Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794.in dem Adschiedsgespräch mit Petrus. &q;denn mich diese haben?" Je genauer er andies alles dachte, und ie mehr er bei diesen Ge- danken empfand, ie richtiger er also die Frage Jesu faßte: um desto herzlicher ist die herrliche, und um desto herrlicher die herzliche Antwort, die er nicht sowohl von sich, als vielmehr im Namen Jesu selbst, ihm gab. "Ja, Herr, sprach er, mit o wie gerührter, anbetender Sele, mit o wie bewegtem und doch zuversichtlichen Ton, "du weis- &q;sest, daß ich dich lieb habe." O wer hört es nicht an diesen Worten, wer ließt es nicht noch immer aus diesen Buchstaben, daß das dermal- eins, was Jesus ihm verheissen hatte, nun schon erfüllt, daß er schon bekehrt, daß sein ganzes Herz schon umgekehrt, und hingewandt war nach sei- nem Herrn und Meister, daß es in ächter Liebes- flamme für ihn brannte? Und so war es denn gewis schon eine Stärkung für seine Brüder, das Wort der Huldigung, was hier Petrus an Jesum hinan sprach. Darum sezte auch Jesus sogleich auf diese Antwort des Petrus hinzu: "weide meine Lämmer!" -- Wie der Abendthau den lechzenden, verfärbten, hinsinken- den Grashalm erquikt, veriüngt und aufrichtet: so träufelten gewis diese Worte in wohlthätigster Heilkraft aus dem holdseligen Munde des Herrn, und kein Laut von ihnen ging für den Petrus ver- lohren. Noch schallten sie ihm wohl durch die Sele, wie nun ein andrer ihn gürtete, und ihn führte, wohin er sonst nicht gewollt hatte, die, so zärtlichen, mit so inniger Liebe zu allen den Sei- nigen, ausgesprochnen Worte des Herrn: "wei- &q;de meine Lämmer!" Jesus
in dem Adſchiedsgeſpräch mit Petrus. &q;denn mich dieſe haben?” Je genauer er andies alles dachte, und ie mehr er bei dieſen Ge- danken empfand, ie richtiger er alſo die Frage Jeſu faßte: um deſto herzlicher iſt die herrliche, und um deſto herrlicher die herzliche Antwort, die er nicht ſowohl von ſich, als vielmehr im Namen Jeſu ſelbſt, ihm gab. “Ja, Herr, ſprach er, mit o wie gerührter, anbetender Sele, mit o wie bewegtem und doch zuverſichtlichen Ton, “du weiſ- &q;ſeſt, daß ich dich lieb habe.” O wer hört es nicht an dieſen Worten, wer ließt es nicht noch immer aus dieſen Buchſtaben, daß das dermal- eins, was Jeſus ihm verheiſſen hatte, nun ſchon erfüllt, daß er ſchon bekehrt, daß ſein ganzes Herz ſchon umgekehrt, und hingewandt war nach ſei- nem Herrn und Meiſter, daß es in ächter Liebes- flamme für ihn brannte? Und ſo war es denn gewis ſchon eine Stärkung für ſeine Brüder, das Wort der Huldigung, was hier Petrus an Jeſum hinan ſprach. Darum ſezte auch Jeſus ſogleich auf dieſe Antwort des Petrus hinzu: “weide meine Lämmer!” — Wie der Abendthau den lechzenden, verfärbten, hinſinken- den Grashalm erquikt, veriüngt und aufrichtet: ſo träufelten gewis dieſe Worte in wohlthätigſter Heilkraft aus dem holdſeligen Munde des Herrn, und kein Laut von ihnen ging für den Petrus ver- lohren. Noch ſchallten ſie ihm wohl durch die Sele, wie nun ein andrer ihn gürtete, und ihn führte, wohin er ſonſt nicht gewollt hatte, die, ſo zärtlichen, mit ſo inniger Liebe zu allen den Sei- nigen, ausgeſprochnen Worte des Herrn: “wei- &q;de meine Lämmer!” Jeſus
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in dem Adſchiedsgeſpräch mit Petrus.
&q;denn mich dieſe haben?” Je genauer er an
dies alles dachte, und ie mehr er bei dieſen Ge-
danken empfand, ie richtiger er alſo die Frage Jeſu
faßte: um deſto herzlicher iſt die herrliche, und
um deſto herrlicher die herzliche Antwort, die er
nicht ſowohl von ſich, als vielmehr im Namen
Jeſu ſelbſt, ihm gab. “Ja, Herr, ſprach er,
mit o wie gerührter, anbetender Sele, mit o wie
bewegtem und doch zuverſichtlichen Ton, “du weiſ-
&q;ſeſt, daß ich dich lieb habe.” O wer hört es
nicht an dieſen Worten, wer ließt es nicht noch
immer aus dieſen Buchſtaben, daß das dermal-
eins, was Jeſus ihm verheiſſen hatte, nun ſchon
erfüllt, daß er ſchon bekehrt, daß ſein ganzes Herz
ſchon umgekehrt, und hingewandt war nach ſei-
nem Herrn und Meiſter, daß es in ächter Liebes-
flamme für ihn brannte? Und ſo war es denn
gewis ſchon eine Stärkung für ſeine Brüder,
das Wort der Huldigung, was hier Petrus an
Jeſum hinan ſprach. Darum ſezte auch Jeſus
ſogleich auf dieſe Antwort des Petrus hinzu:
“weide meine Lämmer!” — Wie der
Abendthau den lechzenden, verfärbten, hinſinken-
den Grashalm erquikt, veriüngt und aufrichtet:
ſo träufelten gewis dieſe Worte in wohlthätigſter
Heilkraft aus dem holdſeligen Munde des Herrn,
und kein Laut von ihnen ging für den Petrus ver-
lohren. Noch ſchallten ſie ihm wohl durch die
Sele, wie nun ein andrer ihn gürtete, und ihn
führte, wohin er ſonſt nicht gewollt hatte, die, ſo
zärtlichen, mit ſo inniger Liebe zu allen den Sei-
nigen, ausgeſprochnen Worte des Herrn: “wei-
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Zitationshilfe: | Thieß, Johann Otto: Unser Herr! in den lezten Tagen seines ersten und in den ersten Tagen seines andern Menschenlebens. Neue Aufl. Hannover, 1794, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thiess_andachtsbuch_1794/203>, abgerufen am 16.02.2025. |