Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.und denen daraus fliessenden Untug. daß es schwer zu gehe eine Sache ordentlich undin Grund aus zu untersuchen/ sondern daß es fein oben hin geschehe und mehr in Conclusioni- bus als fundamentis sich auffhalte; daß es sehr gerne varire und nicht leicht über einer ma- terie beständig bleibe/ und wenn eine kaum an- gefangen ist/ dieselbe balde wieder liegen lasse/ daß es mehr sein Vergnügen in conversation aber in einer freyen und lustigen mit gelehrten Leuten als in Büchern suche; daß es dennoch auff diese falle wenn es jene nicht haben kan/ damit dem Wollüstigen die Zeit nicht lange werde; daß es bloß geschehe den Wollüstigen zu vergnügen/ und in einer Conversation sich der Gesellschafft angenehm zu machen/ nicht aber andern Menschen dadurch zu dienen/ zumahl wenn diese Dienste mühsam seyn. Da- hero wird kein Wollüstiger leichte zum sitzefleisch oder zu tieffsiinniger meditation, oder zu weit- läufftigen Schrifften/ oder zur information der Jugend zu bringen seyn oder sich schicken; Son- dern wenn es hoch kömmt/ wird er geschickt seyn ein festin, comoedie, opere u. s. w. zu dirigi- ren/ ein Gedicht sonderlich in verliebter ma- teria zu machen/ schmeichlende Lob-Reden zu verfertigen u. s. w. 44. So folget demnach dieses hieraus/ conti- O
und denen daraus flieſſenden Untug. daß es ſchwer zu gehe eine Sache ordentlich undin Grund aus zu unterſuchen/ ſondern daß es fein oben hin geſchehe und mehr in Concluſioni- bus als fundamentis ſich auffhalte; daß es ſehr gerne varire und nicht leicht uͤber einer ma- terie beſtaͤndig bleibe/ und wenn eine kaum an- gefangen iſt/ dieſelbe balde wieder liegen laſſe/ daß es mehr ſein Vergnuͤgen in converſation aber in einer freyen und luſtigen mit gelehrten Leuten als in Buͤchern ſuche; daß es dennoch auff dieſe falle wenn es jene nicht haben kan/ damit dem Wolluͤſtigen die Zeit nicht lange werde; daß es bloß geſchehe den Wolluͤſtigen zu vergnuͤgen/ und in einer Converſation ſich der Geſellſchafft angenehm zu machen/ nicht aber andern Menſchen dadurch zu dienen/ zumahl wenn dieſe Dienſte muͤhſam ſeyn. Da- hero wird kein Wolluͤſtiger leichte zum ſitzefleiſch oder zu tieffſiinniger meditation, oder zu weit- laͤufftigen Schrifften/ oder zur information der Jugend zu bringen ſeyn oder ſich ſchicken; Son- dern wenn es hoch koͤmmt/ wird er geſchickt ſeyn ein feſtin, comœdie, opere u. ſ. w. zu dirigi- ren/ ein Gedicht ſonderlich in verliebter ma- teria zu machen/ ſchmeichlende Lob-Reden zu verfertigen u. ſ. w. 44. So folget demnach dieſes hieraus/ conti- O
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0221" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und denen daraus flieſſenden Untug.</hi></fw><lb/> daß es ſchwer zu gehe eine Sache ordentlich und<lb/> in Grund aus zu unterſuchen/ ſondern <hi rendition="#fr">daß es fein<lb/> oben hin geſchehe</hi> und mehr in <hi rendition="#aq">Concluſioni-<lb/> bus</hi> als <hi rendition="#aq">fundamentis</hi> ſich auffhalte; <hi rendition="#fr">daß es<lb/> ſehr gerne</hi> <hi rendition="#aq">varire</hi> und nicht leicht uͤber einer <hi rendition="#aq">ma-<lb/> terie</hi> beſtaͤndig bleibe/ und wenn eine kaum an-<lb/> gefangen iſt/ dieſelbe balde wieder liegen laſſe/<lb/> daß es mehr <hi rendition="#fr">ſein Vergnuͤgen in</hi> <hi rendition="#aq">converſation</hi><lb/> aber in einer freyen und luſtigen <hi rendition="#fr">mit gelehrten<lb/> Leuten</hi> als in Buͤchern ſuche; <hi rendition="#fr">daß es dennoch<lb/> auff dieſe falle</hi> wenn es jene nicht haben kan/<lb/> damit dem Wolluͤſtigen <hi rendition="#fr">die Zeit nicht lange<lb/> werde;</hi> daß es bloß geſchehe den Wolluͤſtigen<lb/><hi rendition="#fr">zu vergnuͤgen/ und in einer</hi> <hi rendition="#aq">Converſation</hi><lb/><hi rendition="#fr">ſich der Geſellſchafft angenehm zu machen/</hi><lb/> nicht aber andern Menſchen dadurch zu dienen/<lb/> zumahl wenn dieſe Dienſte muͤhſam ſeyn. Da-<lb/> hero wird kein Wolluͤſtiger leichte zum ſitzefleiſch<lb/> oder zu tieffſiinniger <hi rendition="#aq">meditation,</hi> oder zu weit-<lb/> laͤufftigen Schrifften/ oder zur <hi rendition="#aq">information</hi> der<lb/> Jugend zu bringen ſeyn oder ſich ſchicken; Son-<lb/> dern wenn es hoch koͤmmt/ wird er geſchickt ſeyn<lb/><hi rendition="#fr">ein</hi> <hi rendition="#aq">feſtin, comœdie, opere</hi> <hi rendition="#fr">u. ſ. w. zu</hi> <hi rendition="#aq">dirigi-</hi><lb/><hi rendition="#fr">ren/ ein Gedicht ſonderlich in verliebter</hi> <hi rendition="#aq">ma-<lb/> teria</hi> <hi rendition="#fr">zu machen/ ſchmeichlende Lob-Reden<lb/> zu verfertigen u. ſ. w.</hi></p><lb/> <p>44. So folget demnach dieſes hieraus/<lb/> daß <hi rendition="#fr">ein Wolluͤſtiger nicht nothwendig muͤſſe<lb/> ſeine Luſt am ſtudiren haben/</hi> ſondern daß er<lb/> auch koͤnne alle ſein dichten und trachten auff<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">conti-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0221]
und denen daraus flieſſenden Untug.
daß es ſchwer zu gehe eine Sache ordentlich und
in Grund aus zu unterſuchen/ ſondern daß es fein
oben hin geſchehe und mehr in Concluſioni-
bus als fundamentis ſich auffhalte; daß es
ſehr gerne varire und nicht leicht uͤber einer ma-
terie beſtaͤndig bleibe/ und wenn eine kaum an-
gefangen iſt/ dieſelbe balde wieder liegen laſſe/
daß es mehr ſein Vergnuͤgen in converſation
aber in einer freyen und luſtigen mit gelehrten
Leuten als in Buͤchern ſuche; daß es dennoch
auff dieſe falle wenn es jene nicht haben kan/
damit dem Wolluͤſtigen die Zeit nicht lange
werde; daß es bloß geſchehe den Wolluͤſtigen
zu vergnuͤgen/ und in einer Converſation
ſich der Geſellſchafft angenehm zu machen/
nicht aber andern Menſchen dadurch zu dienen/
zumahl wenn dieſe Dienſte muͤhſam ſeyn. Da-
hero wird kein Wolluͤſtiger leichte zum ſitzefleiſch
oder zu tieffſiinniger meditation, oder zu weit-
laͤufftigen Schrifften/ oder zur information der
Jugend zu bringen ſeyn oder ſich ſchicken; Son-
dern wenn es hoch koͤmmt/ wird er geſchickt ſeyn
ein feſtin, comœdie, opere u. ſ. w. zu dirigi-
ren/ ein Gedicht ſonderlich in verliebter ma-
teria zu machen/ ſchmeichlende Lob-Reden
zu verfertigen u. ſ. w.
44. So folget demnach dieſes hieraus/
daß ein Wolluͤſtiger nicht nothwendig muͤſſe
ſeine Luſt am ſtudiren haben/ ſondern daß er
auch koͤnne alle ſein dichten und trachten auff
conti-
O
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |