Thomasius, Christian: Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen im gemeinen Leben und Wandel nachahmen solle. [Leipzig], [1690].Herren daran eben so wenig. Ehe man aber bey diesen wenn Wir haben uns in Betrachtung des scavant homme ein schö-
Herren daran eben ſo wenig. Ehe man aber bey dieſen wenn Wir haben uns in Betrachtung des ſcavant homme ein ſchoͤ-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="28"/> Herren daran eben ſo wenig. Ehe man aber bey dieſen wenn<lb/> ſie ſchon <hi rendition="#aq">ſtudiret</hi> haben/ die <hi rendition="#aq">præjudicia</hi> und vorhergefaſte<lb/> Meinungen/ welche ſich auff nichts anders als auff die <hi rendition="#aq">Autori-</hi><lb/> taͤt derer/ von welchen ſie ſolche eingeſogen/ gruͤnden/ ausmiſtet/<lb/> halte ich dafuͤr/ daß man zum wenigſten ein Jahr mehr Zeit ha-<lb/> ben muͤſſe/ welches niemand wunderlich fuͤrkommen wird/ der<lb/> beym <hi rendition="#aq">Carteſio</hi> geleſen/ wieviel derſelbige ſeinem eigenen Ge-<lb/> ſtaͤndnuͤß nach Zeit angewendet/ ſeinen Verſtand von dergleichen<lb/><hi rendition="#aq">impreſſionen</hi> zuſaubern/ ohnerachtet ihm/ wenn man ſeine<lb/><hi rendition="#aq">Philoſophie</hi> etwas genau betrachtet/ noch unterſchiedene/ wie<lb/> wohl wider ſeine gute <hi rendition="#aq">intention,</hi> zuruͤck geblieben.</p><lb/> <p>Wir haben uns in Betrachtung des <hi rendition="#aq">ſcavant homme</hi> ein<lb/> wenig zu lange auffgehalten/ wir werden aber den Vortheil da-<lb/> von haben in denen uͤbrigen Stuͤcken deſto kuͤrtzer zu ſeyn/ weil<lb/> doch/ wenn man es recht heraus ſagen will/ die Wiſſenſchafft der<lb/> Grund zu einem <hi rendition="#aq">bel esprit</hi> und ein noͤthiges Stuͤck davon iſt/<lb/> dieſes beydes aber das natuͤrliche <hi rendition="#aq">judicium</hi> oder <hi rendition="#aq">le bon gout</hi><lb/> trefflich ſchaͤrffet/ und aus dieſen dreyen endlich ein <hi rendition="#aq">parfait<lb/> homme galant</hi> werden kan. So viel <hi rendition="#aq">le bel eſprit</hi> betrifft/<lb/> duͤrfften wir die kürtzeſte Arbeit machen/ wenn wir den <hi rendition="#aq">Bouhours</hi><lb/> folgen wolten/ maſſen wir nur mit zwey Worten ſagen koͤnten/ in<lb/> Franckreich waͤre ſelbige Art heute ſo gemein als die Muͤcken in<lb/> Hundstagen und bey uns hingegen ſo rar/ als ein Donnerwet-<lb/> ter im kaͤlteſten Winter. Er ſaget daß das vorige Jahr hundert<lb/> fuͤr Jtalien an ſchoͤnen Geiſtern ſo fruchtbar geweſen ſey/ als es<lb/> nach <hi rendition="#aq">Auguſti</hi> Zeiten iemahls ſeyn koͤnnen/ das ietzige aber ſey<lb/> fuͤr Franckreich/ indem man mit guten fug ſagen koͤnne/ daß alle<lb/> Weißheit und aller Verſtand von der Welt eintzig und allein<lb/> bey denen Frantzoſen anzutreffen ſey/ und daß alle andere <hi rendition="#aq">Natio-<lb/> nes</hi> gegen die Frantzoſen gerechnet den Kopff mit Gritze gefuͤllet<lb/> haͤtten. Es koͤnne niemand mehr in Franckreich mit ſeinem<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſchoͤ-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0030]
Herren daran eben ſo wenig. Ehe man aber bey dieſen wenn
ſie ſchon ſtudiret haben/ die præjudicia und vorhergefaſte
Meinungen/ welche ſich auff nichts anders als auff die Autori-
taͤt derer/ von welchen ſie ſolche eingeſogen/ gruͤnden/ ausmiſtet/
halte ich dafuͤr/ daß man zum wenigſten ein Jahr mehr Zeit ha-
ben muͤſſe/ welches niemand wunderlich fuͤrkommen wird/ der
beym Carteſio geleſen/ wieviel derſelbige ſeinem eigenen Ge-
ſtaͤndnuͤß nach Zeit angewendet/ ſeinen Verſtand von dergleichen
impreſſionen zuſaubern/ ohnerachtet ihm/ wenn man ſeine
Philoſophie etwas genau betrachtet/ noch unterſchiedene/ wie
wohl wider ſeine gute intention, zuruͤck geblieben.
Wir haben uns in Betrachtung des ſcavant homme ein
wenig zu lange auffgehalten/ wir werden aber den Vortheil da-
von haben in denen uͤbrigen Stuͤcken deſto kuͤrtzer zu ſeyn/ weil
doch/ wenn man es recht heraus ſagen will/ die Wiſſenſchafft der
Grund zu einem bel esprit und ein noͤthiges Stuͤck davon iſt/
dieſes beydes aber das natuͤrliche judicium oder le bon gout
trefflich ſchaͤrffet/ und aus dieſen dreyen endlich ein parfait
homme galant werden kan. So viel le bel eſprit betrifft/
duͤrfften wir die kürtzeſte Arbeit machen/ wenn wir den Bouhours
folgen wolten/ maſſen wir nur mit zwey Worten ſagen koͤnten/ in
Franckreich waͤre ſelbige Art heute ſo gemein als die Muͤcken in
Hundstagen und bey uns hingegen ſo rar/ als ein Donnerwet-
ter im kaͤlteſten Winter. Er ſaget daß das vorige Jahr hundert
fuͤr Jtalien an ſchoͤnen Geiſtern ſo fruchtbar geweſen ſey/ als es
nach Auguſti Zeiten iemahls ſeyn koͤnnen/ das ietzige aber ſey
fuͤr Franckreich/ indem man mit guten fug ſagen koͤnne/ daß alle
Weißheit und aller Verſtand von der Welt eintzig und allein
bey denen Frantzoſen anzutreffen ſey/ und daß alle andere Natio-
nes gegen die Frantzoſen gerechnet den Kopff mit Gritze gefuͤllet
haͤtten. Es koͤnne niemand mehr in Franckreich mit ſeinem
ſchoͤ-
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