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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.
reswitterung macht indessen, wie bei allen Getreidearten eine Verschiedenheit in
diesem Verhältnisse. Sein Stroh ist das nahrhafteste unter den gewöhnlichen
Cerealien, aber zum Einstreuen nicht so brauchbar wie das Roggenstroh.

Der Sommerweizen
§. 65.

unterscheidet sich nicht durch irgend einen botanischen Charakter vom Winterwei-
zen, sondern durch eine angenommene aber wieder abzuändernde Natur, wonach
er schneller in Halme treibt. Denn daß er begrannet oder bartig sey, ist keines-
weges beständig. Auch wissen wir, daß der Sommerweizen in Winterweizen
umgewandelt werden könne, obgleich dies mit einer Abart geschwinder wie mit
der andern geschehen mag.

Man hat mehrere Abarten bisher schon gebauet, mit und ohne Gran-
nen. Den begranneten oder bärtigen hat man mehrentheils besser befunden. Ob
einige aus südlichen Ländern kürzlich wieder eingeführte Spielarten, wie die von
Fischer zu Dunkelsbühl gerühmten Weizenarten aus Tunis und Candia, etwas
nachhaltend ausgezeichnetes haben, müssen erst mehrere und größere Ver-
suche lehren.

§. 66.

Wohin fein
Anbau passe?
Der Sommerweizen erfordert keinen so gebundenen Boden, als der Win-
terweizen, sondern kann auf losem nur nicht zu dürren Boden vortrefflich ge-
deihen. Aber reich muß der Boden seyn an altem nährenden Humus und fri-
schem Dünger zugleich.

Er muß wohl bearbeitet, gepulvert und gereinigt seyn. Am sichersten und
häufigsten findet der Sommerweizen nach solchen behackten Früchten seinen
Platz, welche ihrer späten Aberntung wegen die Bestellung des Winterweizens
nicht erlauben, und überhaupt für diesen, der Erfahrung nach, keine gute Vor-
frucht abgeben. Er geräth selbst nach Kartoffeln besser wie der Winterweizen,
wenn der Boden sehr reich und nicht dürre ist. Ueberhaupt nimmt er die Stelle
der großen Gerste ein.

Manche haben es vortheilhaft gefunden, ihn immer statt dieser nach be-
hackten Früchten im Systeme des Fruchtwechsels, zu bauen, weil allerdings

sein

Der Weizen.
reswitterung macht indeſſen, wie bei allen Getreidearten eine Verſchiedenheit in
dieſem Verhaͤltniſſe. Sein Stroh iſt das nahrhafteſte unter den gewoͤhnlichen
Cerealien, aber zum Einſtreuen nicht ſo brauchbar wie das Roggenſtroh.

Der Sommerweizen
§. 65.

unterſcheidet ſich nicht durch irgend einen botaniſchen Charakter vom Winterwei-
zen, ſondern durch eine angenommene aber wieder abzuaͤndernde Natur, wonach
er ſchneller in Halme treibt. Denn daß er begrannet oder bartig ſey, iſt keines-
weges beſtaͤndig. Auch wiſſen wir, daß der Sommerweizen in Winterweizen
umgewandelt werden koͤnne, obgleich dies mit einer Abart geſchwinder wie mit
der andern geſchehen mag.

Man hat mehrere Abarten bisher ſchon gebauet, mit und ohne Gran-
nen. Den begranneten oder baͤrtigen hat man mehrentheils beſſer befunden. Ob
einige aus ſuͤdlichen Laͤndern kuͤrzlich wieder eingefuͤhrte Spielarten, wie die von
Fiſcher zu Dunkelsbuͤhl geruͤhmten Weizenarten aus Tunis und Candia, etwas
nachhaltend ausgezeichnetes haben, muͤſſen erſt mehrere und groͤßere Ver-
ſuche lehren.

§. 66.

Wohin fein
Anbau paſſe?
Der Sommerweizen erfordert keinen ſo gebundenen Boden, als der Win-
terweizen, ſondern kann auf loſem nur nicht zu duͤrren Boden vortrefflich ge-
deihen. Aber reich muß der Boden ſeyn an altem naͤhrenden Humus und fri-
ſchem Duͤnger zugleich.

Er muß wohl bearbeitet, gepulvert und gereinigt ſeyn. Am ſicherſten und
haͤufigſten findet der Sommerweizen nach ſolchen behackten Fruͤchten ſeinen
Platz, welche ihrer ſpaͤten Aberntung wegen die Beſtellung des Winterweizens
nicht erlauben, und uͤberhaupt fuͤr dieſen, der Erfahrung nach, keine gute Vor-
frucht abgeben. Er geraͤth ſelbſt nach Kartoffeln beſſer wie der Winterweizen,
wenn der Boden ſehr reich und nicht duͤrre iſt. Ueberhaupt nimmt er die Stelle
der großen Gerſte ein.

Manche haben es vortheilhaft gefunden, ihn immer ſtatt dieſer nach be-
hackten Fruͤchten im Syſteme des Fruchtwechſels, zu bauen, weil allerdings

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[64/0088] Der Weizen. reswitterung macht indeſſen, wie bei allen Getreidearten eine Verſchiedenheit in dieſem Verhaͤltniſſe. Sein Stroh iſt das nahrhafteſte unter den gewoͤhnlichen Cerealien, aber zum Einſtreuen nicht ſo brauchbar wie das Roggenſtroh. Der Sommerweizen §. 65. unterſcheidet ſich nicht durch irgend einen botaniſchen Charakter vom Winterwei- zen, ſondern durch eine angenommene aber wieder abzuaͤndernde Natur, wonach er ſchneller in Halme treibt. Denn daß er begrannet oder bartig ſey, iſt keines- weges beſtaͤndig. Auch wiſſen wir, daß der Sommerweizen in Winterweizen umgewandelt werden koͤnne, obgleich dies mit einer Abart geſchwinder wie mit der andern geſchehen mag. Man hat mehrere Abarten bisher ſchon gebauet, mit und ohne Gran- nen. Den begranneten oder baͤrtigen hat man mehrentheils beſſer befunden. Ob einige aus ſuͤdlichen Laͤndern kuͤrzlich wieder eingefuͤhrte Spielarten, wie die von Fiſcher zu Dunkelsbuͤhl geruͤhmten Weizenarten aus Tunis und Candia, etwas nachhaltend ausgezeichnetes haben, muͤſſen erſt mehrere und groͤßere Ver- ſuche lehren. §. 66. Der Sommerweizen erfordert keinen ſo gebundenen Boden, als der Win- terweizen, ſondern kann auf loſem nur nicht zu duͤrren Boden vortrefflich ge- deihen. Aber reich muß der Boden ſeyn an altem naͤhrenden Humus und fri- ſchem Duͤnger zugleich. Wohin fein Anbau paſſe? Er muß wohl bearbeitet, gepulvert und gereinigt ſeyn. Am ſicherſten und haͤufigſten findet der Sommerweizen nach ſolchen behackten Fruͤchten ſeinen Platz, welche ihrer ſpaͤten Aberntung wegen die Beſtellung des Winterweizens nicht erlauben, und uͤberhaupt fuͤr dieſen, der Erfahrung nach, keine gute Vor- frucht abgeben. Er geraͤth ſelbſt nach Kartoffeln beſſer wie der Winterweizen, wenn der Boden ſehr reich und nicht duͤrre iſt. Ueberhaupt nimmt er die Stelle der großen Gerſte ein. Manche haben es vortheilhaft gefunden, ihn immer ſtatt dieſer nach be- hackten Fruͤchten im Syſteme des Fruchtwechſels, zu bauen, weil allerdings ſein

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/88>, abgerufen am 21.11.2024.