noch vor sechs Jahren unter diesem Namen zugeschickt erhalten habe. Was jetzt unter diesem Namen geht, hat durchaus kein bestimmtes Unterscheidungs- zeichen. Einige Abänderung seiner Natur zeigt jedes Getreide nach einer, mehrere Generationen hindurch fortgesetzten Gartenkultur und sorgfältiger Saa- menauswahl, auch wenn es dann ins freie Feld kommt, im Anfange noch. Aber ob sie constant sey, ist nicht so schnell auszumitteln.
Der Staudenrocken hat überwiegende und unbezweifelte Vorzüge vor dem andren. Er ist weit härter gegen üble Einflüsse der Witterung, bestaudet sich stärker, lagert sich auf reichem Boden nicht so leicht und giebt auf gutem und gut bestellten Boden immer höheren Ertrag. Nur muß er durchaus vor Ende Septembers in der Erde seyn. Bei späterer Saat und auf ganz armem Bo- den verliert er freilich seinen Vorzug. Er schosset, blühet und reifet merklich später wie der gewöhnliche, und nur durch sehr frühe Saat kann man ihn gleichzeitig machen. Diese Abart ist sehr constant, und ich habe keine Aus- artung bemerkt, wenn er auch so dicht bei andrem stand, daß er von dessen Saamenstaube berührt werden mußte.
§. 78.
Der Boden für Rocken.Für den Rocken ist der mit Sand in größerm Verhältnisse gemengte Boden der zuträglichste. Also derjenige, der nach §. 50. für den Weizen nicht mehr geeignet ist. Auf dem sehr sandigen Boden, der 85 Prozent Sand und dar- über hat, bleibt Rocken das einzige Getreide, welches darauf gebaut werden kann, und dieser Boden wird daher bei uns Rockenland genannt. Jedoch ist Boden, der weniger als 85 Prozent Sand hat, auch für den Rocken besser.
Je reicher der Boden ist, desto stärker wird freilich der Rocken. Allein er nimmt mit ärmerem Boden vorlieb, als der Weizen. Zum Theil hängt dies zwar auch von der Art des Bodens ab, indem der Sandboden den Rest seines Humusgehalts leichter ausziehen läßt, wie der Thonboden. Hat ein erschöpf- ter Boden eine Reihe von Jahren geruhet, so sammlet er wieder Kraft genug, um eine, freilich ärmliche, Rockenernte zu tragen.
Er erträgt auch einen ziemlichen Grad von Säure im Boden, welcher dem Weizen und der Gerste zuwider ist, und kann daher auf Haid- und Moorboden, wenn letzterer abgewässert ist, gebaut werden.
Der Rocken.
noch vor ſechs Jahren unter dieſem Namen zugeſchickt erhalten habe. Was jetzt unter dieſem Namen geht, hat durchaus kein beſtimmtes Unterſcheidungs- zeichen. Einige Abaͤnderung ſeiner Natur zeigt jedes Getreide nach einer, mehrere Generationen hindurch fortgeſetzten Gartenkultur und ſorgfaͤltiger Saa- menauswahl, auch wenn es dann ins freie Feld kommt, im Anfange noch. Aber ob ſie conſtant ſey, iſt nicht ſo ſchnell auszumitteln.
Der Staudenrocken hat uͤberwiegende und unbezweifelte Vorzuͤge vor dem andren. Er iſt weit haͤrter gegen uͤble Einfluͤſſe der Witterung, beſtaudet ſich ſtaͤrker, lagert ſich auf reichem Boden nicht ſo leicht und giebt auf gutem und gut beſtellten Boden immer hoͤheren Ertrag. Nur muß er durchaus vor Ende Septembers in der Erde ſeyn. Bei ſpaͤterer Saat und auf ganz armem Bo- den verliert er freilich ſeinen Vorzug. Er ſchoſſet, bluͤhet und reifet merklich ſpaͤter wie der gewoͤhnliche, und nur durch ſehr fruͤhe Saat kann man ihn gleichzeitig machen. Dieſe Abart iſt ſehr conſtant, und ich habe keine Aus- artung bemerkt, wenn er auch ſo dicht bei andrem ſtand, daß er von deſſen Saamenſtaube beruͤhrt werden mußte.
§. 78.
