Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 7. H. von der unterschiedenen 4. Die gleiche Liebe ist wohl so weit stärcker 5. Aber vielleicht finden wir auch einen Unter- von
Das 7. H. von der unterſchiedenen 4. Die gleiche Liebe iſt wohl ſo weit ſtaͤrcker 5. Aber vielleicht finden wir auch einen Unter- von
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Das 7. H. von der unterſchiedenen
4. Die gleiche Liebe iſt wohl ſo weit ſtaͤrcker
als die ungleiche/ weil ihre Vereinigung wegen
der doppelten Gleichheit geſchwinder von ſtatten
gehet/ und alſo der Liebes-Zug ſtaͤrcker iſt; aber
deswegen iſt ſie nicht angenehmer als die un-
gleiche/ weil die Ungleichheit in dieſen beyden lie-
benden Perſonen deſtomehr Empfindligkeit gie-
bet/ ja ſie iſt auch nicht einmahl vortrefflicher/
ſondern es ſcheinet der Vernunfft am gemaͤſſeſten
zu ſeyn/ wenn wir in anſehen der Vortreffligkeit
die gleiche Liebe zweyer Tugend-Schuͤler in
die erſte und unterſte Claſſe/ hernach die unglei-
che in die mittelſte/ und denn in die hoͤchſte
Staffel die gleiche Liebe zweyer Tugendweiſen
ſetzen. Denn die gleiche Liebe zweyer Anfaͤnger
hat noch viel Schwachheiten an ſich/ denen ſie
wegen ihrer Gleichheit nothwendig mehr Nah-
rung geben als ihnen abbrechen. Bey der un-
gleichen aber bemuͤhet ſich der Weiſe ſtetswaͤh-
rend dieſe Schwachheiten ſeines Tugend-Schuͤ-
lers auszubeſſern/ und der Tugend-Schuͤler be-
fleißiget ſich auch ſelbſt/ dieſelben durch Betrach-
tung des guten Exempel ſeines Lehrmeiſters von
Halſe loß zu werden. Jedoch iſt die gleiche Lie-
be zweyer vorirefflicher Leut die allervor-
trefflichſte/ weil ſie dergleichen Schwachheiten
auff beyden theilen gar entuͤbriget iſt.
5. Aber vielleicht finden wir auch einen Unter-
ſcheid unter dieſen unterſchiedenen Arten der Lie-
be/ in Betrachtung der dreyen Tugenden/ da-
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