Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Liebe anderer Menschen überhaupt. derlich leblose Dinge dergestalt lieber/ daß manso zu reden gantz ihr Sclave wird/ als wenn sie einen Willen hätten/ der uns befehlen kön- te. Auff diese Art lieben die Geitzigen ihren Geld-Sack. 19. (IV.) Nun haben wir nur noch eine Art 30. Denn auff diese Art lieben die Bestien. die L 5
Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt. derlich lebloſe Dinge dergeſtalt lieber/ daß manſo zu reden gantz ihr Sclave wird/ als wenn ſie einen Willen haͤtten/ der uns befehlen koͤn- te. Auff dieſe Art lieben die Geitzigen ihren Geld-Sack. 19. (IV.) Nun haben wir nur noch eine Art 30. Denn auff dieſe Art lieben die Beſtien. die L 5
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Liebe anderer Menſchen uͤberhaupt.
derlich lebloſe Dinge dergeſtalt lieber/ daß man
ſo zu reden gantz ihr Sclave wird/ als wenn
ſie einen Willen haͤtten/ der uns befehlen koͤn-
te. Auff dieſe Art lieben die Geitzigen ihren
Geld-Sack.
19. (IV.) Nun haben wir nur noch eine Art
unvernuͤnfftiger Liebe uͤbrig/ von der wir aber et-
was ausfuͤhrlicher reden muͤſſen/ damit wir zwi-
ſchen zweyen von der Wahrheit allzuweit aus-
ſchweiffenden Meynungen in der wahren Mittel-
Straſſe bleiben. Wir haben oben geſagt/ daß
der Menſch in der Liebe anderer ſuchen ſolle/ ſeine
Seele mit det Seele anderer Menſchen zu verei-
nigen/ und ſolchergeſtalt kan es nicht fehlen/ es
muͤſſe die Liebe/ in welcher der Menſch auff die
Vereinigung ſeines Leibes mit dem Leibe ande-
rer Menſchen hauptſaͤchlich ſein Abſehen hat/ eine
neue Art unvernuͤnfftiger Liebe abgeben.
30. Denn auff dieſe Art lieben die Beſtien.
Jhr Trieb treibet ſie bloß auff die Vermiſchung
des Leibes mit dem Leibe einer andern Beſtien
an/ ohne daß ſie einen Unterſcheid unter denen
Individuis zu machen pflegen; Wiewohl auch/
was ihren innerlichen Trieb betrifft/ ein weniger
oder gar kein Unterſcheid unter denen Beſtien von
einerley Art zu ſeyn pfleget: Weswegen auch
dieſe Liebe der Beſtien in eigentlichen Verſtand
mehr eine Brunſt als Liebe zu nennen. Jm
Gegentheil aber iſt die menſch liche Natur darin-
nen von denen Beſtien entſchieden/ daß gleichwie
die
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