Der Boden fuͤr Rocken.Fuͤr den Rocken iſt der mit Sand in groͤßerm Verhaͤltniſſe gemengte Boden der zutraͤglichſte. Alſo derjenige, der nach §. 50. fuͤr den Weizen nicht mehr geeignet iſt. Auf dem ſehr ſandigen Boden, der 85 Prozent Sand und dar- uͤber hat, bleibt Rocken das einzige Getreide, welches darauf gebaut werden kann, und dieſer Boden wird daher bei uns Rockenland genannt. Jedoch iſt Boden, der weniger als 85 Prozent Sand hat, auch fuͤr den Rocken beſſer.
Je reicher der Boden iſt, deſto ſtaͤrker wird freilich der Rocken. Allein er nimmt mit aͤrmerem Boden vorlieb, als der Weizen. Zum Theil haͤngt dies zwar auch von der Art des Bodens ab, indem der Sandboden den Reſt ſeines Humusgehalts leichter ausziehen laͤßt, wie der Thonboden. Hat ein erſchoͤpf- ter Boden eine Reihe von Jahren geruhet, ſo ſammlet er wieder Kraft genug, um eine, freilich aͤrmliche, Rockenernte zu tragen.
Er ertraͤgt auch einen ziemlichen Grad von Saͤure im Boden, welcher dem Weizen und der Gerſte zuwider iſt, und kann daher auf Haid- und Moorboden, wenn letzterer abgewaͤſſert iſt, gebaut werden.
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[74/0098]
Der Rocken.
noch vor ſechs Jahren unter dieſem Namen zugeſchickt erhalten habe. Was
jetzt unter dieſem Namen geht, hat durchaus kein beſtimmtes Unterſcheidungs-
zeichen. Einige Abaͤnderung ſeiner Natur zeigt jedes Getreide nach einer,
mehrere Generationen hindurch fortgeſetzten Gartenkultur und ſorgfaͤltiger Saa-
menauswahl, auch wenn es dann ins freie Feld kommt, im Anfange noch. Aber
ob ſie conſtant ſey, iſt nicht ſo ſchnell auszumitteln.
Der Staudenrocken hat uͤberwiegende und unbezweifelte Vorzuͤge vor dem
andren. Er iſt weit haͤrter gegen uͤble Einfluͤſſe der Witterung, beſtaudet ſich
ſtaͤrker, lagert ſich auf reichem Boden nicht ſo leicht und giebt auf gutem und
gut beſtellten Boden immer hoͤheren Ertrag. Nur muß er durchaus vor Ende
Septembers in der Erde ſeyn. Bei ſpaͤterer Saat und auf ganz armem Bo-
den verliert er freilich ſeinen Vorzug. Er ſchoſſet, bluͤhet und reifet merklich
ſpaͤter wie der gewoͤhnliche, und nur durch ſehr fruͤhe Saat kann man ihn
gleichzeitig machen. Dieſe Abart iſt ſehr conſtant, und ich habe keine Aus-
artung bemerkt, wenn er auch ſo dicht bei andrem ſtand, daß er von deſſen
Saamenſtaube beruͤhrt werden mußte.
§. 78.
Fuͤr den Rocken iſt der mit Sand in groͤßerm Verhaͤltniſſe gemengte Boden
der zutraͤglichſte. Alſo derjenige, der nach §. 50. fuͤr den Weizen nicht mehr
geeignet iſt. Auf dem ſehr ſandigen Boden, der 85 Prozent Sand und dar-
uͤber hat, bleibt Rocken das einzige Getreide, welches darauf gebaut werden
kann, und dieſer Boden wird daher bei uns Rockenland genannt. Jedoch iſt
Boden, der weniger als 85 Prozent Sand hat, auch fuͤr den Rocken beſſer.
Der Boden
fuͤr Rocken.
Je reicher der Boden iſt, deſto ſtaͤrker wird freilich der Rocken. Allein er
nimmt mit aͤrmerem Boden vorlieb, als der Weizen. Zum Theil haͤngt dies
zwar auch von der Art des Bodens ab, indem der Sandboden den Reſt ſeines
Humusgehalts leichter ausziehen laͤßt, wie der Thonboden. Hat ein erſchoͤpf-
ter Boden eine Reihe von Jahren geruhet, ſo ſammlet er wieder Kraft genug,
um eine, freilich aͤrmliche, Rockenernte zu tragen.
Er ertraͤgt auch einen ziemlichen Grad von Saͤure im Boden, welcher dem
Weizen und der Gerſte zuwider iſt, und kann daher auf Haid- und Moorboden,
wenn letzterer abgewaͤſſert iſt, gebaut werden.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/98>, abgerufen am 16.02.2025.
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