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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 2. H. von der Geschickligkeit
verhalten solle/ wenn die Anzahl 20. und mehr
ist. Denn hier will es nicht wohl angehen/
daß man die bißhero gerühmte methode
mit continuirlichen Fragen und examiniren
anbringe/ weil man sehr langsam herum kom-
men/ und die Zuhörer solchergestalt wenig Nu-
tzen davon haben/ auch nicht einmahl sehr at-
tent
werden würden.

123. So muß auch ein Lehrer beobachten/
daß es nicht fehlen könne/ daß nicht bey einer
Menge von Zuhörern die ingenia nothwen-
dig von unterschiedener Gattung
und un-
gleicher capacität seyn müßen.

124. Weil es dann bey dieser Bewandniß
nicht möglich ist/ daß ein Lehrer praecise nach
aller ihrer capacität sich in Lehren auff das ge-
naueste richten könne/ auch allbereit zwar oben
erwehnet worden/ daß das continuirliche di-
scuriren
vielen inconvenientien unterworffen
sey/ gleichwohl aber bey einer Menge Audi-
torum
man keinen bessern Weg hat als das
discuriren, (denn das dictiren haben wir
schon oben als untüchtig gantz ausgemertzt/)
so kanstu leicht absehen/ daß man bey dem di-
scurs
ein solch temperament treffen müsse/
daß man den vorgesetzten Zweck doch zum we-

nig-

Das 2. H. von der Geſchickligkeit
verhalten ſolle/ wenn die Anzahl 20. und mehr
iſt. Denn hier will es nicht wohl angehen/
daß man die bißhero geruͤhmte methode
mit continuirlichen Fragen und examiniren
anbringe/ weil man ſehr langſam herum kom-
men/ und die Zuhoͤrer ſolchergeſtalt wenig Nu-
tzen davon haben/ auch nicht einmahl ſehr at-
tent
werden wuͤrden.

123. So muß auch ein Lehrer beobachten/
daß es nicht fehlen koͤnne/ daß nicht bey einer
Menge von Zuhoͤrern die ingenia nothwen-
dig von unterſchiedener Gattung
und un-
gleicher capacitaͤt ſeyn muͤßen.

124. Weil es dann bey dieſer Bewandniß
nicht moͤglich iſt/ daß ein Lehrer præcisè nach
aller ihrer capacitaͤt ſich in Lehren auff das ge-
naueſte richten koͤnne/ auch allbereit zwar oben
erwehnet worden/ daß das continuirliche di-
ſcuriren
vielen inconvenientien unterworffen
ſey/ gleichwohl aber bey einer Menge Audi-
torum
man keinen beſſern Weg hat als das
diſcuriren, (denn das dictiren haben wir
ſchon oben als untuͤchtig gantz ausgemertzt/)
ſo kanſtu leicht abſehen/ daß man bey dem di-
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[134/0160] Das 2. H. von der Geſchickligkeit verhalten ſolle/ wenn die Anzahl 20. und mehr iſt. Denn hier will es nicht wohl angehen/ daß man die bißhero geruͤhmte methode mit continuirlichen Fragen und examiniren anbringe/ weil man ſehr langſam herum kom- men/ und die Zuhoͤrer ſolchergeſtalt wenig Nu- tzen davon haben/ auch nicht einmahl ſehr at- tent werden wuͤrden. 123. So muß auch ein Lehrer beobachten/ daß es nicht fehlen koͤnne/ daß nicht bey einer Menge von Zuhoͤrern die ingenia nothwen- dig von unterſchiedener Gattung und un- gleicher capacitaͤt ſeyn muͤßen. 124. Weil es dann bey dieſer Bewandniß nicht moͤglich iſt/ daß ein Lehrer præcisè nach aller ihrer capacitaͤt ſich in Lehren auff das ge- naueſte richten koͤnne/ auch allbereit zwar oben erwehnet worden/ daß das continuirliche di- ſcuriren vielen inconvenientien unterworffen ſey/ gleichwohl aber bey einer Menge Audi- torum man keinen beſſern Weg hat als das diſcuriren, (denn das dictiren haben wir ſchon oben als untuͤchtig gantz ausgemertzt/) ſo kanſtu leicht abſehen/ daß man bey dem di- ſcurs ein ſolch temperament treffen muͤſſe/ daß man den vorgeſetzten Zweck doch zum we- nig-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/160>, abgerufen am 21.11.2024.