Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.und denen daraus fliessenden Untug. setzet in solcher Betrachtung tausend angenehme.Dinge zusammen. Weil nun dieses offte/ auch öffters in der Conversation selbsten/ wenn sie lan- ge dauert geschiehet/ so schärfft so ein Mensch da- durch am allermeisten sein Ingenium, und macht sich zu allerhand artigen Erfindungen/ Mährgen/ Gedichten u. s. w. umb so viel mehr geschickt/ umb so viel mehr ein solch offters Nachdencken bey ei- nem Wohllüstigen zu wege bringet/ daß er würck- lich mehr Lust bey seiner zwar sinnreichen aber ei- telen Vorstellung geniesset/ als bey dem Genuß selbsten. 40. Was nun die Gelehrheit oder die Er- 41. Und ob wohl wohllüstige Kinder und ten/
und denen daraus flieſſenden Untug. ſetzet in ſolcher Betrachtung tauſend angenehme.Dinge zuſammen. Weil nun dieſes offte/ auch oͤffters in der Converſation ſelbſten/ wenn ſie lan- ge dauert geſchiehet/ ſo ſchaͤrfft ſo ein Menſch da- durch am allermeiſten ſein Ingenium, uñ macht ſich zu allerhand artigen Erfindungen/ Maͤhrgen/ Gedichten u. ſ. w. umb ſo viel mehr geſchickt/ umb ſo viel mehr ein ſolch offters Nachdencken bey ei- nem Wohlluͤſtigen zu wege bringet/ daß er wuͤrck- lich mehr Luſt bey ſeiner zwar ſinnreichen aber ei- telen Vorſtellung genieſſet/ als bey dem Genuß ſelbſten. 40. Was nun die Gelehrheit oder die Er- 41. Und ob wohl wohlluͤſtige Kinder und ten/
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und denen daraus flieſſenden Untug.
ſetzet in ſolcher Betrachtung tauſend angenehme.
Dinge zuſammen. Weil nun dieſes offte/ auch
oͤffters in der Converſation ſelbſten/ wenn ſie lan-
ge dauert geſchiehet/ ſo ſchaͤrfft ſo ein Menſch da-
durch am allermeiſten ſein Ingenium, uñ macht
ſich zu allerhand artigen Erfindungen/ Maͤhrgen/
Gedichten u. ſ. w. umb ſo viel mehr geſchickt/ umb
ſo viel mehr ein ſolch offters Nachdencken bey ei-
nem Wohlluͤſtigen zu wege bringet/ daß er wuͤrck-
lich mehr Luſt bey ſeiner zwar ſinnreichen aber ei-
telen Vorſtellung genieſſet/ als bey dem Genuß
ſelbſten.
40. Was nun die Gelehrheit oder die Er-
lernung vieler unbekandten Dinge aus anderer
Gelehrtẽ ihren Buͤchern oder Diſcurſen betrifft/ ſo
iſt es wol an dem/ daß die Zuneigung zum ſtudi-
ren uͤberhaupt weder abſonderlich zur Wolluſt/
noch zum Ehrgeitz/ noch zum Geldgeitz/ ſondern zu
allen dreyen gehoͤre/ oder auff gewiſſe maſſe ge-
bracht werden koͤnne; iedoch iſt kein Zweiffel/ daß
ein Wolluͤſtiger natuͤrlicher Weiſe ja ſo wohl
Begierde habe etwas zu lernen/ als ein Ehr-
geitziger und Geldgeitziger/ nur daß ſie anders ge-
artet iſt. Denn ein ieder Menſch will gerne ver-
borgene Dinge wiſſen. Beym ſtudiren aber er-
faͤhret man verborgene Dinge.
41. Und ob wohl wohlluͤſtige Kinder und
wohlluͤſtige Studenten in niedern und hohen
Schulen wenig lernen/ und uͤber ſie allenthal-
ben geklagt wird/ ſo muß man doch wohl betrach-
ten/
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