Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

das Gute u. Böse zu erkennen überhaupt.
gut Gedächtniß mit Verlust oder Verringerung
des judicii, Gelahrheit in äußerlichen Dingen
mit Versäumung der Erkäntniß sein selbst.

130.

Wir haben oben gesagt/ daß die bisherigen
Eintheilungen unterschiedene Grade des Guten
vorstellen würden; und also wollen wir numeh-
ro kürtzlich anzeigen/ welches unter denen bishero
erzehlten Arten die alleredelsten seyn/ nemlich
das ordentliche Gute/ das Gute/ das in Be-
nehmung einer unangenehmen
Sache beste-
het (bonum privativurn) das in Ansehen des
menschlichen Wesens nothwendige Gute/ das
unmittelbahre Gute/ und endlich das würck-
liche
Gute. Auff diese Arten muß ein Mensch
hauptsächlich sein Absehen richten/ und auff die-
selbigen schickt sich auch fürnehmlich unsere gege-
bene Beschreibung des Guten.

131.

Wiewohl in gemeinen Leben und
Wandel
kehret man es durch einen übelen Ge-
brauch gemeiniglich umb. Denn weil die
Menschen mehrentheils in einen ausserordentli-
chen und verderbten Zustande leben/ als achten
sie auch das ausserordentlichen Gute viel hö-
her
als das ordentliche; ja sie gebrauchen sich
des ausserordentlichen Guten auch in dem
ordentlichen Zustande
zum öfftern als einer
Richtschnur zu leben/ da wir doch erwehnet ha-
ben/ daß hierinnen das ausserordentliche Gute
böse sey.

132. Wir
D

das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt.
gut Gedaͤchtniß mit Verluſt oder Verringerung
des judicii, Gelahrheit in aͤußerlichen Dingen
mit Verſaͤumung der Erkaͤntniß ſein ſelbſt.

130.

Wir haben oben geſagt/ daß die bisherigen
Eintheilungen unterſchiedene Grade des Guten
vorſtellen wuͤrden; und alſo wollen wir numeh-
ro kuͤrtzlich anzeigen/ welches unter denen bishero
erzehlten Arten die alleredelſten ſeyn/ nemlich
das ordentliche Gute/ das Gute/ das in Be-
nehmung einer unangenehmen
Sache beſte-
het (bonum privativurn) das in Anſehen des
menſchlichen Weſens nothwendige Gute/ das
unmittelbahre Gute/ und endlich das wuͤrck-
liche
Gute. Auff dieſe Arten muß ein Menſch
hauptſaͤchlich ſein Abſehen richten/ und auff die-
ſelbigen ſchickt ſich auch fuͤrnehmlich unſere gege-
bene Beſchreibung des Guten.

131.

Wiewohl in gemeinen Leben und
Wandel
kehret man es durch einen uͤbelen Ge-
brauch gemeiniglich umb. Denn weil die
Menſchen mehrentheils in einen auſſerordentli-
chen und verderbten Zuſtande leben/ als achten
ſie auch das auſſerordentlichen Gute viel hoͤ-
her
als das ordentliche; ja ſie gebrauchen ſich
des auſſerordentlichen Guten auch in dem
ordentlichen Zuſtande
zum oͤfftern als einer
Richtſchnur zu leben/ da wir doch erwehnet ha-
ben/ daß hierinnen das auſſerordentliche Gute
boͤſe ſey.

