Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.Der Weizen. besser aushalten und mehr die Natur des Winterweizens, sich länger an der Erdezu halten und sich stärker zu bestauden, angenommen haben, und im darauf fol- genden Jahre wird er ganz Winterweizen seyn und später, z. B. zu Ende des Mays gesäet, in demselben Jahre überall nicht in Aehren gehen. Denn der entschiedene Winterweizen kann so früh gesäet werden, ohne empor zu schießen, was der ent- schiedene Sommerweizen noch thut, wenn man ihn auch zu Johannis säete. So kann ich auch den sogenannten Wunder- oder vielährigen Weizen (Tri- Was man englischen Weizen (die Botaniker Triticum turgidum) nennt, Von den drei entschiedenen Arten, Spelz, Einkorn und polnischen Ab- oder Spielarten. Die Abarten des eigentlichen Weizens sind unzählig, besonders in solchen Die von den Grannen hergenommene Unterscheidung ist, wie Haller schon Der Weizen. beſſer aushalten und mehr die Natur des Winterweizens, ſich laͤnger an der Erdezu halten und ſich ſtaͤrker zu beſtauden, angenommen haben, und im darauf fol- genden Jahre wird er ganz Winterweizen ſeyn und ſpaͤter, z. B. zu Ende des Mays geſaͤet, in demſelben Jahre uͤberall nicht in Aehren gehen. Denn der entſchiedene Winterweizen kann ſo fruͤh geſaͤet werden, ohne empor zu ſchießen, was der ent- ſchiedene Sommerweizen noch thut, wenn man ihn auch zu Johannis ſaͤete. So kann ich auch den ſogenannten Wunder- oder vielaͤhrigen Weizen (Tri- Was man engliſchen Weizen (die Botaniker Triticum turgidum) nennt, Von den drei entſchiedenen Arten, Spelz, Einkorn und polniſchen Ab- oder Spielarten. Die Abarten des eigentlichen Weizens ſind unzaͤhlig, beſonders in ſolchen Die von den Grannen hergenommene Unterſcheidung iſt, wie Haller ſchon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0074" n="50"/><fw place="top" type="header">Der Weizen.</fw><lb/> beſſer aushalten und mehr die Natur des Winterweizens, ſich laͤnger an der Erde<lb/> zu halten und ſich ſtaͤrker zu beſtauden, angenommen haben, und im darauf fol-<lb/> genden Jahre wird er ganz Winterweizen ſeyn und ſpaͤter, z. B. zu Ende des Mays<lb/> geſaͤet, in demſelben Jahre uͤberall nicht in Aehren gehen. Denn der entſchiedene<lb/> Winterweizen kann ſo fruͤh geſaͤet werden, ohne empor zu ſchießen, was der ent-<lb/> ſchiedene Sommerweizen noch thut, wenn man ihn auch zu Johannis ſaͤete.</p><lb/> <p>So kann ich auch den ſogenannten Wunder- oder vielaͤhrigen Weizen (<hi rendition="#aq">Tri-<lb/> ticum compositum</hi>) nicht fuͤr eine conſtante Art (<hi rendition="#aq">species</hi>) erkennen, da er dieſe<lb/> geilen Austriebe auf aͤrmerem Boden bald verliert und nach mehreren Reproductio-<lb/> nen keine Spur davon zeigt; wogegen ſeine Koͤrner wieder groͤßer werden.</p><lb/> <p>Was man engliſchen Weizen (die Botaniker <hi rendition="#aq">Triticum turgidum</hi>) nennt,<lb/> iſt <hi rendition="#g">vielleicht</hi> eine beſtehende Art. Die Aehre und die Spelzen unterſcheiden ſich<lb/> durch ihren Bau und das Korn durch einen breitern Ruͤcken und nach <hi rendition="#g">Cromens</hi><lb/> Wahrnehmung durch die Abweſenheit des Haarbuͤſchels an dem dicken Ende, den<lb/> andere Weizenkoͤrner haben. Er hat zuweilen Grannen, zuweilen keine. Ob die<lb/> Englaͤnder ihn uͤberhaupt kennen, weiß ich nicht; weil bei ihren unzaͤhligen Abar-<lb/> ten eine große Verwirrung herrſcht. Aber gewiß iſt er keine ihrer gewoͤhnlichen<lb/> Arten und hat alſo jenen teutſchen Namen ſehr unrichtig.