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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. von der Geschickligkeit
geln nehmen/ uns derselben in Auslegung
dunckeler Reden zu bedienen?
Hier ist zu-
forderst zu wissen/ daß wir dieselben nimmer-
mehr auff unstreitige Warheiten grunden
können/ weil wir weder vermittelst der allge-
meinen Sinnligkeiten anderer Menschen ih-
re Gedancken unmittelbar begreiffen/ noch
durch die ideas oder abstractiones die dem
gantzen Menschlichen Geschlecht gemein sind/
eines andern seine Gedancken errathen kön-
nen. Sondern weil die Gedancken der Men-
schen unendlich von einander unterschieden
sind/ so hat eben aus der Ursache der Schöpf-
fer denen Menschen die Rede eingepflantzet/
daß sie damit als mit deutlichen Signis ein-
ander ihre Gedancken eröffnen.

57/ Nun ist es aber mit der Natur des
Menschen also bewand/ daß wenn schon die-
selbigen ihre Rede noch so deutlich einrichten/
dennoch bey andern dadurch keine unstreiti-
ge
Erkäntnüß erwecket wird/ in dem wegen
der allgemeinen Boßheit es leichte geschehen
kan/ daß ein Mensch anders redet/ als er ge-
dencket/ und solcher gestalt wird auch aus de-
nen aller deutlichsten Reden der Menschen/
wenn es hoch kömmt/ nichts anders als eine

de-

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
geln nehmen/ uns derſelben in Auslegung
dunckeler Reden zu bedienen?
Hier iſt zu-
forderſt zu wiſſen/ daß wir dieſelben nimmer-
mehr auff unſtreitige Warheiten grunden
koͤnnen/ weil wir weder vermittelſt der allge-
meinen Sinnligkeiten anderer Menſchen ih-
re Gedancken unmittelbar begreiffen/ noch
durch die ideas oder abſtractiones die dem
gantzen Menſchlichen Geſchlecht gemein ſind/
eines andern ſeine Gedancken errathen koͤn-
nen. Sondern weil die Gedancken der Men-
ſchen unendlich von einander unterſchieden
ſind/ ſo hat eben aus der Urſache der Schoͤpf-
fer denen Menſchen die Rede eingepflantzet/
daß ſie damit als mit deutlichen Signis ein-
ander ihre Gedancken eroͤffnen.

57/ Nun iſt es aber mit der Natur des
Menſchen alſo bewand/ daß wenn ſchon die-
ſelbigen ihre Rede noch ſo deutlich einrichten/
dennoch bey andern dadurch keine unſtreiti-
ge
Erkaͤntnuͤß erwecket wird/ in dem wegen
der allgemeinen Boßheit es leichte geſchehen
kan/ daß ein Menſch anders redet/ als er ge-
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[174/0200] Das 3. H. von der Geſchickligkeit geln nehmen/ uns derſelben in Auslegung dunckeler Reden zu bedienen? Hier iſt zu- forderſt zu wiſſen/ daß wir dieſelben nimmer- mehr auff unſtreitige Warheiten grunden koͤnnen/ weil wir weder vermittelſt der allge- meinen Sinnligkeiten anderer Menſchen ih- re Gedancken unmittelbar begreiffen/ noch durch die ideas oder abſtractiones die dem gantzen Menſchlichen Geſchlecht gemein ſind/ eines andern ſeine Gedancken errathen koͤn- nen. Sondern weil die Gedancken der Men- ſchen unendlich von einander unterſchieden ſind/ ſo hat eben aus der Urſache der Schoͤpf- fer denen Menſchen die Rede eingepflantzet/ daß ſie damit als mit deutlichen Signis ein- ander ihre Gedancken eroͤffnen. 57/ Nun iſt es aber mit der Natur des Menſchen alſo bewand/ daß wenn ſchon die- ſelbigen ihre Rede noch ſo deutlich einrichten/ dennoch bey andern dadurch keine unſtreiti- ge Erkaͤntnuͤß erwecket wird/ in dem wegen der allgemeinen Boßheit es leichte geſchehen kan/ daß ein Menſch anders redet/ als er ge- dencket/ und ſolcher geſtalt wird auch aus de- nen aller deutlichſten Reden der Menſchen/ wenn es hoch koͤmmt/ nichts anders als eine de-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/200>, abgerufen am 24.11.2024.