Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

der drey Haupt-Laster.
durch eine außer denen Regeln der Menschli-
chen Vernunfft schwebenden fatalität gehin-
dert werde sein Glücke zu machen/ und seine
Geschicklichkeit der Welt zu zeigen; Da hinge-
gen einen andern verwegenen oder thörichten so
zu reden immer eine Gelegenheit nach der an-
dern die Hand bietet/ oder da selbiger die schön-
ste Gelegenheit/ groß/ reich und vergnügt zu wer-
den aus den Händen gehen läßt/ die ein anderer/
wenn er nur den geringsten Theil davon hätte/
besser brauchen würde: Dannenhero saget
man insgemein. Dieser hat mehr Glücke als
Recht. Dieser ist unglücklich. Dieser weiß
seine Gelegenheit nicht recht zu nutzen. u. s. w.
Die Gelegenheit zu Glück/ Ehre/ Reichthum ist
öffters wie das Crocodil/ welches vor einem Men-
schen so es jaget/ fliehet/ aber einem der es fliehet
nachjaget.

25. Und dieses kömmt wohl mehrentheils von
der unvernünfftigen Liebe mit her/ daß wir
durch derselben Antrieb nicht die Gelegenheit
brauchen die uns Gott giebet/
und die uns
wohl nütze wäre/ oder zu anderer Menschen
Nutzen könte angeführet werden: sondern daß
wir durch unsere Begierden auff Gelegenheiten
fallen/ die uns schädlich sind oder andern Leuten
schaden. Wir sind insgemein so geartet/ daß wir
andere Geschöpffe und andere Menschen/ inglei-
chen dero thun und lassen/ nach uns einrichten
wollen/ da es doch unmöglich und thöricht ist/

sol-
Y

der drey Haupt-Laſter.
durch eine außer denen Regeln der Menſchli-
chen Vernunfft ſchwebenden fatalitaͤt gehin-
dert werde ſein Gluͤcke zu machen/ und ſeine
Geſchicklichkeit der Welt zu zeigen; Da hinge-
gen einen andern verwegenen oder thoͤrichten ſo
zu reden immer eine Gelegenheit nach der an-
dern die Hand bietet/ oder da ſelbiger die ſchoͤn-
ſte Gelegenheit/ groß/ reich und vergnuͤgt zu wer-
den aus den Haͤnden gehen laͤßt/ die ein anderer/
wenn er nur den geringſten Theil davon haͤtte/
beſſer brauchen wuͤrde: Dannenhero ſaget
man insgemein. Dieſer hat mehr Gluͤcke als
Recht. Dieſer iſt ungluͤcklich. Dieſer weiß
ſeine Gelegenheit nicht recht zu nutzen. u. ſ. w.
Die Gelegenheit zu Gluͤck/ Ehre/ Reichthum iſt
oͤffters wie das Crocodil/ welches vor einem Men-
ſchen ſo es jaget/ fliehet/ aber einem der es fliehet
nachjaget.

25. Und dieſes koͤm̃t wohl mehrentheils von
der unvernuͤnfftigen Liebe mit her/ daß wir
durch derſelben Antrieb nicht die Gelegenheit
brauchen die uns Gott giebet/
und die uns
wohl nuͤtze waͤre/ oder zu anderer Menſchen
Nutzen koͤnte angefuͤhret werden: ſondern daß
wir durch unſere Begierden auff Gelegenheiten
fallen/ die uns ſchaͤdlich ſind oder andern Leuten
ſchaden. Wir ſind insgemein ſo geartet/ daß wir
andere Geſchoͤpffe und andere Menſchen/ inglei-
chen dero thun und laſſen/ nach uns einrichten
wollen/ da es doch unmoͤglich und thoͤricht iſt/

ſol-
Y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der drey Haupt-La&#x017F;ter.</hi></fw><lb/>
durch eine außer denen Regeln der Men&#x017F;chli-<lb/>
chen Vernunfft &#x017F;chwebenden <hi rendition="#aq">fatali</hi>ta&#x0364;t gehin-<lb/>
dert werde &#x017F;ein Glu&#x0364;cke zu machen/ und &#x017F;eine<lb/>
Ge&#x017F;chicklichkeit der Welt zu zeigen; Da hinge-<lb/>
gen einen andern verwegenen oder tho&#x0364;richten &#x017F;o<lb/>
zu reden immer eine Gelegenheit nach der an-<lb/>
dern die Hand bietet/ oder da &#x017F;elbiger die &#x017F;cho&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;te Gelegenheit/ groß/ reich und vergnu&#x0364;gt zu wer-<lb/>
den aus den Ha&#x0364;nden gehen la&#x0364;ßt/ die ein anderer/<lb/>
wenn er nur den gering&#x017F;ten Theil davon ha&#x0364;tte/<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er brauchen wu&#x0364;rde: Dannenhero &#x017F;aget<lb/>
man insgemein. Die&#x017F;er hat mehr Glu&#x0364;cke als<lb/>
Recht. Die&#x017F;er i&#x017F;t unglu&#x0364;cklich. Die&#x017F;er weiß<lb/>
&#x017F;eine Gelegenheit nicht recht zu nutzen. u. &#x017F;. w.<lb/>
Die Gelegenheit zu Glu&#x0364;ck/ Ehre/ Reichthum i&#x017F;t<lb/>
o&#x0364;ffters wie das Crocodil/ welches vor einem Men-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;o es jaget/ fliehet/ aber einem der es fliehet<lb/>
nachjaget.</p><lb/>
        <p>25. Und die&#x017F;es ko&#x0364;m&#x0303;t wohl mehrentheils von<lb/>
der <hi rendition="#fr">unvernu&#x0364;nfftigen Liebe</hi> mit her/ daß wir<lb/>
durch der&#x017F;elben Antrieb nicht die <hi rendition="#fr">Gelegenheit<lb/>
brauchen die uns Gott giebet/</hi> und die uns<lb/>
wohl nu&#x0364;tze wa&#x0364;re/ oder zu anderer Men&#x017F;chen<lb/>
Nutzen ko&#x0364;nte angefu&#x0364;hret werden: &#x017F;ondern daß<lb/>
wir durch un&#x017F;ere Begierden auff Gelegenheiten<lb/>
fallen/ die uns &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;ind oder andern Leuten<lb/>
&#x017F;chaden. Wir &#x017F;ind insgemein &#x017F;o geartet/ daß wir<lb/>
andere Ge&#x017F;cho&#x0364;pffe und andere Men&#x017F;chen/ inglei-<lb/>
chen dero thun und la&#x017F;&#x017F;en/ nach uns einrichten<lb/>
wollen/ da es doch unmo&#x0364;glich und tho&#x0364;richt i&#x017F;t/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ol-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0349] der drey Haupt-Laſter. durch eine außer denen Regeln der Menſchli- chen Vernunfft ſchwebenden fatalitaͤt gehin- dert werde ſein Gluͤcke zu machen/ und ſeine Geſchicklichkeit der Welt zu zeigen; Da hinge- gen einen andern verwegenen oder thoͤrichten ſo zu reden immer eine Gelegenheit nach der an- dern die Hand bietet/ oder da ſelbiger die ſchoͤn- ſte Gelegenheit/ groß/ reich und vergnuͤgt zu wer- den aus den Haͤnden gehen laͤßt/ die ein anderer/ wenn er nur den geringſten Theil davon haͤtte/ beſſer brauchen wuͤrde: Dannenhero ſaget man insgemein. Dieſer hat mehr Gluͤcke als Recht. Dieſer iſt ungluͤcklich. Dieſer weiß ſeine Gelegenheit nicht recht zu nutzen. u. ſ. w. Die Gelegenheit zu Gluͤck/ Ehre/ Reichthum iſt oͤffters wie das Crocodil/ welches vor einem Men- ſchen ſo es jaget/ fliehet/ aber einem der es fliehet nachjaget. 25. Und dieſes koͤm̃t wohl mehrentheils von der unvernuͤnfftigen Liebe mit her/ daß wir durch derſelben Antrieb nicht die Gelegenheit brauchen die uns Gott giebet/ und die uns wohl nuͤtze waͤre/ oder zu anderer Menſchen Nutzen koͤnte angefuͤhret werden: ſondern daß wir durch unſere Begierden auff Gelegenheiten fallen/ die uns ſchaͤdlich ſind oder andern Leuten ſchaden. Wir ſind insgemein ſo geartet/ daß wir andere Geſchoͤpffe und andere Menſchen/ inglei- chen dero thun und laſſen/ nach uns einrichten wollen/ da es doch unmoͤglich und thoͤricht iſt/ ſol- Y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/349
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/349>, abgerufen am 24.11.2024.