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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Die Saat.
sind. Nur durch die Wohlthat des Behackens und Heranbringung der Erde
wird dieser Nachtheil bei weitem überwogen. Ich werde über diese Bestel-
lungsmethode unten das Wichtigste anführen, nachdem ich von der gewöhnli-
chen Bestellungsart der Getreidearten gehandelt habe.

Das Hervorkommen der Saat geschiehet nach Beschaffenheit ihrer Natur,
dann aber auch des Bodens und der Witterung, früher oder später. Alle
Pflanzen treten hervor entweder mit einem zusammengewickelten pfriemenför-
migen Blatte, oder mit zwei Saamenköpfchen. Ersteres thun alle Gräser und
folglich

die Getreidearten
§. 14.

von denen wir nun zuvörderst reden, und erst im Allgemeinen etwas darüber sagen.

Was unter
Getreide zu
verstehen sey.
Im engern Sinne des Worts werden unter Getreide nur die halmtra-
genden oder grasartigen Früchte verstanden, die wir ihrer größern und nahr-
haftern Saamenkörner wegen bauen. Andre begreifen zwar die sämmtlichen
Früchte darunter, welche der nahrhaften Körner wegen hauptsächlich angebauet
werden; da indessen jene eine ausgezeichnete Natur haben, worin sie unterein-
ander mehr als mit den übrigen übereinstimmen, so eignen wir das Wort Ge-
treide
bestimmter den grasartigen Kornfrüchten an, und begreifen die sämmt-
lichen Kornfrüchte besser unter den Namen Korn oder Körner.

Das Wort Korn, oder das gleichbedeutende in anderen Sprachen, wird
zwar oft provinziel einer Art ausschließlich beigelegt, nämlich derjenigen, welche
die allgemeinste Nahrung daselbst ausmacht. So heißt im nordöstlichen Deutsch-
lande der Rocken, im südwestlichen und in Frankreich der Weizen, in andern
Provinzen der Spelz, besonders der enthülsete, in Schottland der Hafer, in
Amerika der Mais, Korn. Es ist aber unrichtig und giebt zu Mißverständ-
nissen Veranlassung, wenn man dieses Wort, anders als in der Provinzialsprache
des gemeinen Lebens, in diesem Sinne gebraucht.

Man hat diese Früchte auch Cerealien genannt, weil sie, nach den alten
Mythen, Ceres den Menschen kennen gelehrt oder geschenkt hatte.


Die Saat.
ſind. Nur durch die Wohlthat des Behackens und Heranbringung der Erde
wird dieſer Nachtheil bei weitem uͤberwogen. Ich werde uͤber dieſe Beſtel-
lungsmethode unten das Wichtigſte anfuͤhren, nachdem ich von der gewoͤhnli-
chen Beſtellungsart der Getreidearten gehandelt habe.

Das Hervorkommen der Saat geſchiehet nach Beſchaffenheit ihrer Natur,
dann aber auch des Bodens und der Witterung, fruͤher oder ſpaͤter. Alle
Pflanzen treten hervor entweder mit einem zuſammengewickelten pfriemenfoͤr-
migen Blatte, oder mit zwei Saamenkoͤpfchen. Erſteres thun alle Graͤſer und
folglich

die Getreidearten
§. 14.

von denen wir nun zuvoͤrderſt reden, und erſt im Allgemeinen etwas daruͤber ſagen.

Was unter
Getreide zu
verſtehen ſey.
Im engern Sinne des Worts werden unter Getreide nur die halmtra-
genden oder grasartigen Fruͤchte verſtanden, die wir ihrer groͤßern und nahr-
haftern Saamenkoͤrner wegen bauen. Andre begreifen zwar die ſaͤmmtlichen
Fruͤchte darunter, welche der nahrhaften Koͤrner wegen hauptſaͤchlich angebauet
werden; da indeſſen jene eine ausgezeichnete Natur haben, worin ſie unterein-
ander mehr als mit den uͤbrigen uͤbereinſtimmen, ſo eignen wir das Wort Ge-
treide
beſtimmter den grasartigen Kornfruͤchten an, und begreifen die ſaͤmmt-
lichen Kornfruͤchte beſſer unter den Namen Korn oder Koͤrner.

Das Wort Korn, oder das gleichbedeutende in anderen Sprachen, wird
zwar oft provinziel einer Art ausſchließlich beigelegt, naͤmlich derjenigen, welche
die allgemeinſte Nahrung daſelbſt ausmacht. So heißt im nordoͤſtlichen Deutſch-
lande der Rocken, im ſuͤdweſtlichen und in Frankreich der Weizen, in andern
Provinzen der Spelz, beſonders der enthuͤlſete, in Schottland der Hafer, in
Amerika der Mais, Korn. Es iſt aber unrichtig und giebt zu Mißverſtaͤnd-
niſſen Veranlaſſung, wenn man dieſes Wort, anders als in der Provinzialſprache
des gemeinen Lebens, in dieſem Sinne gebraucht.

Man hat dieſe Fruͤchte auch Cerealien genannt, weil ſie, nach den alten
Mythen, Ceres den Menſchen kennen gelehrt oder geſchenkt hatte.


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[22/0046] Die Saat. ſind. Nur durch die Wohlthat des Behackens und Heranbringung der Erde wird dieſer Nachtheil bei weitem uͤberwogen. Ich werde uͤber dieſe Beſtel- lungsmethode unten das Wichtigſte anfuͤhren, nachdem ich von der gewoͤhnli- chen Beſtellungsart der Getreidearten gehandelt habe. Das Hervorkommen der Saat geſchiehet nach Beſchaffenheit ihrer Natur, dann aber auch des Bodens und der Witterung, fruͤher oder ſpaͤter. Alle Pflanzen treten hervor entweder mit einem zuſammengewickelten pfriemenfoͤr- migen Blatte, oder mit zwei Saamenkoͤpfchen. Erſteres thun alle Graͤſer und folglich die Getreidearten §. 14. von denen wir nun zuvoͤrderſt reden, und erſt im Allgemeinen etwas daruͤber ſagen. Im engern Sinne des Worts werden unter Getreide nur die halmtra- genden oder grasartigen Fruͤchte verſtanden, die wir ihrer groͤßern und nahr- haftern Saamenkoͤrner wegen bauen. Andre begreifen zwar die ſaͤmmtlichen Fruͤchte darunter, welche der nahrhaften Koͤrner wegen hauptſaͤchlich angebauet werden; da indeſſen jene eine ausgezeichnete Natur haben, worin ſie unterein- ander mehr als mit den uͤbrigen uͤbereinſtimmen, ſo eignen wir das Wort Ge- treide beſtimmter den grasartigen Kornfruͤchten an, und begreifen die ſaͤmmt- lichen Kornfruͤchte beſſer unter den Namen Korn oder Koͤrner. Was unter Getreide zu verſtehen ſey. Das Wort Korn, oder das gleichbedeutende in anderen Sprachen, wird zwar oft provinziel einer Art ausſchließlich beigelegt, naͤmlich derjenigen, welche die allgemeinſte Nahrung daſelbſt ausmacht. So heißt im nordoͤſtlichen Deutſch- lande der Rocken, im ſuͤdweſtlichen und in Frankreich der Weizen, in andern Provinzen der Spelz, beſonders der enthuͤlſete, in Schottland der Hafer, in Amerika der Mais, Korn. Es iſt aber unrichtig und giebt zu Mißverſtaͤnd- niſſen Veranlaſſung, wenn man dieſes Wort, anders als in der Provinzialſprache des gemeinen Lebens, in dieſem Sinne gebraucht. Man hat dieſe Fruͤchte auch Cerealien genannt, weil ſie, nach den alten Mythen, Ceres den Menſchen kennen gelehrt oder geſchenkt hatte.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/46>, abgerufen am 21.11.2024.