Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Vorrede. ziehen/ so stehet es ihnen auch frey/und werde ich mich darüber nicht moviren/ weil mir alle ihre Judicia vorkommen werden wie trunckener Leute. Denn wie wolte eine Bestie die Empfindlichkeit und reflexion eines Menschen haben? Derohal- ben sehe ich allbereit zuvor/ daß un- ter allen Ständen die meisten von denen/ die mein Buch lesen werden/ sagen werden/ es sey keine vernünff- tige Liebe in der Welt wie ich be- schrieben/ sondern man müsse selbi- ge in dem zukünfftigen Leben erwar- ten; und hätte ich dannenhero un- weißlich gethan/ der Jugend von ei- ner zeitlichen Glückseligkeit fürzu- schwatzen/ die doch zu erhalten nicht möglich wäre. Aber ich bitte alle diejenigen/ daß sie sich doch nur alle erbare Heyden und Weisen/ als den Seneca, Cicero, Pomponius Atti- cus,
Vorrede. ziehen/ ſo ſtehet es ihnen auch frey/und werde ich mich daruͤber nicht moviren/ weil mir alle ihre Judicia vorkommen werden wie trunckener Leute. Denn wie wolte eine Beſtie die Empfindlichkeit und reflexion eines Menſchen haben? Derohal- ben ſehe ich allbereit zuvor/ daß un- ter allen Staͤnden die meiſten von denen/ die mein Buch leſen werden/ ſagen werden/ es ſey keine vernuͤnff- tige Liebe in der Welt wie ich be- ſchrieben/ ſondern man muͤſſe ſelbi- ge in dem zukuͤnfftigen Leben erwar- ten; und haͤtte ich dannenhero un- weißlich gethan/ der Jugend von ei- ner zeitlichen Gluͤckſeligkeit fuͤrzu- ſchwatzen/ die doch zu erhalten nicht moͤglich waͤre. Aber ich bitte alle diejenigen/ daß ſie ſich doch nur alle erbare Heyden und Weiſen/ als den Seneca, Cicero, Pomponius Atti- cus,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0022"/><fw place="top" type="header">Vorrede.</fw><lb/> ziehen/ ſo ſtehet es ihnen auch frey/<lb/> und werde ich mich daruͤber nicht<lb/><hi rendition="#aq">movi</hi>ren/ weil mir alle ihre <hi rendition="#aq">Judicia</hi><lb/> vorkommen werden wie trunckener<lb/> Leute. Denn wie wolte eine Beſtie<lb/> die Empfindlichkeit und <hi rendition="#aq">reflexion</hi><lb/> eines Menſchen haben? Derohal-<lb/> ben ſehe ich allbereit zuvor/ daß un-<lb/> ter allen Staͤnden die meiſten von<lb/> denen/ die mein Buch leſen werden/<lb/> ſagen werden/ es ſey keine vernuͤnff-<lb/> tige Liebe in der Welt wie ich be-<lb/> ſchrieben/ ſondern man muͤſſe ſelbi-<lb/> ge in dem zukuͤnfftigen Leben erwar-<lb/> ten; und haͤtte ich dannenhero un-<lb/> weißlich gethan/ der Jugend von ei-<lb/> ner zeitlichen Gluͤckſeligkeit fuͤrzu-<lb/> ſchwatzen/ die doch zu erhalten nicht<lb/> moͤglich waͤre. Aber ich bitte alle<lb/> diejenigen/ daß ſie ſich doch nur alle<lb/> erbare Heyden und Weiſen/ als den<lb/><hi rendition="#aq">Seneca, Cicero, Pomponius Atti-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">cus,</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0022]
Vorrede.
ziehen/ ſo ſtehet es ihnen auch frey/
und werde ich mich daruͤber nicht
moviren/ weil mir alle ihre Judicia
vorkommen werden wie trunckener
Leute. Denn wie wolte eine Beſtie
die Empfindlichkeit und reflexion
eines Menſchen haben? Derohal-
ben ſehe ich allbereit zuvor/ daß un-
ter allen Staͤnden die meiſten von
denen/ die mein Buch leſen werden/
ſagen werden/ es ſey keine vernuͤnff-
tige Liebe in der Welt wie ich be-
ſchrieben/ ſondern man muͤſſe ſelbi-
ge in dem zukuͤnfftigen Leben erwar-
ten; und haͤtte ich dannenhero un-
weißlich gethan/ der Jugend von ei-
ner zeitlichen Gluͤckſeligkeit fuͤrzu-
ſchwatzen/ die doch zu erhalten nicht
moͤglich waͤre. Aber ich bitte alle
diejenigen/ daß ſie ſich doch nur alle
erbare Heyden und Weiſen/ als den
Seneca, Cicero, Pomponius Atti-
cus,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |