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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Getreidearten.
vor, so zeigt dies etwas fehlerhaftes an. Uebler ist eine zweiläufige Saat bei
der Sömmerung als bei der Winterung, weil diese sich im Frühjahr eher aus-
gleicht, jene aber ungleich bleibt.

Der austreibende Keim muß von dunkler Farbe, beim Rocken rothbraun,
beim Weizen bräunlich, bei der Sömmerung dunkelgrün, nicht gelblich seyn; letz-
teres zeigt eine kränkliche Saat an, die sich selten wieder erhohlt. Die dunkle
Farbe der Saat muß sich lange erhalten.

Die sich entwickelnden ersten Blätter müssen kurz, mastig, ziemlich stumpf
an der Spitze, steif und elastisch seyn, und sich kräuselnd winden.

Nach Entwickelung der ersten Blätter bildet der Stamm über der Wurzel
einen Knoten; dieser birstet auf, und es treiben nach allen Seiten Nebensprossen
aus. Je mehr dieses geschiehet um desto stärkere Frucht kann man erwarten.

Diese Sprossen müssen nicht schnell in die Höhe treiben, noch weniger ihre
Blätter schlaff herabhängen lassen, sondern sich steif und elastisch über der Erde
ausbreiten, und, wie man es nennt, den Boden belegen. Ein schnelles und star-
kes in die-Höhe-Treiben der Winterung mit hellgrüner Farbe habe ich mehrere-
male als die Folge einer kurz vor der Saat untergebrachten, noch im Gährungs-
zustande befindlichen Düngung, bei feuchtem und warmen Herbstwetter gesehen;
eine Ueppigkeit, welche die nachtheiligsten Folgen hatte, und im Frühjahr ein fast
gänzlich ausgewintertes Feld hinterließ. Solche Pflanzen scheinen mit Wasser-
stoff unverhältnißmäßig gegen den Kohlenstoff übersättigt zu seyn. Ein starkes
Belegen der Saat auf jene Weise, vor Winter, scheint mir aber nie nachtheilig
werden zu können, und wenn dann auch ihre Blätter im Winter abfaulen, so
bleibt doch der Stamm mit der Anlage der Nebensprossen gesund, und treibt im
Frühjahr schnell wieder aus.

§. 20.

Die Saat kommt in verschiedenem Zustande in den Winter, zuweilen un-Durchwinte-
rung.

gekeimt, zuweilen eben hervorstechend, in regulairen Wirthschaften wohl immer
mehr oder minder bestaudet. Während des eigentlichen Winterfrostes habe ich
sie in keinem Zustande erfrieren sehen. In dem heftigsten aller Blach- (schnee-
losen) Fröste 180 2/3 that es keine, die ich beobachten konnte; aber weißen Weizen
hatte ich nicht Gelegenheit zu sehen. Alle Saat hatte zwar im Frühjahr ein

Getreidearten.
vor, ſo zeigt dies etwas fehlerhaftes an. Uebler iſt eine zweilaͤufige Saat bei
der Soͤmmerung als bei der Winterung, weil dieſe ſich im Fruͤhjahr eher aus-
gleicht, jene aber ungleich bleibt.

Der austreibende Keim muß von dunkler Farbe, beim Rocken rothbraun,
beim Weizen braͤunlich, bei der Soͤmmerung dunkelgruͤn, nicht gelblich ſeyn; letz-
teres zeigt eine kraͤnkliche Saat an, die ſich ſelten wieder erhohlt. Die dunkle
Farbe der Saat muß ſich lange erhalten.

Die ſich entwickelnden erſten Blaͤtter muͤſſen kurz, maſtig, ziemlich ſtumpf
an der Spitze, ſteif und elaſtiſch ſeyn, und ſich kraͤuſelnd winden.

Nach Entwickelung der erſten Blaͤtter bildet der Stamm uͤber der Wurzel
einen Knoten; dieſer birſtet auf, und es treiben nach allen Seiten Nebenſproſſen
aus. Je mehr dieſes geſchiehet um deſto ſtaͤrkere Frucht kann man erwarten.