</p><lb/> <p>Von den drei entſchiedenen Arten, <hi rendition="#g">Spelz, Einkorn</hi> und <hi rendition="#g">polniſchen</hi><lb/> Weizen werden wir unten beſonders reden. §. 67. u. f.</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ab- oder Spielarten</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Abarten</hi> des eigentlichen Weizens ſind unzaͤhlig, beſonders in ſolchen<lb/> Gegenden, wo man auf den Weizenbau, wie in England, die hoͤchſte Aufmerk-<lb/> ſamkeit wendet. Ich habe bei den Englaͤndern uͤber hundert verſchiedene Weizen-<lb/> Namen gezaͤhlt; man verſieht aber ſelten, von welcher ſie eigentlich reden und ei-<lb/> ner verſteht den andern nicht.</p><lb/> <p>Die von den Grannen hergenommene Unterſcheidung iſt, wie <hi rendition="#g">Haller</hi> ſchon<lb/> bemerkt hat, ganz truͤglich, da der Weizen dieſe auf verſchiedenen Bodenarten be-<lb/> kommt und auf andern verliert. Auch ſehen die Englaͤnder gar nicht darauf.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0074]
Der Weizen.
beſſer aushalten und mehr die Natur des Winterweizens, ſich laͤnger an der Erde
zu halten und ſich ſtaͤrker zu beſtauden, angenommen haben, und im darauf fol-
genden Jahre wird er ganz Winterweizen ſeyn und ſpaͤter, z. B. zu Ende des Mays
geſaͤet, in demſelben Jahre uͤberall nicht in Aehren gehen. Denn der entſchiedene
Winterweizen kann ſo fruͤh geſaͤet werden, ohne empor zu ſchießen, was der ent-
ſchiedene Sommerweizen noch thut, wenn man ihn auch zu Johannis ſaͤete.
So kann ich auch den ſogenannten Wunder- oder vielaͤhrigen Weizen (Tri-
ticum compositum) nicht fuͤr eine conſtante Art (species) erkennen, da er dieſe
geilen Austriebe auf aͤrmerem Boden bald verliert und nach mehreren Reproductio-
nen keine Spur davon zeigt; wogegen ſeine Koͤrner wieder groͤßer werden.
Was man engliſchen Weizen (die Botaniker Triticum turgidum) nennt,
iſt vielleicht eine beſtehende Art. Die Aehre und die Spelzen unterſcheiden ſich
durch ihren Bau und das Korn durch einen breitern Ruͤcken und nach Cromens
Wahrnehmung durch die Abweſenheit des Haarbuͤſchels an dem dicken Ende, den
andere Weizenkoͤrner haben. Er hat zuweilen Grannen, zuweilen keine. Ob die
Englaͤnder ihn uͤberhaupt kennen, weiß ich nicht; weil bei ihren unzaͤhligen Abar-
ten eine große Verwirrung herrſcht. Aber gewiß iſt er keine ihrer gewoͤhnlichen
Arten und hat alſo jenen teutſchen Namen ſehr unrichtig.
Von den drei entſchiedenen Arten, Spelz, Einkorn und polniſchen
Weizen werden wir unten beſonders reden. §. 67. u. f.
Ab- oder Spielarten.
Die Abarten des eigentlichen Weizens ſind unzaͤhlig, beſonders in ſolchen
Gegenden, wo man auf den Weizenbau, wie in England, die hoͤchſte Aufmerk-
ſamkeit wendet. Ich habe bei den Englaͤndern uͤber hundert verſchiedene Weizen-
Namen gezaͤhlt; man verſieht aber ſelten, von welcher ſie eigentlich reden und ei-
ner verſteht den andern nicht.
Die von den Grannen hergenommene Unterſcheidung iſt, wie Haller ſchon
bemerkt hat, ganz truͤglich, da der Weizen dieſe auf verſchiedenen Bodenarten be-
kommt und auf andern verliert. Auch ſehen die Englaͤnder gar nicht darauf.
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