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Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691].

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der Warheit nachzudencken

64. Auff diese Weise wirstu täglich neue
Jrrthümer entdecken/
die du bißher aus
Leichtgläubigkeit oder Ubereilung dich beredet
hattest und wirst anfangen destomehr deine vo-
rige Blindheit zu erkennen und zu begreiffen/
daß die Gelehrheit darinnen bestehe/ wenig
Warheiten und sehr viel Jrrthümer zu ver-
stehen.

65. Und zwar bekümmere dich anfangs
nicht sehr/ wenn du die Grund-Warheiten
gefunden/ bey welcher conclusione remo-
ta
dn anfangen sollest auffzuräumen/ son-
dern nim nur die erste die liebste/ und derer du
nachzudencken die meiste Lust hast. Denn
wenn du bald anfangs gar zu sorgsam we-
gen der Ordnung die hier zu halten wäre/ seyn
woltest/ würdest du nur verdrüßlich und nach-
läßig in deinen guten Vorhaben werden. Zu
dem so braucht man auch in Auffputzung ei-
nes Zimmers uicht eben eine gewisse Ordnung/
sondern du magst zur Rechten oder Lincken/
hinten oder fornen anfangen/ wie es dir am
besten düncket/ wen nur die Sachen die das-
selbige verunzieren ausgeschaffet werden.

66. Ehe wir noch weiter gehen/ so vergiß
nicht/ daß zweiffeln nicht mehr heisse als

wan-
der Warheit nachzudencken

64. Auff dieſe Weiſe wirſtu taͤglich neue
Jrrthuͤmer entdecken/
die du bißher aus
Leichtglaͤubigkeit oder Ubereilung dich beredet
hatteſt und wirſt anfangen deſtomehr deine vo-
rige Blindheit zu erkennen und zu begreiffen/
daß die Gelehrheit darinnen beſtehe/ wenig
Warheiten und ſehr viel Jrrthuͤmer zu ver-
ſtehen.

65. Und zwar bekuͤmmere dich anfangs
nicht ſehr/ wenn du die Grund-Warheiten
gefunden/ bey welcher concluſione remo-
ta
dn anfangen ſolleſt auffzuraͤumen/ ſon-
dern nim nur die erſte die liebſte/ und derer du
nachzudencken die meiſte Luſt haſt. Denn
wenn du bald anfangs gar zu ſorgſam we-
gen der Ordnung die hier zu halten waͤre/ ſeyn
wolteſt/ wuͤrdeſt du nur verdruͤßlich und nach-
laͤßig in deinen guten Vorhaben werden. Zu
dem ſo braucht man auch in Auffputzung ei-
nes Zim̃ers uicht eben eine gewiſſe Ordnung/
ſondern du magſt zur Rechten oder Lincken/
hinten oder fornen anfangen/ wie es dir am
beſten duͤncket/ wen nur die Sachen die daſ-
ſelbige verunzieren ausgeſchaffet werden.

66. Ehe wir noch weiter gehen/ ſo vergiß
nicht/ daß zweiffeln nicht mehr heiſſe als

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[29/0055] der Warheit nachzudencken 64. Auff dieſe Weiſe wirſtu taͤglich neue Jrrthuͤmer entdecken/ die du bißher aus Leichtglaͤubigkeit oder Ubereilung dich beredet hatteſt und wirſt anfangen deſtomehr deine vo- rige Blindheit zu erkennen und zu begreiffen/ daß die Gelehrheit darinnen beſtehe/ wenig Warheiten und ſehr viel Jrrthuͤmer zu ver- ſtehen. 65. Und zwar bekuͤmmere dich anfangs nicht ſehr/ wenn du die Grund-Warheiten gefunden/ bey welcher concluſione remo- ta dn anfangen ſolleſt auffzuraͤumen/ ſon- dern nim nur die erſte die liebſte/ und derer du nachzudencken die meiſte Luſt haſt. Denn wenn du bald anfangs gar zu ſorgſam we- gen der Ordnung die hier zu halten waͤre/ ſeyn wolteſt/ wuͤrdeſt du nur verdruͤßlich und nach- laͤßig in deinen guten Vorhaben werden. Zu dem ſo braucht man auch in Auffputzung ei- nes Zim̃ers uicht eben eine gewiſſe Ordnung/ ſondern du magſt zur Rechten oder Lincken/ hinten oder fornen anfangen/ wie es dir am beſten duͤncket/ wen nur die Sachen die daſ- ſelbige verunzieren ausgeſchaffet werden. 66. Ehe wir noch weiter gehen/ ſo vergiß nicht/ daß zweiffeln nicht mehr heiſſe als wan-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Außübung Der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), [1691], S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungvernunfftlehre_1691/55>, abgerufen am 21.11.2024.