzt. Stroh und Heu kann der Landwirth fuͤglich auf den Miſt rechnen; der Staͤdter aber nicht. Oft iſt indeſſen der Gewinn hoͤher als 30 Rthl. geweſen, und es wird nicht ſelten fuͤr einen Ochſen woͤchentlich 1 Rthl. 8 Gr. bis 12 Gr. Futtergeld bezahlt.
Gewoͤhnlich wird den Ochſen der Spuͤlicht auf dem Haͤckſel gegeben, und ſie erhalten alſo eine Bruͤhfuͤtterung. Man behauptet, daß ſie um ſo beſſer auf- ſetzten, je waͤrmer ſie dieſes Futter erhielten. Solche Maſtochſen ſind daher in einem beſtaͤndigen Schweiße und muͤſſen fuͤr Erkaͤltung durch Zugwind ſehr in Acht genommen werden. Lange wuͤrde das Vieh hiebei nicht geſund bleiben koͤn- nen; aber waͤhrend der Maſtzeit halten ſie es aus.
Je mehr man aber die Alkohol-Erzeugung durch vollſtaͤndige Weingaͤhrung erzwingt, deſto unkraͤftiger wird der Spuͤlicht, und die Maſtung geht daher in ſchlecht betriebenen Branntweinbrennereien oft um ſo beſſer. Ungeachtet die Bra-
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Maſtung des Rindviehes.
renz des Weideviehes eintritt. Mit mehrerem Vortheil wird man den Klee, welchen
man fuͤr Maſtvieh beſtimmt hat, zu Heu machen, und zur Wintermaſtung benutzen.
§. 70.
Eine beſondere im Winter und Sommer ſtatt findende Stallmaſtung iſt die
mit Branntweinsſchlamm. In Gegenden, wo die Fleiſch-Konſumtion geringe iſt,
iſt ſie faſt die einzige. Sie macht den Betrieb der Branntweinbrennerei haupt-
ſaͤchlich mehr zu einem laͤndlichen als ſtaͤdtiſchen Gewerbe, weil der Staͤdter dieſe
Maſtung wegen des Strohes nie ſo vortheilhaft betreiben, auch den Miſt nicht
ſo nutzen kann, wie der Landwirth. Wenn dieſer auf dies Geſchaͤft die Induſtrie
zu verwenden anfaͤngt, die jener darauf verwandte, und die Staatsregierung jedes
Gewerbe da betreiben laͤßt, wo es am vortheilhafteſten betrieben werden kann, ſo
werden deshalb ſtaͤdtiſche Brennereien gegen laͤndliche nicht beſtehen koͤnnen.
Branntwein-
brennerei-Ma-
ſtung.
Man nimmt im Durchſchnitt an, daß ein Ochſe an dem Schlamm von
10 Metzen abgezogenem Getreide, neben zu Haͤckſel geſchnittenem, mit etwas Heu
gemengtem Stroh, taͤglich ſein zureichendes Maſtfutter habe. Wenn der Brenn-
ſatz taͤglich 6 Scheffel iſt, ſo koͤnnen demnach 9 3/5 und wohl 10 Ochſen aufge-
ſtallet werden. Wenn dieſe nach 20 Wochen mit 20 Rthl. Gewinn per Kopf,
uͤberhaupt mit 200 Rthl. Vortheil verkauft werden, und in der Zeit abgezogen
ſind 840 Schfl., ſo wird der Branntweinstrank von 1 Schfl. zu 5 Gr. 8 Pf.
benutzt. Stroh und Heu kann der Landwirth fuͤglich auf den Miſt rechnen; der
Staͤdter aber nicht. Oft iſt indeſſen der Gewinn hoͤher als 30 Rthl. geweſen,
und es wird nicht ſelten fuͤr einen Ochſen woͤchentlich 1 Rthl. 8 Gr. bis 12 Gr.
Futtergeld bezahlt.
Gewoͤhnlich wird den Ochſen der Spuͤlicht auf dem Haͤckſel gegeben, und
ſie erhalten alſo eine Bruͤhfuͤtterung. Man behauptet, daß ſie um ſo beſſer auf-
ſetzten, je waͤrmer ſie dieſes Futter erhielten. Solche Maſtochſen ſind daher in
einem beſtaͤndigen Schweiße und muͤſſen fuͤr Erkaͤltung durch Zugwind ſehr in
Acht genommen werden. Lange wuͤrde das Vieh hiebei nicht geſund bleiben koͤn-
nen; aber waͤhrend der Maſtzeit halten ſie es aus.
Je mehr man aber die Alkohol-Erzeugung durch vollſtaͤndige Weingaͤhrung
erzwingt, deſto unkraͤftiger wird der Spuͤlicht, und die Maſtung geht daher in
ſchlecht betriebenen Branntweinbrennereien oft um ſo beſſer. Ungeachtet die Bra-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/391>, abgerufen am 21.11.2024.
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