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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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Das 3. H. Von der Geschickligkeit
Mensch zugleich an zwey Dinge geden-
cken/ oder zwey unterschiedliche Gedan-
cken haben solle.
Ja wenn es vergönnet
wäre/ mit einem Worte zwey unterschiedene
Gedancken dem andern zuverstehen zugeben/
würden viel Leute durch diese Zweydeutigkeit
betrogen/ und also die menschliche Gesell-
schafft gröblich verletzet werden.

133. Alleine dieser Einwurff hat nicht viel
auff sich. Es ist freylich wahr/ ein Mensch
kan nicht zugleich an zwey unterschiedene Din-
ge gedencken/ aber es ist auch gleichwohl nichts
geschwinder als die Gedancken/ und im ge-
meinen Leben und Wandel nimmt man die
Augenblicke etwas weitläufftiger/ daß ein
Mensch in denenselben gar wohl zwey unter-
schiedene Dinge gedencken kan. Zu dem ist
es ein grosser Unterschied: Jn einem Angen-
blick an zwey unterschiedene Dinge geden-
cken/ und zwey unterschiedene Gedancken
in einer Rede vorstellen.

134. Hiernechst aber ist es freylich unrecht/
wenn ein Mensch durch die Zweydeutigkeit
seiner Worte andere Leute betriegen wolte/
weswegen auch im Handel und Wandel der-
gleichen Zweydeutigkeit nicht zu gebrauchen;

Aber

Das 3. H. Von der Geſchickligkeit
Menſch zugleich an zwey Dinge geden-
cken/ oder zwey unterſchiedliche Gedan-
cken haben ſolle.
Ja wenn es vergoͤnnet
waͤre/ mit einem Worte zwey unterſchiedene
Gedancken dem andern zuverſtehen zugeben/
wuͤrden viel Leute durch dieſe Zweydeutigkeit
betrogen/ und alſo die menſchliche Geſell-
ſchafft groͤblich verletzet werden.

133. Alleine dieſer Einwurff hat nicht viel
auff ſich. Es iſt freylich wahr/ ein Menſch
kan nicht zugleich an zwey unterſchiedene Din-
ge gedencken/ aber es iſt auch gleichwohl nichts
geſchwinder als die Gedancken/ und im ge-
meinen Leben und Wandel nimmt man die
Augenblicke etwas weitlaͤufftiger/ daß ein
Menſch in denenſelben gar wohl zwey unter-
ſchiedene Dinge gedencken kan. Zu dem iſt
es ein groſſer Unterſchied: Jn einem Angen-
blick an zwey unterſchiedene Dinge geden-
cken/ und zwey unterſchiedene Gedancken
in einer Rede vorſtellen.

134. Hiernechſt aber iſt es freylich unrecht/
wenn ein Menſch durch die Zweydeutigkeit
ſeiner Worte andere Leute betriegen wolte/
weswegen auch im Handel und Wandel der-
gleichen Zweydeutigkeit nicht zu gebrauchen;

Aber
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[218/0244] Das 3. H. Von der Geſchickligkeit Menſch zugleich an zwey Dinge geden- cken/ oder zwey unterſchiedliche Gedan- cken haben ſolle. Ja wenn es vergoͤnnet waͤre/ mit einem Worte zwey unterſchiedene Gedancken dem andern zuverſtehen zugeben/ wuͤrden viel Leute durch dieſe Zweydeutigkeit betrogen/ und alſo die menſchliche Geſell- ſchafft groͤblich verletzet werden. 133. Alleine dieſer Einwurff hat nicht viel auff ſich. Es iſt freylich wahr/ ein Menſch kan nicht zugleich an zwey unterſchiedene Din- ge gedencken/ aber es iſt auch gleichwohl nichts geſchwinder als die Gedancken/ und im ge- meinen Leben und Wandel nimmt man die Augenblicke etwas weitlaͤufftiger/ daß ein Menſch in denenſelben gar wohl zwey unter- ſchiedene Dinge gedencken kan. Zu dem iſt es ein groſſer Unterſchied: Jn einem Angen- blick an zwey unterſchiedene Dinge geden- cken/ und zwey unterſchiedene Gedancken in einer Rede vorſtellen. 134. Hiernechſt aber iſt es freylich unrecht/ wenn ein Menſch durch die Zweydeutigkeit ſeiner Worte andere Leute betriegen wolte/ weswegen auch im Handel und Wandel der- gleichen Zweydeutigkeit nicht zu gebrauchen; Aber

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/244>, abgerufen am 21.11.2024.