132. Wir
D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="49"/><fw place="top" type="header">das Gute u. Bo&#x0364;&#x017F;e zu erkennen u&#x0364;berhaupt.</fw><lb/>
gut Geda&#x0364;chtniß mit Verlu&#x017F;t oder Verringerung<lb/>
des <hi rendition="#aq">judicii,</hi> Gelahrheit in a&#x0364;ußerlichen Dingen<lb/>
mit Ver&#x017F;a&#x0364;umung der Erka&#x0364;ntniß &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>130.</head>
          <p>Wir haben oben ge&#x017F;agt/ daß die bisherigen<lb/>
Eintheilungen unter&#x017F;chiedene Grade des Guten<lb/>
vor&#x017F;tellen wu&#x0364;rden; und al&#x017F;o wollen wir numeh-<lb/>
ro ku&#x0364;rtzlich anzeigen/ welches unter denen bishero<lb/>
erzehlten Arten die <hi rendition="#fr">alleredel&#x017F;ten</hi> &#x017F;eyn/ nemlich<lb/>
das <hi rendition="#fr">ordentliche</hi> Gute/ das Gute/ <hi rendition="#fr">das in Be-<lb/>
nehmung einer unangenehmen</hi> Sache be&#x017F;te-<lb/>
het (<hi rendition="#aq">bonum privativurn</hi>) das in An&#x017F;ehen des<lb/>
men&#x017F;chlichen We&#x017F;ens <hi rendition="#fr">nothwendige</hi> Gute/ das<lb/><hi rendition="#fr">unmittelbahre</hi> Gute/ und endlich das <hi rendition="#fr">wu&#x0364;rck-<lb/>
liche</hi> Gute. Auff die&#x017F;e Arten muß ein Men&#x017F;ch<lb/>
haupt&#x017F;a&#x0364;chlich &#x017F;ein Ab&#x017F;ehen richten/ und auff die-<lb/>
&#x017F;elbigen &#x017F;chickt &#x017F;ich auch fu&#x0364;rnehmlich un&#x017F;ere gege-<lb/>
bene Be&#x017F;chreibung des Guten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>131.</head>
          <p>Wiewohl in <hi rendition="#fr">gemeinen Leben und<lb/>
Wandel</hi> kehret man es durch einen u&#x0364;belen Ge-<lb/>
brauch <hi rendition="#fr">gemeiniglich umb.</hi> Denn weil die<lb/>
Men&#x017F;chen mehrentheils in einen au&#x017F;&#x017F;erordentli-<lb/>
chen und verderbten Zu&#x017F;tande leben/ als achten<lb/>
&#x017F;ie auch das <hi rendition="#fr">au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Gute viel ho&#x0364;-<lb/>
her</hi> als das ordentliche; ja &#x017F;ie gebrauchen &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#fr">des au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Guten auch in dem<lb/>
ordentlichen Zu&#x017F;tande</hi> zum o&#x0364;fftern als einer<lb/>
Richt&#x017F;chnur zu leben/ da wir doch erwehnet ha-<lb/>
ben/ daß hierinnen das au&#x017F;&#x017F;erordentliche Gute<lb/>
bo&#x0364;&#x017F;e &#x017F;ey.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">D</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">132. Wir</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0081] das Gute u. Boͤſe zu erkennen uͤberhaupt. gut Gedaͤchtniß mit Verluſt oder Verringerung des judicii, Gelahrheit in aͤußerlichen Dingen mit Verſaͤumung der Erkaͤntniß ſein ſelbſt. 130. Wir haben oben geſagt/ daß die bisherigen Eintheilungen unterſchiedene Grade des Guten vorſtellen wuͤrden; und alſo wollen wir numeh- ro kuͤrtzlich anzeigen/ welches unter denen bishero erzehlten Arten die alleredelſten ſeyn/ nemlich das ordentliche Gute/ das Gute/ das in Be- nehmung einer unangenehmen Sache beſte- het (bonum privativurn) das in Anſehen des menſchlichen Weſens nothwendige Gute/ das unmittelbahre Gute/ und endlich das wuͤrck- liche Gute. Auff dieſe Arten muß ein Menſch hauptſaͤchlich ſein Abſehen richten/ und auff die- ſelbigen ſchickt ſich auch fuͤrnehmlich unſere gege- bene Beſchreibung des Guten. 131. Wiewohl in gemeinen Leben und Wandel kehret man es durch einen uͤbelen Ge- brauch gemeiniglich umb. Denn weil die Menſchen mehrentheils in einen auſſerordentli- chen und verderbten Zuſtande leben/ als achten ſie auch das auſſerordentlichen Gute viel hoͤ- her als das ordentliche; ja ſie gebrauchen ſich des auſſerordentlichen Guten auch in dem ordentlichen Zuſtande zum oͤfftern als einer Richtſchnur zu leben/ da wir doch erwehnet ha- ben/ daß hierinnen das auſſerordentliche Gute boͤſe ſey. 132. Wir D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/81
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/81>, abgerufen am 26.11.2024.