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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Mastung des Rindviehes.
§. 74.

Die Mastung mit Getreide oder andern mehlichten Saamen, z. B. den
höchst wirksamen Leinsaamen, kann unter unsern Verhältnissen wohl nur in selte-
nen Fällen wirthschaftlich seyn. Als eine Zugabe aber und zur letzten Vollen-
dung eines schweren Thieres kann es statt finden. Die Zugabe von einer Metze
Gerstenschroot beschleunigt allerdings die Mastung sehr, und kann rathsam seyn,
wenn es darauf ankommt, die Mastung schnell zu vollenden. Mit allen andern
Fütterungsmitteln, besonders mit den saftigen, darf man nicht gleich mit den vol-
len Rationen anfangen, die man hernach zu geben gedenkt, um so weniger, je ma-
gerer das Vieh bei der Aufstallung ist. Man muß es erst allmählig dazu gewöh-
nen, um ihm keine Unverdaulichkeit zuzuziehen. Alle erfahrene englische Viehmäster
sagen aber, es sey rathsam, gleich mit den stärksten Fütterungen anzufangen, um,
wie sie sich ausdrücken, die Absonderungsgefäße zu erweitern, eigentlich wohl um sie
zu reizen, und in mehrere Thätigkeit zu versetzen. Dies wird besonders durch meh-
lichte aber zugleich leicht verdauliche Fütterungsmittel bewirkt, und ein solcher Trank
wird daher in den ersten 8 bis 14 Tagen, wo man von den andern Fütterungs-
mitteln weniger giebt, sehr wirksam seyn. Ferner: wenn das Vieh einen gewissen
Feistigkeitsgrad erreicht hat, so läßt seine Freßlust nach, und es verzehrt die vori-
gen Portionen nicht mehr, und bleibt dann ungefähr in demselben Zustande. Will
man es nun noch höher treiben, so muß man zu einer stärkern Fütterung, die
mehrere Nahrungstheile in geringerer Masse enthält, übergehen, und hier bezahlen
sich Körner, wo recht fettes Fleisch gesucht wird, zuweilen gut.

Die Oelkuchen, besonders von Leinsaamen, sind auch bei dem Mastvieh vor-
theilhaft zu verwenden, entweder gestampft über das Futter gestreuet, oder im
Tranke aufgelöst.

§. 75.

Wenn bei der Mastung ein einzelnes Thier gegen die übrigen merklich zu-
rückbleibt, so wird es nie rathsam seyn, seine Mastung zu forciren. Man kann
freilich seinen Zweck wohl zuweilen erreichen, wenn man ihm mit stärkerem und
leicht verdaulichem Futter aufhilft. Es wird dieses aber selten bezahlen, und es ist
am rathsamsten, sich davon baldmöglichst zu jedem Preise los zu machen.


A a a 2
Maſtung des Rindviehes.
§. 74.

Die Maſtung mit Getreide oder andern mehlichten Saamen, z. B. den
hoͤchſt wirkſamen Leinſaamen, kann unter unſern Verhaͤltniſſen wohl nur in ſelte-
nen Faͤllen wirthſchaftlich ſeyn. Als eine Zugabe aber und zur letzten Vollen-
dung eines ſchweren Thieres kann es ſtatt finden. Die Zugabe von einer Metze
Gerſtenſchroot beſchleunigt allerdings die Maſtung ſehr, und kann rathſam ſeyn,
wenn es darauf ankommt, die Maſtung ſchnell zu vollenden. Mit allen andern
Fuͤtterungsmitteln, beſonders mit den ſaftigen, darf man nicht gleich mit den vol-
len Rationen anfangen, die man hernach zu geben gedenkt, um ſo weniger, je ma-
gerer das Vieh bei der Aufſtallung iſt. Man muß es erſt allmaͤhlig dazu gewoͤh-
nen, um ihm keine Unverdaulichkeit zuzuziehen. Alle erfahrene engliſche Viehmaͤſter
ſagen aber, es ſey rathſam, gleich mit den ſtaͤrkſten Fuͤtterungen anzufangen, um,
wie ſie ſich ausdruͤcken, die Abſonderungsgefaͤße zu erweitern, eigentlich wohl um ſie
zu reizen, und in mehrere Thaͤtigkeit zu verſetzen. Dies wird beſonders durch meh-
lichte aber zugleich leicht verdauliche Fuͤtterungsmittel bewirkt, und ein ſolcher Trank
wird daher in den erſten 8 bis 14 Tagen, wo man von den andern Fuͤtterungs-
mitteln weniger giebt, ſehr wirkſam ſeyn. Ferner: wenn das Vieh einen gewiſſen
Feiſtigkeitsgrad erreicht hat, ſo laͤßt ſeine Freßluſt nach, und es verzehrt die vori-
gen Portionen nicht mehr, und bleibt dann ungefaͤhr in demſelben Zuſtande. Will
man es nun noch hoͤher treiben, ſo muß man zu einer ſtaͤrkern Fuͤtterung, die
mehrere Nahrungstheile in geringerer Maſſe enthaͤlt, uͤbergehen, und hier bezahlen
ſich Koͤrner, wo recht fettes Fleiſch geſucht wird, zuweilen gut.

Die Oelkuchen, beſonders von Leinſaamen, ſind auch bei dem Maſtvieh vor-
theilhaft zu verwenden, entweder geſtampft uͤber das Futter geſtreuet, oder im
Tranke aufgeloͤſt.

§. 75.

Wenn bei der Maſtung ein einzelnes Thier gegen die uͤbrigen merklich zu-
ruͤckbleibt, ſo wird es nie rathſam ſeyn, ſeine Maſtung zu forciren. Man kann
freilich ſeinen Zweck wohl zuweilen erreichen, wenn man ihm mit ſtaͤrkerem und
leicht verdaulichem Futter aufhilft. Es wird dieſes aber ſelten bezahlen, und es iſt
am rathſamſten, ſich davon baldmoͤglichſt zu jedem Preiſe los zu machen.


A a a 2
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[371/0395] Maſtung des Rindviehes. §. 74. Die Maſtung mit Getreide oder andern mehlichten Saamen, z. B. den hoͤchſt wirkſamen Leinſaamen, kann unter unſern Verhaͤltniſſen wohl nur in ſelte- nen Faͤllen wirthſchaftlich ſeyn. Als eine Zugabe aber und zur letzten Vollen- dung eines ſchweren Thieres kann es ſtatt finden. Die Zugabe von einer Metze Gerſtenſchroot beſchleunigt allerdings die Maſtung ſehr, und kann rathſam ſeyn, wenn es darauf ankommt, die Maſtung ſchnell zu vollenden. Mit allen andern Fuͤtterungsmitteln, beſonders mit den ſaftigen, darf man nicht gleich mit den vol- len Rationen anfangen, die man hernach zu geben gedenkt, um ſo weniger, je ma- gerer das Vieh bei der Aufſtallung iſt. Man muß es erſt allmaͤhlig dazu gewoͤh- nen, um ihm keine Unverdaulichkeit zuzuziehen. Alle erfahrene engliſche Viehmaͤſter ſagen aber, es ſey rathſam, gleich mit den ſtaͤrkſten Fuͤtterungen anzufangen, um, wie ſie ſich ausdruͤcken, die Abſonderungsgefaͤße zu erweitern, eigentlich wohl um ſie zu reizen, und in mehrere Thaͤtigkeit zu verſetzen. Dies wird beſonders durch meh- lichte aber zugleich leicht verdauliche Fuͤtterungsmittel bewirkt, und ein ſolcher Trank wird daher in den erſten 8 bis 14 Tagen, wo man von den andern Fuͤtterungs- mitteln weniger giebt, ſehr wirkſam ſeyn. Ferner: wenn das Vieh einen gewiſſen Feiſtigkeitsgrad erreicht hat, ſo laͤßt ſeine Freßluſt nach, und es verzehrt die vori- gen Portionen nicht mehr, und bleibt dann ungefaͤhr in demſelben Zuſtande. Will man es nun noch hoͤher treiben, ſo muß man zu einer ſtaͤrkern Fuͤtterung, die mehrere Nahrungstheile in geringerer Maſſe enthaͤlt, uͤbergehen, und hier bezahlen ſich Koͤrner, wo recht fettes Fleiſch geſucht wird, zuweilen gut. Die Oelkuchen, beſonders von Leinſaamen, ſind auch bei dem Maſtvieh vor- theilhaft zu verwenden, entweder geſtampft uͤber das Futter geſtreuet, oder im Tranke aufgeloͤſt. §. 75. Wenn bei der Maſtung ein einzelnes Thier gegen die uͤbrigen merklich zu- ruͤckbleibt, ſo wird es nie rathſam ſeyn, ſeine Maſtung zu forciren. Man kann freilich ſeinen Zweck wohl zuweilen erreichen, wenn man ihm mit ſtaͤrkerem und leicht verdaulichem Futter aufhilft. Es wird dieſes aber ſelten bezahlen, und es iſt am rathſamſten, ſich davon baldmoͤglichſt zu jedem Preiſe los zu machen. A a a 2

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/395>, abgerufen am 21.11.2024.