Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.Beschluß. muth und Sanfftmuth zu ertragen/ und mitdem Heyland bereit zu seyn/ auch für die Gottlo- sen und für die Feinde das Leben zu lassen/ dazu gehöret der gröste Grad der glückseligen Ru- he/ der ein Mensch in dieser Welt theilhafftig wer- den kan/ denn die noch schwach seyn/ ruffen bil- lig aus: Ab odio Theologico libera nos Domi- ne. Dieser starcke Grad aber bestehet darinnen/ daß die Göttl. Gnade den Funcken vernünffti- ger Liebe so starck angefeuret/ und zur Göttli- chen Liebe gemacht/ daß er nicht nur über die sonst herrschenden sündlichen Gemüths-Neigun- gen erhaben wird/ und sie zu beherrschen an- fängt/ sondern auch/ daß er durch die Gnade GOttes dieselben dergestalt entkräfftet/ und durch tägliche Creutzigung seiner Lüste und Be- gierden dergestalt vollkommen worden/ daß er den ihm in diesem Leben zwar noch beywohnenden Saamen der Sünde dennoch/ weil ihn die Gnade GOttes gefangen hält/ bey nahe nicht fühlet/ wie etwan ein unwiedergebohrner/ roher und im höchsten Grad böser Mensch/ den ihm beywohnenden Funcken der vernünfftigen Liebe eine Zeit lang fast nicht empfindet. Und also/ da der innerliche Feind gedämpffet ist/ sind die äus- serlichen Feinde unvermögend ihm Schaden zu thun. Die Beraubung der Güter und die Lan- des-Verjagung thut ihm nichts/ denn sein Geld- Geitz liegt zu Boden/ und er ist mit der Armuth seines Heilandes gewaffnet: Die Beschim- pfung
Beſchluß. muth und Sanfftmuth zu ertragen/ und mitdem Heyland bereit zu ſeyn/ auch fuͤr die Gottlo- ſen und fuͤr die Feinde das Leben zu laſſen/ dazu gehoͤret der groͤſte Grad der gluͤckſeligen Ru- he/ der ein Menſch in dieſer Welt theilhafftig wer- den kan/ denn die noch ſchwach ſeyn/ ruffen bil- lig aus: Ab odio Theologico libera nos Domi- ne. Dieſer ſtarcke Grad aber beſtehet darinnen/ daß die Goͤttl. Gnade den Funcken vernuͤnffti- ger Liebe ſo ſtarck angefeuret/ und zur Goͤttli- chen Liebe gemacht/ daß er nicht nur uͤber die ſonſt herrſchenden ſuͤndlichen Gemuͤths-Neigun- gen erhaben wird/ und ſie zu beherrſchen an- faͤngt/ ſondern auch/ daß er durch die Gnade GOttes dieſelben dergeſtalt entkraͤfftet/ und durch taͤgliche Creutzigung ſeiner Luͤſte und Be- gierden dergeſtalt vollkommen worden/ daß er den ihm in dieſem Leben zwar noch beywohnenden Saamen der Suͤnde dennoch/ weil ihn die Gnade GOttes gefangen haͤlt/ bey nahe nicht fuͤhlet/ wie etwan ein unwiedergebohrner/ roher und im hoͤchſten Grad boͤſer Menſch/ den ihm beywohnenden Funcken der vernuͤnfftigen Liebe eine Zeit lang faſt nicht empfindet. Und alſo/ da der innerliche Feind gedaͤmpffet iſt/ ſind die aͤuſ- ſerlichen Feinde unvermoͤgend ihm Schaden zu thun. Die Beraubung der Guͤter und die Lan- des-Verjagung thut ihm nichts/ denn ſein Geld- Geitz liegt zu Boden/ und er iſt mit der Armuth ſeines Heilandes gewaffnet: Die Beſchim- pfung
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Beſchluß.
muth und Sanfftmuth zu ertragen/ und mit
dem Heyland bereit zu ſeyn/ auch fuͤr die Gottlo-
ſen und fuͤr die Feinde das Leben zu laſſen/ dazu
gehoͤret der groͤſte Grad der gluͤckſeligen Ru-
he/ der ein Menſch in dieſer Welt theilhafftig wer-
den kan/ denn die noch ſchwach ſeyn/ ruffen bil-
lig aus: Ab odio Theologico libera nos Domi-
ne. Dieſer ſtarcke Grad aber beſtehet darinnen/
daß die Goͤttl. Gnade den Funcken vernuͤnffti-
ger Liebe ſo ſtarck angefeuret/ und zur Goͤttli-
chen Liebe gemacht/ daß er nicht nur uͤber die
ſonſt herrſchenden ſuͤndlichen Gemuͤths-Neigun-
gen erhaben wird/ und ſie zu beherrſchen an-
faͤngt/ ſondern auch/ daß er durch die Gnade
GOttes dieſelben dergeſtalt entkraͤfftet/ und
durch taͤgliche Creutzigung ſeiner Luͤſte und Be-
gierden dergeſtalt vollkommen worden/ daß er
den ihm in dieſem Leben zwar noch beywohnenden
Saamen der Suͤnde dennoch/ weil ihn die
Gnade GOttes gefangen haͤlt/ bey nahe nicht
fuͤhlet/ wie etwan ein unwiedergebohrner/ roher
und im hoͤchſten Grad boͤſer Menſch/ den ihm
beywohnenden Funcken der vernuͤnfftigen Liebe
eine Zeit lang faſt nicht empfindet. Und alſo/ da
der innerliche Feind gedaͤmpffet iſt/ ſind die aͤuſ-
ſerlichen Feinde unvermoͤgend ihm Schaden zu
thun. Die Beraubung der Guͤter und die Lan-
des-Verjagung thut ihm nichts/ denn ſein Geld-
Geitz liegt zu Boden/ und er iſt mit der Armuth
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