Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

und denen daher rührenden Untugenden.
Freunde zu trennen/ sondern vielmehr durch Ver-
einigung seines eigenen Hertzens mit ihnen bey-
den zu bekräfftigen. Ein Wohllüstiger und
Ehr-Geitziger dürffen zwar eben kein groß Ver-
trauen auf die Hertzen ihrer wohllüstigen und
Ehr-geitzigen Freunde setzen; Aber es weiß doch
ein Wohllüstiger/ daß ein anderer Wohllüsti-
ger nicht leichte das Band ihrer Freundschafft
trennen/ sondern vielmehr sich mit ihnen beyden
als Wohllüstigen vereinigen werde/ ein Ehr-
Geitziger und Geld-Geitziger aber sich nicht groß
bekümmere/ ihm seinen wohllüstigen Freund ab-
spenstig zu machen/ auch sein wohllüstiger Freund
selbst wenig Lust haben werde/ ihn zu quittiren/
und einem Ehr-Geitzigen/ am wenigsten aber ei-
nem Geld-Geitzigen anzuhangen. Es weiß ein
Ehr-Geitziger/ daß ein Geld-Geitziger und
Wohllüstiger sich nicht bekümmern werde/ das
Hertz seines Ehr-Geitzigen Freundes von ihm ab-
zureissen; Er weiß/ daß sein Ehr-geitziger Freund
nicht von ihm zu einen Wohllüstigen und Geld-
Geitzigen übergehen werde. Und also hat er
sich nur für einen andern Ehr-Geitzigen in acht zu
nehmen/ und seine List dahin zu poussiren/ daß
dieser seinen Zweck nicht erreiche. Aber ein Geld-
Geitziger
kan anfänglich gar kein Vertrauen
auf seinen Geld-Sack/ auf sein Pferd/ auf sei-
nen Hund u. s. w. setzen. Denn sein Hertz hän-
get zwar an dem Geld und Gut/ aber das Geld
und Gut hat kein Hertz das wieder an ihm hienge:

Und
S 5

und denen daher ruͤhrenden Untugenden.
Freunde zu trennen/ ſondern vielmehr durch Ver-
einigung ſeines eigenen Hertzens mit ihnen bey-
den zu bekraͤfftigen. Ein Wohlluͤſtiger und
Ehr-Geitziger duͤrffen zwar eben kein groß Ver-
trauen auf die Hertzen ihrer wohlluͤſtigen und
Ehr-geitzigen Freunde ſetzen; Aber es weiß doch
ein Wohlluͤſtiger/ daß ein anderer Wohlluͤſti-
ger nicht leichte das Band ihrer Freundſchafft
trennen/ ſondern vielmehr ſich mit ihnen beyden
als Wohlluͤſtigen vereinigen werde/ ein Ehr-
Geitziger und Geld-Geitziger aber ſich nicht groß
bekuͤmmere/ ihm ſeinen wohlluͤſtigen Freund ab-
ſpenſtig zu machen/ auch ſein wohlluͤſtiger Freund
ſelbſt wenig Luſt haben werde/ ihn zu quittiren/
und einem Ehr-Geitzigen/ am wenigſten aber ei-
nem Geld-Geitzigen anzuhangen. Es weiß ein
Ehr-Geitziger/ daß ein Geld-Geitziger und
Wohlluͤſtiger ſich nicht bekuͤmmern werde/ das
Hertz ſeines Ehr-Geitzigen Freundes von ihm ab-
zureiſſen; Er weiß/ daß ſein Ehr-geitziger Freund
nicht von ihm zu einen Wohlluͤſtigen und Geld-
Geitzigen uͤbergehen werde. Und alſo hat er
ſich nur fuͤr einen andern Ehr-Geitzigen in acht zu
nehmen/ und ſeine Liſt dahin zu pouſſiren/ daß
dieſer ſeinen Zweck nicht erreiche. Aber ein Geld-
Geitziger
kan anfaͤnglich gar kein Vertrauen
auf ſeinen Geld-Sack/ auf ſein Pferd/ auf ſei-
nen Hund u. ſ. w. ſetzen. Denn ſein Hertz haͤn-
get zwar an dem Geld und Gut/ aber das Geld
und Gut hat kein Hertz das wieder an ihm hienge:

