Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Ursprung aller menschl. Glückseeligk. 10. So ferne nun der menschliche Verstand 11. Woher und von wem aber kömmt nun macht/
Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk. 10. So ferne nun der menſchliche Verſtand 11. Woher und von wem aber koͤmmt nun macht/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0155" n="123"/> <fw place="top" type="header">Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk.</fw><lb/> <div n="3"> <head>10.</head> <p>So ferne nun der menſchliche Verſtand<lb/> von dieſer erſten gewuͤrckten Sache oder <hi rendition="#aq">ma-<lb/> teria prima</hi> ſich den <hi rendition="#aq">concept</hi> macht/ daß es die<lb/><hi rendition="#fr">erſte</hi> ſey/ ſo muß nothwendig folgen/ daß ſie<lb/><hi rendition="#fr">aus keinem andern Dinge entſtanden/</hi> denn<lb/> ſonſt konte man ſie nicht die erſte nennen. Jſt<lb/> ſie aber aus keinem andern Dinge entſtanden/<lb/> ſo muß ſie nothwendig <hi rendition="#fr">aus nichts</hi> gemachet<lb/> ſeyn. Denn wenn man gleich ſagen wolte/ ſie<lb/> waͤre <hi rendition="#fr">aus GOtt/</hi> ſo muſte dieſes folgen/ daß<lb/> GOtt ſelbſt zugleich die erſte wuͤrckende und<lb/> die erſte gewuͤrckte Sache waͤre/ welches wie<lb/> jetzt gemeldet/ wieder alle Vernunfft iſt/ daß<lb/> GOtt und die gewuͤrckten Dinge (<hi rendition="#aq">cauſa effi-<lb/> ciens prima & materia prima,</hi>) einerley ſeyn<lb/> ſolten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>11.</head> <p>Woher und <hi rendition="#fr">von wem</hi> aber koͤmmt nun<lb/> dieſe erſte <hi rendition="#aq">Materie</hi> her? Entweder <hi rendition="#fr">von GOtt</hi><lb/> oder <hi rendition="#fr">von ſich ſelber.</hi> Zwiſchen dieſen beyden<lb/> kan der Verſtand kein Mittelding begreiffen/<lb/> kaͤme ſie <hi rendition="#fr">von ſich ſelber</hi> her/ ſo waͤre ſie <hi rendition="#fr">GOtt</hi><lb/> ſelbſt/ und lieffe es abermahl auff die jetztgemeldte<lb/><hi rendition="#aq">abſurdi</hi>taͤt hinaus; Ja ſie waͤre keine <hi rendition="#aq">Ma-<lb/> terie</hi> mehr/ weil nach aller <hi rendition="#aq">Philoſophen</hi> Uberein-<lb/> ſtimmung der <hi rendition="#aq">Concept</hi> der <hi rendition="#aq">Materie</hi> zwar <hi rendition="#aq">in feri-</hi><lb/> ret/ daß darinnen etwas gewircket werden koͤn-<lb/> ne/ nicht aber daß ſie ſelbſt fuͤr ſich etwas wir-<lb/> cke. Solchergeſtalt aber iſt nichts mehr uͤbrig/<lb/> als daß ſie <hi rendition="#fr">von GOtt</hi> herkomme/ und daß<lb/><hi rendition="#fr">GOtt dieſe erſte</hi> <hi rendition="#aq">Materie</hi> <hi rendition="#fr">aus nichts ge-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">macht/</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0155]
Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk.
10. So ferne nun der menſchliche Verſtand
von dieſer erſten gewuͤrckten Sache oder ma-
teria prima ſich den concept macht/ daß es die
erſte ſey/ ſo muß nothwendig folgen/ daß ſie
aus keinem andern Dinge entſtanden/ denn
ſonſt konte man ſie nicht die erſte nennen. Jſt
ſie aber aus keinem andern Dinge entſtanden/
ſo muß ſie nothwendig aus nichts gemachet
ſeyn. Denn wenn man gleich ſagen wolte/ ſie
waͤre aus GOtt/ ſo muſte dieſes folgen/ daß
GOtt ſelbſt zugleich die erſte wuͤrckende und
die erſte gewuͤrckte Sache waͤre/ welches wie
jetzt gemeldet/ wieder alle Vernunfft iſt/ daß
GOtt und die gewuͤrckten Dinge (cauſa effi-
ciens prima & materia prima,) einerley ſeyn
ſolten.
11. Woher und von wem aber koͤmmt nun
dieſe erſte Materie her? Entweder von GOtt
oder von ſich ſelber. Zwiſchen dieſen beyden
kan der Verſtand kein Mittelding begreiffen/
kaͤme ſie von ſich ſelber her/ ſo waͤre ſie GOtt
ſelbſt/ und lieffe es abermahl auff die jetztgemeldte
abſurditaͤt hinaus; Ja ſie waͤre keine Ma-
terie mehr/ weil nach aller Philoſophen Uberein-
ſtimmung der Concept der Materie zwar in feri-
ret/ daß darinnen etwas gewircket werden koͤn-
ne/ nicht aber daß ſie ſelbſt fuͤr ſich etwas wir-
cke. Solchergeſtalt aber iſt nichts mehr uͤbrig/
als daß ſie von GOtt herkomme/ und daß
GOtt dieſe erſte Materie aus nichts ge-
macht/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |