Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ Dinge lieber bezahlet; sondern auch deswegen/daß er solche zu einer solchen Wohllust oder Ehr- Geitz/ anzuwenden gesinnet ist/ darfür haupt- sächlich ein Wohllüstiger oder Ehr-Geitziger ei- nen Abscheu haben würde. Die Erbarkeit ver- bietet mir/ daß ich nicht deutlicher schreiben kan/ so wohl auch die Vorsichtigkeit/ weil viel Men- schen/ die vor der blinden Welt in Ehr-Anse- hen stehen/ und meinen/ ihre Laster auch bey klu- gen Leuten zu verbergen/ mit solchen Dingen behafftet sind. Aber liese nur dieses gantze Ca- pitel mit Fleiß durch/ so wirst du schon begreiffen/ was ich meine. 21. Gleichwohl ist nicht nöthig/ daß wir bloß
Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ Dinge lieber bezahlet; ſondern auch deswegen/daß er ſolche zu einer ſolchen Wohlluſt oder Ehr- Geitz/ anzuwenden geſinnet iſt/ darfuͤr haupt- ſaͤchlich ein Wohlluͤſtiger oder Ehr-Geitziger ei- nen Abſcheu haben wuͤrde. Die Erbarkeit ver- bietet mir/ daß ich nicht deutlicher ſchreiben kan/ ſo wohl auch die Vorſichtigkeit/ weil viel Men- ſchen/ die vor der blinden Welt in Ehr-Anſe- hen ſtehen/ und meinen/ ihre Laſter auch bey klu- gen Leuten zu verbergen/ mit ſolchen Dingen behafftet ſind. Aber lieſe nur dieſes gantze Ca- pitel mit Fleiß durch/ ſo wirſt du ſchon begreiffen/ was ich meine. 21. Gleichwohl iſt nicht noͤthig/ daß wir bloß
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Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
Dinge lieber bezahlet; ſondern auch deswegen/
daß er ſolche zu einer ſolchen Wohlluſt oder Ehr-
Geitz/ anzuwenden geſinnet iſt/ darfuͤr haupt-
ſaͤchlich ein Wohlluͤſtiger oder Ehr-Geitziger ei-
nen Abſcheu haben wuͤrde. Die Erbarkeit ver-
bietet mir/ daß ich nicht deutlicher ſchreiben kan/
ſo wohl auch die Vorſichtigkeit/ weil viel Men-
ſchen/ die vor der blinden Welt in Ehr-Anſe-
hen ſtehen/ und meinen/ ihre Laſter auch bey klu-
gen Leuten zu verbergen/ mit ſolchen Dingen
behafftet ſind. Aber lieſe nur dieſes gantze Ca-
pitel mit Fleiß durch/ ſo wirſt du ſchon begreiffen/
was ich meine.
21. Gleichwohl iſt nicht noͤthig/ daß wir
deswegen den Geld-Geitz an und fuͤr ſich ſelb-
ſten ſolten in ſo viel unterſchiedene Arten
eintheilen/ als Creaturen nach dem Men-
ſchen ſind; ſondern es iſt die Liebe derſelben/
wenn ſie ſtaͤrcker iſt/ als die Liebe der Menſchen/
nur eine Anzeigung/ daß ein Menſch viel Geld-
Geitz habe. Eigentlich aber concentriret ſich
doch aller Geitz auf das Geld/ weil man da-
durch alle Sachen erlangen kan/ und weil ſel-
biges alſo das centrum iſt/ in dem alle andere
Creaturen dem Werthe nach zuſammen lauf-
fen. Weswegen nicht alleine dieſe Gemuͤths-
Neigung den Namen des Geitzes bekom-
men/ ſondern auch bey denen Menſchen/ da
der Geld-Geitz die andern Paſſiones in einen ho-
hen Grad uͤbertrifft/ zu ſpuͤren iſt/ daß ſie
bloß
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