Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.Erste Betrachtung. Unser Herr, in Bethanien. Odu, der du dich gesezzet hast zur Rechten der Ma- geh, A
Erſte Betrachtung. Unſer Herr, in Bethanien. Odu, der du dich geſezzet haſt zur Rechten der Ma- geh, A
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Erſte Betrachtung.
Unſer Herr, in Bethanien.
Odu, der du dich geſezzet haſt zur Rechten der Ma-
ieſtät in der Höhe, nachdem du gemacht haſt die Reini-
gung unſrer Sünden durch dich ſelbſt, der du nun ſelig
machen kannſt immerdar alle, die durch dich zu Gott
kommen, und lebeſt immerdar und bitteſt für ſie!
Siehe, ich bete zu dir, daß ich in der Erinnerung an
dein Leiden und Sterben, womit ich mich in dieſen, dem
beſondern Andenken derſelben, und ſomit der ſtillſten
Andacht, geheiligten Tagen ganz beſchäftigen will, es
lebhaft empfinde, daß ich mit einem, an dich hingegeb-
nen, Herzen zu dir, und durch dich zu Gott komme!
Entfern izt von mir alles Geräuſch der Welt, was ſonſt
meinen Geiſt oft zerſtreut, alle Sorge des Lebens, die
ſonſt mein Gemüth oft belaſtet, alle Reizung zur ſinnli-
chen, und ach ſo leicht ſündlichen, Freude, der ſonſt mein
Herz, ſchwach, wie es iſt, oft nachgiebt. Ich ſeh
hinein in die tiefe Nacht der Leiden, die deine reinſte
Sele einſt umgab; die du im Gebet durchwachteſt, in
der es vor deinem brechenden Aug erſt hell ward. Und
du ſiehſt izt im Licht deiner Gottheit auf meine Andacht,
ob und wie ſie das Werk meines Herzens iſt, und welche
Frucht daraus erwächſt für mein Leben! O reinige du
mich, daß ich immer mehr Frucht bringe! Die Geſchichte
deines Leidens und Sterbens werd in ihrer tiefen from-
men Erwägung zur Geſchichte meiner Bekehrung! Er-
greif mein Herz bei dem Gedanken, daß du auch mich
ſo geliebet, und dich ſelbſt für mich in den Tod gegeben
haſt! Und wird es dann in fromme Arbeit verſezt, ſo
wie ich dich leiden ſeh, dich den Heiligſten, als den
Verworfenſten; geräth es in eine ſanfte Wärme bei dem
Anblik deiner redendſten Unſchuld in deinem tiefſten
Schweigen und ſtillſten Dulden: ach ſo laß es doch nicht
gleich erkalten, wenn ich nun wieder an fremde Arbeit
geh,
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