Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

Bild:
<< vorherige Seite

andere zu verstehen.
schon oben verworffenen Regel; Daß man
von dem eigenen Verstande der Worte
niemahlen abweichen solle.

147. Laß dich diese bißherige Digression
nicht verdriessen/ noch für gar lang vorkom-
men/ denn du wirst bey denen wenigen/ die de
interpretatione
geschrieben haben/ wenig oder
nichts de sensu mystico antreffen/ und wirst doch
gar offte in Conversationen und Büchern
Discurse von dieser Sache pro & contra hören/
aus denen du dich verhoffentlich desto besser wirst
finden können/ wenn du unsere bißherige An-
merckung hiervon etwas genauer betrachten
wirst. Nun wollen wir weiter/ in denen Arten
fortfahren/ wegen welcher eine Schrifft nicht
ausgeleget werden kan.

148. Dieses geschiehet 4. Wenn der Wort-
Verstand so verwirret ist/ daß man keinen
vernünfftigen Verstand nach denen Regeln ei-
ner guten Auslegung daraus bringen kan. z. e.
Wenn einer also gesagt hätte: Wenn mein
Knecht nicht wird mein Erbe seyn/ sol er
mein Erbe und frey seyn.

149. Hierbey aber nimb dich in acht/ daß du
den Verstand einer Rede nicht so für gar ver-
wirret hältst
wenn es derselbige nicht ist. Wir

haben
P

andere zu verſtehen.
ſchon oben verworffenen Regel; Daß man
von dem eigenen Verſtande der Worte
niemahlen abweichen ſolle.

147. Laß dich dieſe bißherige Digreſſion
nicht verdrieſſen/ noch fuͤr gar lang vorkom-
men/ denn du wirſt bey denen wenigen/ die de
interpretatione
geſchrieben haben/ wenig oder
nichts de ſenſu myſtico antreffen/ und wirſt doch
gar offte in Converſationen und Buͤchern
Diſcurſe von dieſer Sache pro & contra hoͤren/
aus denen du dich verhoffentlich deſto beſſer wirſt
finden koͤnnen/ wenn du unſere bißherige An-
merckung hiervon etwas genauer betrachten
wirſt. Nun wollen wir weiter/ in denen Arten
fortfahren/ wegen welcher eine Schrifft nicht
ausgeleget werden kan.

148. Dieſes geſchiehet 4. Wenn der Wort-
Verſtand ſo verwirret iſt/ daß man keinen
vernuͤnfftigen Verſtand nach denen Regeln ei-
ner guten Auslegung daraus bringen kan. z. e.
Wenn einer alſo geſagt haͤtte: Wenn mein
Knecht nicht wird mein Erbe ſeyn/ ſol er
mein Erbe und frey ſeyn.

149. Hierbey aber nimb dich in acht/ daß du
den Verſtand einer Rede nicht ſo fuͤr gar ver-
wirret haͤltſt
wenn es derſelbige nicht iſt. Wir

haben
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0251" n="225"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">andere zu ver&#x017F;tehen.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chon oben verworffenen Regel; <hi rendition="#fr">Daß man<lb/>
von dem eigenen Ver&#x017F;tande der Worte<lb/>
niemahlen abweichen &#x017F;olle.</hi></p><lb/>
        <p>147. Laß dich die&#x017F;e bißherige <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Digre&#x017F;&#x017F;ion</hi></hi><lb/>
nicht verdrie&#x017F;&#x017F;en/ noch fu&#x0364;r gar lang vorkom-<lb/>
men/ denn du wir&#x017F;t bey denen wenigen/ die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de<lb/>
interpretatione</hi></hi> ge&#x017F;chrieben haben/ wenig oder<lb/>
nichts <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">de &#x017F;en&#x017F;u my&#x017F;tico</hi></hi> antreffen/ und wir&#x017F;t doch<lb/>
gar offte in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Conver&#x017F;ation</hi></hi>en und Bu&#x0364;chern<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Di&#x017F;cur&#x017F;</hi></hi>e von die&#x017F;er Sache <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pro &amp; contra</hi></hi> ho&#x0364;ren/<lb/>
aus denen du dich verhoffentlich de&#x017F;to be&#x017F;&#x017F;er wir&#x017F;t<lb/>
finden ko&#x0364;nnen/ wenn du un&#x017F;ere bißherige An-<lb/>
merckung hiervon etwas genauer betrachten<lb/>
wir&#x017F;t. Nun wollen wir weiter/ in denen Arten<lb/>
fortfahren/ wegen welcher eine Schrifft nicht<lb/>
ausgeleget werden kan.</p><lb/>
        <p>148. Die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet 4. Wenn der Wort-<lb/>
Ver&#x017F;tand <hi rendition="#fr">&#x017F;o verwirret</hi> i&#x017F;t/ daß man keinen<lb/>
vernu&#x0364;nfftigen Ver&#x017F;tand nach denen Regeln ei-<lb/>
ner guten Auslegung daraus bringen kan. z. e.<lb/>
Wenn einer al&#x017F;o ge&#x017F;agt ha&#x0364;tte: <hi rendition="#fr">Wenn mein<lb/>
Knecht nicht wird mein Erbe &#x017F;eyn/ &#x017F;ol er<lb/>
mein Erbe und frey &#x017F;eyn.</hi></p><lb/>
        <p>149. Hierbey aber nimb dich in acht/ daß du<lb/>
den Ver&#x017F;tand einer Rede nicht &#x017F;o <hi rendition="#fr">fu&#x0364;r gar ver-<lb/>
wirret ha&#x0364;lt&#x017F;t</hi> wenn es der&#x017F;elbige nicht i&#x017F;t. Wir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">P</hi></fw><fw place="bottom" type="catch">haben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0251] andere zu verſtehen. ſchon oben verworffenen Regel; Daß man von dem eigenen Verſtande der Worte niemahlen abweichen ſolle. 147. Laß dich dieſe bißherige Digreſſion nicht verdrieſſen/ noch fuͤr gar lang vorkom- men/ denn du wirſt bey denen wenigen/ die de interpretatione geſchrieben haben/ wenig oder nichts de ſenſu myſtico antreffen/ und wirſt doch gar offte in Converſationen und Buͤchern Diſcurſe von dieſer Sache pro & contra hoͤren/ aus denen du dich verhoffentlich deſto beſſer wirſt finden koͤnnen/ wenn du unſere bißherige An- merckung hiervon etwas genauer betrachten wirſt. Nun wollen wir weiter/ in denen Arten fortfahren/ wegen welcher eine Schrifft nicht ausgeleget werden kan. 148. Dieſes geſchiehet 4. Wenn der Wort- Verſtand ſo verwirret iſt/ daß man keinen vernuͤnfftigen Verſtand nach denen Regeln ei- ner guten Auslegung daraus bringen kan. z. e. Wenn einer alſo geſagt haͤtte: Wenn mein Knecht nicht wird mein Erbe ſeyn/ ſol er mein Erbe und frey ſeyn. 149. Hierbey aber nimb dich in acht/ daß du den Verſtand einer Rede nicht ſo fuͤr gar ver- wirret haͤltſt wenn es derſelbige nicht iſt. Wir haben P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/251
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/251>, abgerufen am 24.11.2024.