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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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des Müßiggangs.
lich gedultig. Und wenn er Hoffnung hat in ei-
nem halben Jahre loß zu kommen/ wird er so
zusagen eine gedultige Freude die ersten Monate
empfinden. Der letzte Monat ist ihm schon län-
ger als die ersten fünffe/ und der letzte Tag so lang
als ein Monat. Wenn ein Bräutigam lange
Zeit von seiner Braut abwesend gewesen/ wird
ihm die letzte viertel Meile bey seiner Wieder-
kunfft länger scheinen als etliche Meilen. Wie-
derumb wenn das Ende eines guten oder die Zu-
kunfft eines verdrießlichen Dinges annahet/ da
wir vernünfftiger Weise die Zeit wohl anlegen/
und eben weil sie kurtz ist uns mit der Gegenwär-
tigkeit des Guten belustigen/ oder mit der Abwe-
senheit des Bösen trösten solten/ machet die när-
rische Ungedult abermahl/ daß uns die Zeit viel
kürtzer vorkömmt als sie ist/ und daß wir uns für
der Zeit unglücklich machen. Ein furchtsamer
Febricitante empfindet sein Fieber eine Stunde
eher/ als es würcklich kömmt/ und ein törichter
Verliebter/ der noch eine halbe Stunde übrig
hat bey seiner Geliebten zu seyn/ fängt schon an zu
klagen/ als wenn er schon würcklich den aus der
Scheidung entstehenden Schmertzen empfände/
und eben diese Furcht macht/ daß er ihn auch war-
hafftig empfindet.

20. Aber wir müssen uns wieder zu dem
Müßiggang wenden. Wir mögen sein und der
Arbeitsamkeit Wesen auff allen Enden überle-
gen/ so dürfte wol das Wesen des Müßiggangs

in
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des Muͤßiggangs.
lich gedultig. Und wenn er Hoffnung hat in ei-
nem halben Jahre loß zu kommen/ wird er ſo
zuſagen eine gedultige Freude die erſten Monate
empfinden. Der letzte Monat iſt ihm ſchon laͤn-
ger als die erſten fuͤnffe/ und der letzte Tag ſo lang
als ein Monat. Wenn ein Braͤutigam lange
Zeit von ſeiner Braut abweſend geweſen/ wird
ihm die letzte viertel Meile bey ſeiner Wieder-
kunfft laͤnger ſcheinen als etliche Meilen. Wie-
derumb wenn das Ende eines guten oder die Zu-
kunfft eines verdrießlichen Dinges annahet/ da
wir vernuͤnfftiger Weiſe die Zeit wohl anlegen/
und eben weil ſie kurtz iſt uns mit der Gegenwaͤr-
tigkeit des Guten beluſtigen/ oder mit der Abwe-
ſenheit des Boͤſen troͤſten ſolten/ machet die naͤr-
riſche Ungedult abermahl/ daß uns die Zeit viel
kuͤrtzer vorkoͤmmt als ſie iſt/ und daß wir uns fuͤr
der Zeit ungluͤcklich machen. Ein furchtſamer
Febricitante empfindet ſein Fieber eine Stunde
eher/ als es wuͤrcklich koͤmmt/ und ein toͤrichter
Verliebter/ der noch eine halbe Stunde uͤbrig
hat bey ſeiner Geliebten zu ſeyn/ faͤngt ſchon an zu
klagen/ als wenn er ſchon wuͤrcklich den aus der
Scheidung entſtehenden Schmertzen empfaͤnde/
und eben dieſe Furcht macht/ daß er ihn auch war-
hafftig empfindet.

20. Aber wir muͤſſen uns wieder zu dem
Muͤßiggang wenden. Wir moͤgen ſein und der
Arbeitſamkeit Weſen auff allen Enden uͤberle-
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[409/0421] des Muͤßiggangs. lich gedultig. Und wenn er Hoffnung hat in ei- nem halben Jahre loß zu kommen/ wird er ſo zuſagen eine gedultige Freude die erſten Monate empfinden. Der letzte Monat iſt ihm ſchon laͤn- ger als die erſten fuͤnffe/ und der letzte Tag ſo lang als ein Monat. Wenn ein Braͤutigam lange Zeit von ſeiner Braut abweſend geweſen/ wird ihm die letzte viertel Meile bey ſeiner Wieder- kunfft laͤnger ſcheinen als etliche Meilen. Wie- derumb wenn das Ende eines guten oder die Zu- kunfft eines verdrießlichen Dinges annahet/ da wir vernuͤnfftiger Weiſe die Zeit wohl anlegen/ und eben weil ſie kurtz iſt uns mit der Gegenwaͤr- tigkeit des Guten beluſtigen/ oder mit der Abwe- ſenheit des Boͤſen troͤſten ſolten/ machet die naͤr- riſche Ungedult abermahl/ daß uns die Zeit viel kuͤrtzer vorkoͤmmt als ſie iſt/ und daß wir uns fuͤr der Zeit ungluͤcklich machen. Ein furchtſamer Febricitante empfindet ſein Fieber eine Stunde eher/ als es wuͤrcklich koͤmmt/ und ein toͤrichter Verliebter/ der noch eine halbe Stunde uͤbrig hat bey ſeiner Geliebten zu ſeyn/ faͤngt ſchon an zu klagen/ als wenn er ſchon wuͤrcklich den aus der Scheidung entſtehenden Schmertzen empfaͤnde/ und eben dieſe Furcht macht/ daß er ihn auch war- hafftig empfindet. 20. Aber wir muͤſſen uns wieder zu dem Muͤßiggang wenden. Wir moͤgen ſein und der Arbeitſamkeit Weſen auff allen Enden uͤberle- gen/ ſo duͤrfte wol das Weſen des Muͤßiggangs in Cc 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/421>, abgerufen am 26.11.2024.