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Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.

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am Abend seines Auferstehungstags.

Genauer konnten und mußten sie ihm izt ins
Gesicht sehn, und hatte sich seine Gestalt durch seine
Auferstehung nicht sehr verändert, so mußten sie
ihn zum wenigsten an seinen Gesichtszügen, an den
Mienen und Bewegungen, mit welchen er seine
Worte zu begleiten pflegte, nach und nach erken-
nen. Und wie er nun sogleich wie sie sich zu Ti-
sche sezten, das Brod nahm, und es unter sie ver-
theilte, da mußte ihnen doch ein Licht aufgehn.
Dies war ia das Geschäft des Hausvaters. Ein
Fremdling, wie er ihnen bis dahin zu sein geschie-
nen war, ein Gast, den sie bewirthen wollten, schien
er nun doch nicht mehr zu sein, selbst nicht sein zu
wollen. Hatten sie auch bis izt noch nicht daran
gedacht, wer doch dieser Mann, der sich so zu ih-
nen gesellt, und mit seinem lehrreichen Gespräche
bis dahin so unterhalten hatte, sein mögte: so
mußten sie wohl izt auf diesen Gedanken gerathen,
wie sie sahn, er betrage sich völlig so, als sei er
Wirth, oder als siz er, als Hausvater im Kreise
seiner Familie. Aber eines langen Nachdenkens
bedurft es nun auch für sie nicht, um dies auszu-
machen. Der Herr überhob sie dessen bald. Er
nahm nicht nur das Brod, er dankte auch. An
dem Ton, worin er, der Göttliche, mit Gott und
von Gott redete, an dem, ihm ganz eignen, herz-
ergreifenden Betton erkannten sie ihn wohl schon;
noch mehr daran, wenn er izt ein Dankgebet aus-
sprach, was er sonst bei Tische gesagt hatte,
ein, diesen beiden Jüngern genau von ihm bekann-
tes,
Gebet, und ganz unzweifelhaft endlich daran,
daß er das Brod brach, und an der Art, wie

er
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am Abend ſeines Auferſtehungstags.

Genauer konnten und mußten ſie ihm izt ins
Geſicht ſehn, und hatte ſich ſeine Geſtalt durch ſeine
Auferſtehung nicht ſehr verändert, ſo mußten ſie
ihn zum wenigſten an ſeinen Geſichtszügen, an den
Mienen und Bewegungen, mit welchen er ſeine
Worte zu begleiten pflegte, nach und nach erken-
nen. Und wie er nun ſogleich wie ſie ſich zu Ti-
ſche ſezten, das Brod nahm, und es unter ſie ver-
theilte, da mußte ihnen doch ein Licht aufgehn.
Dies war ia das Geſchäft des Hausvaters. Ein
Fremdling, wie er ihnen bis dahin zu ſein geſchie-
nen war, ein Gaſt, den ſie bewirthen wollten, ſchien
er nun doch nicht mehr zu ſein, ſelbſt nicht ſein zu
wollen. Hatten ſie auch bis izt noch nicht daran
gedacht, wer doch dieſer Mann, der ſich ſo zu ih-
nen geſellt, und mit ſeinem lehrreichen Geſpräche
bis dahin ſo unterhalten hatte, ſein mögte: ſo
mußten ſie wohl izt auf dieſen Gedanken gerathen,
wie ſie ſahn, er betrage ſich völlig ſo, als ſei er
Wirth, oder als ſiz er, als Hausvater im Kreiſe
ſeiner Familie. Aber eines langen Nachdenkens
bedurft es nun auch für ſie nicht, um dies auszu-
machen. Der Herr überhob ſie deſſen bald. Er
nahm nicht nur das Brod, er dankte auch. An
dem Ton, worin er, der Göttliche, mit Gott und
von Gott redete, an dem, ihm ganz eignen, herz-
ergreifenden Betton erkannten ſie ihn wohl ſchon;
noch mehr daran, wenn er izt ein Dankgebet aus-
ſprach, was er ſonſt bei Tiſche geſagt hatte,
ein, dieſen beiden Jüngern genau von ihm bekann-
tes,
Gebet, und ganz unzweifelhaft endlich daran,
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er
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[153/0167] am Abend ſeines Auferſtehungstags. Genauer konnten und mußten ſie ihm izt ins Geſicht ſehn, und hatte ſich ſeine Geſtalt durch ſeine Auferſtehung nicht ſehr verändert, ſo mußten ſie ihn zum wenigſten an ſeinen Geſichtszügen, an den Mienen und Bewegungen, mit welchen er ſeine Worte zu begleiten pflegte, nach und nach erken- nen. Und wie er nun ſogleich wie ſie ſich zu Ti- ſche ſezten, das Brod nahm, und es unter ſie ver- theilte, da mußte ihnen doch ein Licht aufgehn. Dies war ia das Geſchäft des Hausvaters. Ein Fremdling, wie er ihnen bis dahin zu ſein geſchie- nen war, ein Gaſt, den ſie bewirthen wollten, ſchien er nun doch nicht mehr zu ſein, ſelbſt nicht ſein zu wollen. Hatten ſie auch bis izt noch nicht daran gedacht, wer doch dieſer Mann, der ſich ſo zu ih- nen geſellt, und mit ſeinem lehrreichen Geſpräche bis dahin ſo unterhalten hatte, ſein mögte: ſo mußten ſie wohl izt auf dieſen Gedanken gerathen, wie ſie ſahn, er betrage ſich völlig ſo, als ſei er Wirth, oder als ſiz er, als Hausvater im Kreiſe ſeiner Familie. Aber eines langen Nachdenkens bedurft es nun auch für ſie nicht, um dies auszu- machen. Der Herr überhob ſie deſſen bald. Er nahm nicht nur das Brod, er dankte auch. An dem Ton, worin er, der Göttliche, mit Gott und von Gott redete, an dem, ihm ganz eignen, herz- ergreifenden Betton erkannten ſie ihn wohl ſchon; noch mehr daran, wenn er izt ein Dankgebet aus- ſprach, was er ſonſt bei Tiſche geſagt hatte, ein, dieſen beiden Jüngern genau von ihm bekann- tes, Gebet, und ganz unzweifelhaft endlich daran, daß er das Brod brach, und an der Art, wie er K 5

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Zitationshilfe: Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/167>, abgerufen am 18.11.2024.