Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. H. von der Geschickligkeit
tung obiger Regeln zuweilen aus andern
Umständen abnehmen kan. z. e. Wenn einer
von Jrrthümern redete/ und spräche: Mun-
dus regitur
opinionibus:
Oder wenn einer
dem andern sagen läst/ er solle es nehmen/
wie er wolle.

137. Ja es kan gar geschehen/ daß (ausser
Handel und Wandel) ein Scribent und Au-
tor
einen gantz andern Verstand als die
Worte andeuten
in Sinne gehabt habe/
bey welchen man dannenhero wohl verschla-
gen seyn muß/ denenselben zu erforschen/ weil
hierzu mehr Witz erfordert wird als zu dem
sensu literali, oder dem Verstand der für Au-
gen lieget/
weswegen man ihn auch einen
heimlichen und verborgenen Verstand/
allegoricum & mysticum zu nennen pfle-
get.

138. Und dieses geschiehet gemeiniglich auff
zweyerley weise. Denn entweder intendiret
der Autor etwas herbes und unangenehmes
darunter zu verbergen/ oder nach Gelegenheit
wohl bitterer und beissender zu machen/ wenn
er in Satyrischen Schrifften die Laster lo-
bet/ oder in der general Bestraffung derselben/
oder in Erzehlung einer bistorie von einer

andern

Das 3. H. von der Geſchickligkeit
tung obiger Regeln zuweilen aus andern
Umſtaͤnden abnehmen kan. z. e. Wenn einer
von Jrrthuͤmern redete/ und ſpraͤche: Mun-
dus regitur
opinionibus:
Oder wenn einer
dem andern ſagen laͤſt/ er ſolle es nehmen/
wie er wolle.

137. Ja es kan gar geſchehen/ daß (auſſer
Handel und Wandel) ein Scribent und Au-
tor
einen gantz andern Verſtand als die
Worte andeuten
in Sinne gehabt habe/
bey welchen man dannenhero wohl verſchla-
gen ſeyn muß/ denenſelben zu erforſchen/ weil
hierzu mehr Witz erfordert wird als zu dem
ſenſu literali, oder dem Verſtand der fuͤr Au-
gen lieget/
weswegen man ihn auch einen
heimlichen und verborgenen Verſtand/
allegoricum & myſticum zu nennen pfle-
get.

138. Und dieſes geſchiehet gemeiniglich auff
zweyerley weiſe. Denn entweder intendiret
der Autor etwas herbes und unangenehmes
darunter zu verbergen/ oder nach Gelegenheit
wohl bitterer und beiſſender zu machen/ wenn
er in Satyriſchen Schrifften die Laſter lo-
bet/ oder in der general Beſtraffung derſelben/
oder in Erzehlung einer biſtorie von einer

andern
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0246" n="220"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 3. H. von der Ge&#x017F;chickligkeit</hi></fw><lb/>
tung obiger Regeln zuweilen aus andern<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nden abnehmen kan. z. e. Wenn einer<lb/>
von <hi rendition="#fr">Jrrthu&#x0364;mern</hi> redete/ und &#x017F;pra&#x0364;che: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Mun-<lb/>
dus regitur</hi> opinionibus:</hi> Oder wenn einer<lb/>
dem andern &#x017F;agen la&#x0364;&#x017F;t/ <hi rendition="#fr">er &#x017F;olle es nehmen/<lb/>
wie er wolle.</hi></p><lb/>
        <p>137. Ja es kan gar ge&#x017F;chehen/ daß (au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Handel und Wandel) ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Scribent</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Au-<lb/>
tor</hi></hi> einen <hi rendition="#fr">gantz andern Ver&#x017F;tand als die<lb/>
Worte andeuten</hi> in Sinne gehabt habe/<lb/>
bey welchen man dannenhero wohl ver&#x017F;chla-<lb/>
gen &#x017F;eyn muß/ denen&#x017F;elben zu erfor&#x017F;chen/ weil<lb/>
hierzu mehr Witz erfordert wird als zu dem<lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;u literali,</hi> oder dem Ver&#x017F;tand <hi rendition="#fr">der fu&#x0364;r Au-<lb/>
gen lieget/</hi> weswegen man ihn auch einen<lb/><hi rendition="#fr">heimlichen</hi> und <hi rendition="#fr">verborgenen Ver&#x017F;tand/</hi><lb/><hi rendition="#aq">allegoricum &amp; my&#x017F;ticum</hi> zu nennen pfle-<lb/>
get.</p><lb/>
        <p>138. Und die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet gemeiniglich auff<lb/><hi rendition="#fr">zweyerley</hi> wei&#x017F;e. Denn entweder <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">intendi</hi></hi>ret<lb/>
der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Autor</hi></hi> etwas herbes und unangenehmes<lb/>
darunter zu verbergen/ oder nach Gelegenheit<lb/>
wohl bitterer und bei&#x017F;&#x017F;ender zu machen/ wenn<lb/>
er in <hi rendition="#aq">Satyri</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;chen Schrifften</hi> die La&#x017F;ter lo-<lb/>
bet/ oder in der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">general</hi></hi> Be&#x017F;traffung der&#x017F;elben/<lb/>
oder in Erzehlung einer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">bi&#x017F;torie</hi></hi> von einer<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">andern</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0246] Das 3. H. von der Geſchickligkeit tung obiger Regeln zuweilen aus andern Umſtaͤnden abnehmen kan. z. e. Wenn einer von Jrrthuͤmern redete/ und ſpraͤche: Mun- dus regitur opinionibus: Oder wenn einer dem andern ſagen laͤſt/ er ſolle es nehmen/ wie er wolle. 137. Ja es kan gar geſchehen/ daß (auſſer Handel und Wandel) ein Scribent und Au- tor einen gantz andern Verſtand als die Worte andeuten in Sinne gehabt habe/ bey welchen man dannenhero wohl verſchla- gen ſeyn muß/ denenſelben zu erforſchen/ weil hierzu mehr Witz erfordert wird als zu dem ſenſu literali, oder dem Verſtand der fuͤr Au- gen lieget/ weswegen man ihn auch einen heimlichen und verborgenen Verſtand/ allegoricum & myſticum zu nennen pfle- get. 138. Und dieſes geſchiehet gemeiniglich auff zweyerley weiſe. Denn entweder intendiret der Autor etwas herbes und unangenehmes darunter zu verbergen/ oder nach Gelegenheit wohl bitterer und beiſſender zu machen/ wenn er in Satyriſchen Schrifften die Laſter lo- bet/ oder in der general Beſtraffung derſelben/ oder in Erzehlung einer biſtorie von einer andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/246
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/246>, abgerufen am 21.11.2024.