Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 5. H. Daß alle andere Gem. Neig. gesagt/ daß die wahre Liebe aus drey Tugendenbestehe; aus einer 1. sorgfältigen Gefälligkeit/ 2. vertraulichen Gutthätigkeit/ und 3. völligen Gemeinschafft alles Vermögens und alles ver- nünfftigen Thun und Lassens. Die Unruhe/ die die gleichgenaturte Menschen angetrieben/ in der Ungleichheit ihre Ruhe zu suchen/ hebt entweder die Leutseligkeit/ und folglich auch die sorgfäl- tige Gefälligkeit auff/ wenn sich ein Mensch bes- ser zu seyn dünckt/ als andere Menschen/ oder von andern für besser gehalten zu werden trach- tet: Oder sie leitet die Menschen zu falschen Schein Gutthaten/ wenn man sich bey andern durch sinnliche und empfindliche Lüste zu in- sinuiren bemühet ist/ und dieselben dadurch an sich zu ziehen trachtet: Oder sie ist der Gemein- schafft der Güter und der Frucht vernünfftiger Liebe am meisten zu wieder/ und treibet die Men- schen an/ daß sie an statt der Menschen-Liebe/ alle ihre Lust und Freude an Gelde/ und was Gel- des werth ist/ suchen. 12. Solcher gestalt aber entstehen vier paar de.
Das 5. H. Daß alle andere Gem. Neig. geſagt/ daß die wahre Liebe aus drey Tugendenbeſtehe; aus einer 1. ſorgfaͤltigen Gefaͤlligkeit/ 2. vertraulichen Gutthaͤtigkeit/ und 3. voͤlligen Gemeinſchafft alles Vermoͤgens und alles ver- nuͤnfftigen Thun und Laſſens. Die Unruhe/ die die gleichgenaturte Menſchen angetrieben/ in der Ungleichheit ihre Ruhe zu ſuchen/ hebt entweder die Leutſeligkeit/ und folglich auch die ſorgfaͤl- tige Gefaͤlligkeit auff/ wenn ſich ein Menſch beſ- ſer zu ſeyn duͤnckt/ als andere Menſchen/ oder von andern fuͤr beſſer gehalten zu werden trach- tet: Oder ſie leitet die Menſchen zu falſchen Schein Gutthaten/ wenn man ſich bey andern durch ſinnliche und empfindliche Luͤſte zu in- ſinuiren bemuͤhet iſt/ und dieſelben dadurch an ſich zu ziehen trachtet: Oder ſie iſt der Gemein- ſchafft der Guͤter und der Frucht vernuͤnfftiger Liebe am meiſten zu wieder/ und treibet die Men- ſchen an/ daß ſie an ſtatt der Menſchen-Liebe/ alle ihre Luſt und Freude an Gelde/ und was Gel- des werth iſt/ ſuchen. 12. Solcher geſtalt aber entſtehen vier paar de.
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Das 5. H. Daß alle andere Gem. Neig.
geſagt/ daß die wahre Liebe aus drey Tugenden
beſtehe; aus einer 1. ſorgfaͤltigen Gefaͤlligkeit/
2. vertraulichen Gutthaͤtigkeit/ und 3. voͤlligen
Gemeinſchafft alles Vermoͤgens und alles ver-
nuͤnfftigen Thun und Laſſens. Die Unruhe/ die
die gleichgenaturte Menſchen angetrieben/ in der
Ungleichheit ihre Ruhe zu ſuchen/ hebt entweder
die Leutſeligkeit/ und folglich auch die ſorgfaͤl-
tige Gefaͤlligkeit auff/ wenn ſich ein Menſch beſ-
ſer zu ſeyn duͤnckt/ als andere Menſchen/ oder
von andern fuͤr beſſer gehalten zu werden trach-
tet: Oder ſie leitet die Menſchen zu falſchen
Schein Gutthaten/ wenn man ſich bey andern
durch ſinnliche und empfindliche Luͤſte zu in-
ſinuiren bemuͤhet iſt/ und dieſelben dadurch an ſich
zu ziehen trachtet: Oder ſie iſt der Gemein-
ſchafft der Guͤter und der Frucht vernuͤnfftiger
Liebe am meiſten zu wieder/ und treibet die Men-
ſchen an/ daß ſie an ſtatt der Menſchen-Liebe/ alle
ihre Luſt und Freude an Gelde/ und was Gel-
des werth iſt/ ſuchen.
12. Solcher geſtalt aber entſtehen vier paar
affecten/ die auff vier Haupt-Zwecke des
menſchlichen Geſchlechts gerichtet ſind/ oder viel-
mehr vier unterſchiedene Arten der Liebe und
des Haſſes/ 1. die vernuͤnfftige Menſchen-Liebe/
und der Haß der Jrrthuͤmer und Laſter/
(nicht der irrenden und laſterhafften;) 2. Liebe
der ſtoltzen Ehre und Ruhms/ oder Ehr-Gier-
de; und Haß der Beſchetdenheit und Schan-
de.
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