Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Liebe anderer Menschen überhaupt. den und doch von den Bestien auch zu sagenpflegen/ davon müssen wir erstlich an uns zu reden anfangen/ (weil uns unsere eigene Sachen am bekantesten sind) damit wir hernach erkennen mögen/ ob es gleichfalls von den Be- stien in eigenen Verstande gesaget werden könne/ wenn es nehmlich ein Concept ist/ der den Leib angehet/ als den wir mit denen Bestien gemein haben/ oder ob es nur Gleichnißweise von denen Bestien geredet werde/ so ferne es die Seele und Gedancken betrifft/ durch die wir von denen Bestien entschieden seyn. 6. So müssen wir dennoch von der Liebe zu 7. Sie ist ein Verlangen des menschli- 8. Weil nun die Liebe ein Werck des mensch- kan/
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt. den und doch von den Beſtien auch zu ſagenpflegen/ davon muͤſſen wir erſtlich an uns zu reden anfangen/ (weil uns unſere eigene Sachen am bekanteſten ſind) damit wir hernach erkennen moͤgen/ ob es gleichfalls von den Be- ſtien in eigenen Verſtande geſaget werden koͤnne/ wenn es nehmlich ein Concept iſt/ der den Leib angehet/ als den wir mit denen Beſtien gemein haben/ oder ob es nur Gleichnißweiſe von denen Beſtien geredet werde/ ſo ferne es die Seele und Gedancken betrifft/ durch die wir von denen Beſtien entſchieden ſeyn. 6. So muͤſſen wir dennoch von der Liebe zu 7. Sie iſt ein Verlangen des menſchli- 8. Weil nun die Liebe ein Werck des menſch- kan/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0191" n="159"/><fw place="top" type="header">Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.</fw><lb/><hi rendition="#fr">den und doch von den Beſtien auch zu ſagen<lb/> pflegen/ davon muͤſſen wir erſtlich an uns<lb/> zu reden anfangen/</hi> (weil uns unſere eigene<lb/> Sachen am bekanteſten ſind) damit wir hernach<lb/> erkennen moͤgen/ ob es gleichfalls von den Be-<lb/> ſtien <hi rendition="#fr">in eigenen</hi> V<hi rendition="#fr">erſtande</hi> geſaget werden<lb/> koͤnne/ wenn es nehmlich ein <hi rendition="#aq">Concept</hi> iſt/ der <hi rendition="#fr">den<lb/> Leib</hi> angehet/ als den wir mit denen Beſtien<lb/> gemein haben/ oder ob es nur <hi rendition="#fr">Gleichnißweiſe</hi><lb/> von denen Beſtien geredet werde/ ſo ferne es<lb/><hi rendition="#fr">die Seele und Gedancken</hi> betrifft/ durch die wir<lb/> von denen Beſtien entſchieden ſeyn.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>6.</head> <p>So muͤſſen wir dennoch von der Liebe zu<lb/> reden anfangen/ derer <hi rendition="#fr">die Menſchen</hi> faͤhig ſind.<lb/> Und zwar weil dieſelben vielerley zu lieben pfle-<lb/> gen/ <hi rendition="#fr">Gott/ andere</hi> M<hi rendition="#fr">enſchen/ andere geringe-<lb/> re Creaturen/</hi> ſo wollen w<hi rendition="#fr">i</hi>r erſt ſehen/ was <hi rendition="#fr">die<lb/> menſchliche Liebe uͤberhaupt</hi> ſey.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>7.</head> <p>Sie iſt <hi rendition="#fr">ein Verlangen des menſchli-<lb/> chen Willens/ ſich mit demjenigen/ das der<lb/> menſchliche Verſtand fuͤr gut erkennet hat/<lb/> zu vereinigen/ oder in dieſer Vereinigung<lb/> zu bleiben.</hi></p> </div><lb/> <div n="3"> <head>8.</head> <p>Weil nun die Liebe ein Werck des menſch-<lb/> lichen <hi rendition="#fr">Willens</hi> iſt/ der Wille aber zur menſch-<lb/> lichen <hi rendition="#fr">Seele</hi> gehoͤret/ ſo kan <hi rendition="#fr">von denen Be-<lb/> ſtien</hi> nicht anders als <hi rendition="#aq">figur</hi>licher Weiſe geſagt<lb/> werden/ daß ſie etwas lieben/ zumahl dieſes Ver-<lb/> langen ohne <hi rendition="#fr">Gedancken/</hi> daß <hi rendition="#fr">die geliebte Sa-<lb/> che etwas gutes ſey/</hi> nicht <hi rendition="#aq">concipirt</hi> werden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kan/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0191]
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.
den und doch von den Beſtien auch zu ſagen
pflegen/ davon muͤſſen wir erſtlich an uns
zu reden anfangen/ (weil uns unſere eigene
Sachen am bekanteſten ſind) damit wir hernach
erkennen moͤgen/ ob es gleichfalls von den Be-
ſtien in eigenen Verſtande geſaget werden
koͤnne/ wenn es nehmlich ein Concept iſt/ der den
Leib angehet/ als den wir mit denen Beſtien
gemein haben/ oder ob es nur Gleichnißweiſe
von denen Beſtien geredet werde/ ſo ferne es
die Seele und Gedancken betrifft/ durch die wir
von denen Beſtien entſchieden ſeyn.
6. So muͤſſen wir dennoch von der Liebe zu
reden anfangen/ derer die Menſchen faͤhig ſind.
Und zwar weil dieſelben vielerley zu lieben pfle-
gen/ Gott/ andere Menſchen/ andere geringe-
re Creaturen/ ſo wollen wir erſt ſehen/ was die
menſchliche Liebe uͤberhaupt ſey.
7. Sie iſt ein Verlangen des menſchli-
chen Willens/ ſich mit demjenigen/ das der
menſchliche Verſtand fuͤr gut erkennet hat/
zu vereinigen/ oder in dieſer Vereinigung
zu bleiben.
8. Weil nun die Liebe ein Werck des menſch-
lichen Willens iſt/ der Wille aber zur menſch-
lichen Seele gehoͤret/ ſo kan von denen Be-
ſtien nicht anders als figurlicher Weiſe geſagt
werden/ daß ſie etwas lieben/ zumahl dieſes Ver-
langen ohne Gedancken/ daß die geliebte Sa-
che etwas gutes ſey/ nicht concipirt werden
kan/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |