Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Liebe anderer Menschen überhaupt. trachtet; als fordern nunmehro Regeln guterOrdnung/ daß wir sehen/ durch was für ein Mittel der Mensch diese Gemüths-Ruhe er- halte/ und sie zuwege bringe. 2. Nun haben wir zwar allbereit oben erweh- Haupt
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt. trachtet; als fordern nunmehro Regeln guterOrdnung/ daß wir ſehen/ durch was fuͤr ein Mittel der Menſch dieſe Gemuͤths-Ruhe er- halte/ und ſie zuwege bringe. 2. Nun haben wir zwar allbereit oben erweh- Haupt
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Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.
trachtet; als fordern nunmehro Regeln guter
Ordnung/ daß wir ſehen/ durch was fuͤr ein
Mittel der Menſch dieſe Gemuͤths-Ruhe er-
halte/ und ſie zuwege bringe.
2. Nun haben wir zwar allbereit oben erweh-
net/ daß die Gemuͤths-Ruhe aus der Liebe an-
derer Menſchen entſprieſſe/ und dieſelbe ſtets-
wehrend wiederumb wuͤrcke. Wir haben auch
ſchon daſelbſt etwas ausfuͤhrlich von der ver-
nuͤnfftigen Liebe gehandelt/ und dieſes parado-
xum klar und deutlich erwieſen/ daß das We-
ſen des Menſchen mehr in einer Liebe anderer
Menſchen/ als in einer ſo genanten Selbſt-Lie-
be beſtehe. Dieweil aber die unterſchiedenen
Meinungen von denen Mitteln die groͤſte Gluͤck-
ſeeligkeit zu erlangen entweder dieſe Liebe mit
einen dunckelern Nahmen der Tugend oder
der tugendlichen Mittel-Maſſe belegen; an-
dere unter einen herrlichern Nahmen der Lie-
be GOttes irrige und von der Gemuͤths-Ruhe
verfuͤhrende Dinge vorgetragen; andere aber
unter dieſer Liebe der Menſchen gefaͤhrlicher
Weiſe eine Beſtialitaͤt/ die das groͤſte Un-
gluͤck mit ſich fuͤhret/ zubedecken geſucht/ und
noch andere die Liebe anderer Creaturen
dieſer Liebe an die Seite zuſetzen bemuͤhet ſind.
Als iſt es wohl noͤthig/ daß wir dieſe Liebe an-
derer Menſchen nochmahlen vor uns nehmen/
und dieſelbe ihren Weſen und Stuͤcken nach
auff das genaueſte Betrachten/ auch in dieſem
Haupt
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