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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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der drey Hauptlaster.
ben als jene. Er wird mehr Begierde haben das
jenige zuessen/ woran Geldgeitzige und Wohllü-
stige nicht so guten Geschmack finden. Mit einem
Wort/ nach dem Unterscheid der Vermischun-
gen der Begierden/ sind auch der Magen und
anderes Eingeweide der Menschen nach ihren
Beschaffenheiten/ ja das Blut selbst unterschie-
den. Und weil demnach der Mensch durch alles
sein Thun/ durch sein sehen/ hören/ riechen/ essen
und trincken/ dencken/ ja so zusagen durch sein O-
them hohlen seine Begierden nehret/ und keine
euserliche Gewalt ausser GOtt so starck ist/ daß
sie dieselben/ so lange der Mensche sein Leben hat/
solte verringern oder vermehren können; als blei-
bet unser Satz feste/ daß die Mixtur der Mensch-
lichen Begierden in stetwährender proportion
und Ordnung bleibe/ als er selbige mit auff die
Welt gebracht.

59. Zwar kan die Gelegenheit und Ge-
wohnheit
wohl eine kleine Weile verursachen/
daß die herrschenden Gemüths-Neigungen ge-
hindert
werden/ durch euserliches Thun und
Lassen auszudunsten z. e. Wenn ein Ehrgeitziger
seinen Zorn aus respect seiner Obern oder aus
Furcht der Straffe verbeissen muß/ oder daß die
geringste Gemüths-Neigung starck angefeuret
wird/ als wenn eben derselbige Ehrgeitzige durch
eine Gelegenheit starck zur Wohllust gereitzet
wird: Aber dadurch werden die Wurtzein oder
der Saame der Gemüths-Neigungen und Be-

gier-
Bb 2

der drey Hauptlaſter.
ben als jene. Er wird mehr Begierde haben das
jenige zueſſen/ woran Geldgeitzige und Wohlluͤ-
ſtige nicht ſo guten Geſchmack finden. Mit einem
Wort/ nach dem Unterſcheid der Vermiſchun-
gen der Begierden/ ſind auch der Magen und
anderes Eingeweide der Menſchen nach ihren
Beſchaffenheiten/ ja das Blut ſelbſt unterſchie-
den. Und weil demnach der Menſch durch alles
ſein Thun/ durch ſein ſehen/ hoͤren/ riechen/ eſſen
und trincken/ dencken/ ja ſo zuſagen durch ſein O-
them hohlen ſeine Begierden nehret/ und keine
euſerliche Gewalt auſſer GOtt ſo ſtarck iſt/ daß
ſie dieſelben/ ſo lange der Menſche ſein Leben hat/
ſolte verringern oder vermehren koͤnnen; als blei-
bet unſer Satz feſte/ daß die Mixtur der Menſch-
lichen Begierden in ſtetwaͤhrender proportion
und Ordnung bleibe/ als er ſelbige mit auff die
Welt gebracht.

59. Zwar kan die Gelegenheit und Ge-
wohnheit
wohl eine kleine Weile verurſachen/
daß die herrſchenden Gemuͤths-Neigungen ge-
hindert
werden/ durch euſerliches Thun und
Laſſen auszudunſten z. e. Wenn ein Ehrgeitziger
ſeinen Zorn aus reſpect ſeiner Obern oder aus
Furcht der Straffe verbeiſſen muß/ oder daß die
geringſte Gemuͤths-Neigung ſtarck angefeuret
wird/ als wenn eben derſelbige Ehrgeitzige durch
eine Gelegenheit ſtarck zur Wohlluſt gereitzet
wird: Aber dadurch werden die Wurtzein oder
der Saame der Gemuͤths-Neigungen und Be-

gier-
Bb 2
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[387/0399] der drey Hauptlaſter. ben als jene. Er wird mehr Begierde haben das jenige zueſſen/ woran Geldgeitzige und Wohlluͤ- ſtige nicht ſo guten Geſchmack finden. Mit einem Wort/ nach dem Unterſcheid der Vermiſchun- gen der Begierden/ ſind auch der Magen und anderes Eingeweide der Menſchen nach ihren Beſchaffenheiten/ ja das Blut ſelbſt unterſchie- den. Und weil demnach der Menſch durch alles ſein Thun/ durch ſein ſehen/ hoͤren/ riechen/ eſſen und trincken/ dencken/ ja ſo zuſagen durch ſein O- them hohlen ſeine Begierden nehret/ und keine euſerliche Gewalt auſſer GOtt ſo ſtarck iſt/ daß ſie dieſelben/ ſo lange der Menſche ſein Leben hat/ ſolte verringern oder vermehren koͤnnen; als blei- bet unſer Satz feſte/ daß die Mixtur der Menſch- lichen Begierden in ſtetwaͤhrender proportion und Ordnung bleibe/ als er ſelbige mit auff die Welt gebracht. 59. Zwar kan die Gelegenheit und Ge- wohnheit wohl eine kleine Weile verurſachen/ daß die herrſchenden Gemuͤths-Neigungen ge- hindert werden/ durch euſerliches Thun und Laſſen auszudunſten z. e. Wenn ein Ehrgeitziger ſeinen Zorn aus reſpect ſeiner Obern oder aus Furcht der Straffe verbeiſſen muß/ oder daß die geringſte Gemuͤths-Neigung ſtarck angefeuret wird/ als wenn eben derſelbige Ehrgeitzige durch eine Gelegenheit ſtarck zur Wohlluſt gereitzet wird: Aber dadurch werden die Wurtzein oder der Saame der Gemuͤths-Neigungen und Be- gier- Bb 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/399>, abgerufen am 24.11.2024.