Und
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0293" n="281"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und denen daher ru&#x0364;hrenden Untugenden.</hi></fw><lb/>
Freunde zu trennen/ &#x017F;ondern vielmehr durch Ver-<lb/>
einigung &#x017F;eines eigenen Hertzens mit ihnen bey-<lb/>
den zu bekra&#x0364;fftigen. Ein <hi rendition="#fr">Wohllu&#x0364;&#x017F;tiger</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Ehr-Geitziger</hi> du&#x0364;rffen zwar eben kein groß Ver-<lb/>
trauen auf die Hertzen ihrer wohllu&#x0364;&#x017F;tigen und<lb/>
Ehr-geitzigen Freunde &#x017F;etzen; Aber es weiß doch<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Wohllu&#x0364;&#x017F;tiger/</hi> daß ein anderer Wohllu&#x0364;&#x017F;ti-<lb/>
ger nicht leichte das Band ihrer Freund&#x017F;chafft<lb/>
trennen/ &#x017F;ondern vielmehr &#x017F;ich mit ihnen beyden<lb/>
als Wohllu&#x0364;&#x017F;tigen vereinigen werde/ ein Ehr-<lb/>
Geitziger und Geld-Geitziger aber &#x017F;ich nicht groß<lb/>
beku&#x0364;mmere/ ihm &#x017F;einen wohllu&#x0364;&#x017F;tigen Freund ab-<lb/>
&#x017F;pen&#x017F;tig zu machen/ auch &#x017F;ein wohllu&#x0364;&#x017F;tiger Freund<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t wenig Lu&#x017F;t haben werde/ ihn zu <hi rendition="#aq">quittir</hi>en/<lb/>
und einem Ehr-Geitzigen/ am wenig&#x017F;ten aber ei-<lb/>
nem Geld-Geitzigen anzuhangen. Es weiß ein<lb/><hi rendition="#fr">Ehr-Geitziger/</hi> daß ein Geld-Geitziger und<lb/>
Wohllu&#x0364;&#x017F;tiger &#x017F;ich nicht beku&#x0364;mmern werde/ das<lb/>
Hertz &#x017F;eines Ehr-Geitzigen Freundes von ihm ab-<lb/>
zurei&#x017F;&#x017F;en; Er weiß/ daß &#x017F;ein Ehr-geitziger Freund<lb/>
nicht von ihm zu einen Wohllu&#x0364;&#x017F;tigen und Geld-<lb/>
Geitzigen u&#x0364;bergehen werde. Und al&#x017F;o hat er<lb/>
&#x017F;ich nur fu&#x0364;r einen andern Ehr-Geitzigen in acht zu<lb/>
nehmen/ und &#x017F;eine Li&#x017F;t dahin zu <hi rendition="#aq">pou&#x017F;&#x017F;ir</hi>en/ daß<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;einen Zweck nicht erreiche. Aber ein <hi rendition="#fr">Geld-<lb/>
Geitziger</hi> kan anfa&#x0364;nglich gar kein Vertrauen<lb/>
auf &#x017F;einen Geld-Sack/ auf &#x017F;ein Pferd/ auf &#x017F;ei-<lb/>
nen Hund u. &#x017F;. w. &#x017F;etzen. Denn &#x017F;ein Hertz ha&#x0364;n-<lb/>
get zwar an dem Geld und Gut/ aber das Geld<lb/>
und Gut hat kein Hertz das wieder an ihm hienge:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0293] und denen daher ruͤhrenden Untugenden. Freunde zu trennen/ ſondern vielmehr durch Ver- einigung ſeines eigenen Hertzens mit ihnen bey- den zu bekraͤfftigen. Ein Wohlluͤſtiger und Ehr-Geitziger duͤrffen zwar eben kein groß Ver- trauen auf die Hertzen ihrer wohlluͤſtigen und Ehr-geitzigen Freunde ſetzen; Aber es weiß doch ein Wohlluͤſtiger/ daß ein anderer Wohlluͤſti- ger nicht leichte das Band ihrer Freundſchafft trennen/ ſondern vielmehr ſich mit ihnen beyden als Wohlluͤſtigen vereinigen werde/ ein Ehr- Geitziger und Geld-Geitziger aber ſich nicht groß bekuͤmmere/ ihm ſeinen wohlluͤſtigen Freund ab- ſpenſtig zu machen/ auch ſein wohlluͤſtiger Freund ſelbſt wenig Luſt haben werde/ ihn zu quittiren/ und einem Ehr-Geitzigen/ am wenigſten aber ei- nem Geld-Geitzigen anzuhangen. Es weiß ein Ehr-Geitziger/ daß ein Geld-Geitziger und Wohlluͤſtiger ſich nicht bekuͤmmern werde/ das Hertz ſeines Ehr-Geitzigen Freundes von ihm ab- zureiſſen; Er weiß/ daß ſein Ehr-geitziger Freund nicht von ihm zu einen Wohlluͤſtigen und Geld- Geitzigen uͤbergehen werde. Und alſo hat er ſich nur fuͤr einen andern Ehr-Geitzigen in acht zu nehmen/ und ſeine Liſt dahin zu pouſſiren/ daß dieſer ſeinen Zweck nicht erreiche. Aber ein Geld- Geitziger kan anfaͤnglich gar kein Vertrauen auf ſeinen Geld-Sack/ auf ſein Pferd/ auf ſei- nen Hund u. ſ. w. ſetzen. Denn ſein Hertz haͤn- get zwar an dem Geld und Gut/ aber das Geld und Gut hat kein Hertz das wieder an ihm hienge: Und S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/293
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/293>, abgerufen am 22.11.2024.