Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 6. Hauptst. von der absonderlichen wir nur Anfänger darinnen wären; oder daß inGegentheil sie in der Tugend noch nicht so weit gekommen wäre als wir/ und dahero die grösse un- serer Tugend noch nicht vertragen könte. Wir haben schon oben erwehnet/ daß die unterschiede- nen Grade tugendliebender Personen sie in gering- sten nicht an der Tugend hindern/ und daß die Gleichheit der Neigungen zu der Tugend allge- nung sey/ eine wahre zu erwecken. 60. Derowegen ist abermahls aus dieser Ur- 61. Wann denn nach der Behutsamen Gefäl- ten
Das 6. Hauptſt. von der abſonderlichen wir nur Anfaͤnger darinnen waͤren; oder daß inGegentheil ſie in der Tugend noch nicht ſo weit gekommen waͤre als wir/ und dahero die groͤſſe un- ſerer Tugend noch nicht vertragen koͤnte. Wir haben ſchon oben erwehnet/ daß die unterſchiede- nen Grade tugendliebender Peꝛſonen ſie in gering- ſten nicht an der Tugend hindern/ und daß die Gleichheit der Neigungen zu der Tugend allge- nung ſey/ eine wahre zu erwecken. 60. Derowegen iſt abermahls aus dieſer Ur- 61. Wann denn nach der Behutſamen Gefaͤl- ten
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Das 6. Hauptſt. von der abſonderlichen
wir nur Anfaͤnger darinnen waͤren; oder daß in
Gegentheil ſie in der Tugend noch nicht ſo weit
gekommen waͤre als wir/ und dahero die groͤſſe un-
ſerer Tugend noch nicht vertragen koͤnte. Wir
haben ſchon oben erwehnet/ daß die unterſchiede-
nen Grade tugendliebender Peꝛſonen ſie in gering-
ſten nicht an der Tugend hindern/ und daß die
Gleichheit der Neigungen zu der Tugend allge-
nung ſey/ eine wahre zu erwecken.
60. Derowegen iſt abermahls aus dieſer Ur-
ſache abzuſehen/ daß viel Scribenten ihren Con-
cept von einer vernuͤnfftigen Liebe nicht wohl ein-
gerichtet/ wenn ſie in Vorſtellung derſelben ſolche
Perſonen einfuͤhren/ die fuͤr Liebe gegen ein
Frauen-Volck/ das ſie nicht wider lieben
wil kranck werden/ oder wohl gar ſterben.
Zugeſchweigen/ daß es der Vernunfft zu wieder
iſt etwas zu lieben/ daß wir nicht erhalten koͤnnen/
weil die erſte Regel des menſchlichen Willens
darinen beſtehet/ daß wir nichts begehren ſollen/
was uns unmoͤglich iſt.
61. Wann denn nach der Behutſamen Gefaͤl-
ligkeit das Vertrauen bey beyderſeits Perſonen
entſtanden/ und die Hertzen gegen einander bezei-
get/ daß ſie ſich auff beyden theilen zu der Verei-
nigung neigen/ gleichwohl aber dieſelbigen noch
nicht wuͤrcklich vereiniget ſind/ ſondern ein jedes
noch ſeine eigenthuͤmliche Guͤter hat/ und ſo zu
ſagen noch heruͤber ſein Thun und laſſen iſt/ ſo
kan es nicht fehlen/ ſie muͤſſen auff beyden Sei-
ten
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