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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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andern die Warheit beyzubringen.
die allgemeine Ruhe verletzet werden wür-
de/ wenn die Unterweisung iederman freystün-
de/ und denen/ die hierzu absonderlich beruffen/
nicht allein überlassen würde.

3. Du darffst dir nur kühnlich einbilden/ daß
alle diejenigen/ die dich dadurch an deinen gu-
tes Vorsatz abhalten wollen/ solches zu keinem
andern Ende thun/ als weil sie in denen allge-
meinen Jrrthümern
noch gleichsam ver-
graben
stecken/ oder aber/ weil sie vorsetzlicher
Weise das Reich der Finsterniß zu verthei-
digen
suchen/ und wohl erkennen/ daß demsel-
ben und dem praejudicio menschlicher auto-
rit
ät/ und folglich vielleicht ihren eigenen in-
teresse
und Ansehen kein grösserer Schade
geschehen könte; als wenn man einen ieden/ der
was rechts gelernet hat/ seine Wissenschafft
andern mitzutheilen vergönnet.

4. Und gewiß/ wenn du an solche Leute be-
gehren woltest/ sie solten dir doch gegründete
Ursachen
vorbringen/ warum dieses löbliche
Vorhaben unrecht seyn solte/ werden sie dir
nichts mehr vorhalten/ als daß sie dich auff die
gemeine exempel, die heut zu Tage vorkom-
men/ verweisen/ indem beynahe durchgehends
die Freyheit zu Lehren dem der solche nicht mit

Gelde

andern die Warheit beyzubringen.
die allgemeine Ruhe verletzet werden wuͤr-
de/ wenn die Unterweiſung iederman freyſtuͤn-
de/ und denen/ die hierzu abſonderlich beruffen/
nicht allein uͤberlaſſen wuͤrde.

3. Du darffſt dir nur kuͤhnlich einbilden/ daß
alle diejenigen/ die dich dadurch an deinen gu-
tes Vorſatz abhalten wollen/ ſolches zu keinem
andern Ende thun/ als weil ſie in denen allge-
meinen Jrrthuͤmern
noch gleichſam ver-
graben
ſtecken/ oder aber/ weil ſie vorſetzlicher
Weiſe das Reich der Finſterniß zu verthei-
digen
ſuchen/ und wohl erkennen/ daß demſel-
ben und dem præjudicio menſchlicher auto-
rit
aͤt/ und folglich vielleicht ihren eigenen in-
tereſſe
und Anſehen kein groͤſſerer Schade
geſchehen koͤnte; als wenn man einen ieden/ der
was rechts gelernet hat/ ſeine Wiſſenſchafft
andern mitzutheilen vergoͤnnet.

4. Und gewiß/ wenn du an ſolche Leute be-
gehren wolteſt/ ſie ſolten dir doch gegruͤndete
Urſachen
vorbringen/ warum dieſes loͤbliche
Vorhaben unrecht ſeyn ſolte/ werden ſie dir
nichts mehr vorhalten/ als daß ſie dich auff die
gemeine exempel, die heut zu Tage vorkom-
men/ verweiſen/ indem beynahe durchgehends
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[75/0101] andern die Warheit beyzubringen. die allgemeine Ruhe verletzet werden wuͤr- de/ wenn die Unterweiſung iederman freyſtuͤn- de/ und denen/ die hierzu abſonderlich beruffen/ nicht allein uͤberlaſſen wuͤrde. 3. Du darffſt dir nur kuͤhnlich einbilden/ daß alle diejenigen/ die dich dadurch an deinen gu- tes Vorſatz abhalten wollen/ ſolches zu keinem andern Ende thun/ als weil ſie in denen allge- meinen Jrrthuͤmern noch gleichſam ver- graben ſtecken/ oder aber/ weil ſie vorſetzlicher Weiſe das Reich der Finſterniß zu verthei- digen ſuchen/ und wohl erkennen/ daß demſel- ben und dem præjudicio menſchlicher auto- ritaͤt/ und folglich vielleicht ihren eigenen in- tereſſe und Anſehen kein groͤſſerer Schade geſchehen koͤnte; als wenn man einen ieden/ der was rechts gelernet hat/ ſeine Wiſſenſchafft andern mitzutheilen vergoͤnnet. 4. Und gewiß/ wenn du an ſolche Leute be- gehren wolteſt/ ſie ſolten dir doch gegruͤndete Urſachen vorbringen/ warum dieſes loͤbliche Vorhaben unrecht ſeyn ſolte/ werden ſie dir nichts mehr vorhalten/ als daß ſie dich auff die gemeine exempel, die heut zu Tage vorkom- men/ verweiſen/ indem beynahe durchgehends die Freyheit zu Lehren dem der ſolche nicht mit Gelde

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/101>, abgerufen am 24.11.2024.