Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.und denen daraus fliessenden Untug. Vortrefflligkeit sey/ entweder des Weibes-volcks/ oder der Vornehmen/ und sonderlich Hoff-Leute/ die sie für andern gemeinen Leuten haben. 35. Aber ein Philosophus urtheilet nicht 36.
und denen daraus flieſſenden Untug. Vortrefflligkeit ſey/ entweder des Weibes-volcks/ oder der Vornehmen/ und ſonderlich Hoff-Leute/ die ſie fuͤr andern gemeinen Leuten haben. 35. Aber ein Philoſophus urtheilet nicht 36.
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und denen daraus flieſſenden Untug.
Vortrefflligkeit ſey/ entweder des Weibes-
volcks/ oder der Vornehmen/ und ſonderlich
Hoff-Leute/ die ſie fuͤr andern gemeinen Leuten
haben.
35. Aber ein Philoſophus urtheilet nicht
nach der galanterey des Hofes/ und denen ge-
meinen Vorurtheilen. Die Laſter haben ins ge-
mein den Nahmen der Tugend/ und die Unvoll-
kommenheiten werden von iederman/ die mit be-
hafftet ſind/ bemaͤntelt/ und wohl gar fuͤr was
ſonderliches ausgegeben. Es iſt leider wahr/
daß zaͤrtliche Leute ihrer Zaͤrtligkeit wenig heel ha-
ben/ ſondern ſie als eine ſonderliche prærogativ
und Natur fuͤr andern Leuten ruͤhmen; Aber de-
ſto ſchlimmer fuͤr ſie. Hiermit geben ſie zu er-
kennen/ daß ſie ihr Elend ſelbſt nicht kennen/ und
eine wohlluͤſtige Angewohnheit fuͤr eine Natur
ausgeben/ da doch GOtt zum oͤfftern durch lieb-
reiches Ungluͤck/ ſie gehen/ ſchlaffen/ arbeiten/ eſ-
ſen und trincken/ u. ſ. w. lehret/ und alſo ihnen ih-
re wahre Natur zu verſtehen giebet. Jch will
das gemeine Sprichwort nicht anfuͤhren: Was
grob iſt/ iſt auch ſtarck. Gemeiniglich iſt es ge-
ſund. Zart ſeyn iſt entweder eine Schwachheit
der Glieder/ oder ein Anſatz zu einer Kranckheit/
und folglich eine groſſe Unvollkom̃enheit menſch-
licher Natur. Sich zart machen oder zaͤrt-
lich ſeyn/ iſt nichts anders/ als zu erkennen geben/
daß man wohlluͤſtig ſey/ und daß das Hertz
ſtarck an der Wolluſt haͤnge/ und allbereit in ei-
nen hohen Grad darinnen verdorben ſey.
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