Dieſe Sproſſen muͤſſen nicht ſchnell in die Hoͤhe treiben, noch weniger ihre
Blaͤtter ſchlaff herabhaͤngen laſſen, ſondern ſich ſteif und elaſtiſch uͤber der Erde
ausbreiten, und, wie man es nennt, den Boden belegen. Ein ſchnelles und ſtar-
kes in die-Hoͤhe-Treiben der Winterung mit hellgruͤner Farbe habe ich mehrere-
male als die Folge einer kurz vor der Saat untergebrachten, noch im Gaͤhrungs-
zuſtande befindlichen Duͤngung, bei feuchtem und warmen Herbſtwetter geſehen;
eine Ueppigkeit, welche die nachtheiligſten Folgen hatte, und im Fruͤhjahr ein faſt
gaͤnzlich ausgewintertes Feld hinterließ. Solche Pflanzen ſcheinen mit Waſſer-
ſtoff unverhaͤltnißmaͤßig gegen den Kohlenſtoff uͤberſaͤttigt zu ſeyn. Ein ſtarkes
Belegen der Saat auf jene Weiſe, vor Winter, ſcheint mir aber nie nachtheilig
werden zu koͤnnen, und wenn dann auch ihre Blaͤtter im Winter abfaulen, ſo
bleibt doch der Stamm mit der Anlage der Nebenſproſſen geſund, und treibt im
Fruͤhjahr ſchnell wieder aus.

§. 20.

Die Saat kommt in verſchiedenem Zuſtande in den Winter, zuweilen un-Durchwinte-
rung.

gekeimt, zuweilen eben hervorſtechend, in regulairen Wirthſchaften wohl immer
mehr oder minder beſtaudet. Waͤhrend des eigentlichen Winterfroſtes habe ich
ſie in keinem Zuſtande erfrieren ſehen. In dem heftigſten aller Blach- (ſchnee-
loſen) Froͤſte 180⅔ that es keine, die ich beobachten konnte; aber weißen Weizen
hatte ich nicht Gelegenheit zu ſehen. Alle Saat hatte zwar im Fruͤhjahr ein

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[29/0053] Getreidearten. vor, ſo zeigt dies etwas fehlerhaftes an. Uebler iſt eine zweilaͤufige Saat bei der Soͤmmerung als bei der Winterung, weil dieſe ſich im Fruͤhjahr eher aus- gleicht, jene aber ungleich bleibt. Der austreibende Keim muß von dunkler Farbe, beim Rocken rothbraun, beim Weizen braͤunlich, bei der Soͤmmerung dunkelgruͤn, nicht gelblich ſeyn; letz- teres zeigt eine kraͤnkliche Saat an, die ſich ſelten wieder erhohlt. Die dunkle Farbe der Saat muß ſich lange erhalten. Die ſich entwickelnden erſten Blaͤtter muͤſſen kurz, maſtig, ziemlich ſtumpf an der Spitze, ſteif und elaſtiſch ſeyn, und ſich kraͤuſelnd winden. Nach Entwickelung der erſten Blaͤtter bildet der Stamm uͤber der Wurzel einen Knoten; dieſer birſtet auf, und es treiben nach allen Seiten Nebenſproſſen aus. Je mehr dieſes geſchiehet um deſto ſtaͤrkere Frucht kann man erwarten. Dieſe Sproſſen muͤſſen nicht ſchnell in die Hoͤhe treiben, noch weniger ihre Blaͤtter ſchlaff herabhaͤngen laſſen, ſondern ſich ſteif und elaſtiſch uͤber der Erde ausbreiten, und, wie man es nennt, den Boden belegen. Ein ſchnelles und ſtar- kes in die-Hoͤhe-Treiben der Winterung mit hellgruͤner Farbe habe ich mehrere- male als die Folge einer kurz vor der Saat untergebrachten, noch im Gaͤhrungs- zuſtande befindlichen Duͤngung, bei feuchtem und warmen Herbſtwetter geſehen; eine Ueppigkeit, welche die nachtheiligſten Folgen hatte, und im Fruͤhjahr ein faſt gaͤnzlich ausgewintertes Feld hinterließ. Solche Pflanzen ſcheinen mit Waſſer- ſtoff unverhaͤltnißmaͤßig gegen den Kohlenſtoff uͤberſaͤttigt zu ſeyn. Ein ſtarkes Belegen der Saat auf jene Weiſe, vor Winter, ſcheint mir aber nie nachtheilig werden zu koͤnnen, und wenn dann auch ihre Blaͤtter im Winter abfaulen, ſo bleibt doch der Stamm mit der Anlage der Nebenſproſſen geſund, und treibt im Fruͤhjahr ſchnell wieder aus. §. 20. Die Saat kommt in verſchiedenem Zuſtande in den Winter, zuweilen un- gekeimt, zuweilen eben hervorſtechend, in regulairen Wirthſchaften wohl immer mehr oder minder beſtaudet. Waͤhrend des eigentlichen Winterfroſtes habe ich ſie in keinem Zuſtande erfrieren ſehen. In dem heftigſten aller Blach- (ſchnee- loſen) Froͤſte 180⅔ that es keine, die ich beobachten konnte; aber weißen Weizen hatte ich nicht Gelegenheit zu ſehen. Alle Saat hatte zwar im Fruͤhjahr ein Durchwinte- rung.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/53>, abgerufen am 21.11.2024.