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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 11. H. von denen unterschied.
Augenblick/ daß ein gegenwärtig Ding etwas
oder ein gantzes sey/ aber durch die Betrach-
tung der Theile desselben zu einer deutlichen
Erkäntnüß zugelangen/ dazu gehöret eine gute
Zeit.

17. Je dauerhaffter also die Gegenwär-
tigkeit eines Dinges ist/ je deutlicher kan die
Erkäntnüß desselben werden/ und je geschwin-
der dieselbe vergehet/ je confuser ist auch die-
selbe.

18. Mit der Gegenwart der Dinge hat die
Euserligkeit derselbigen eine ziemliche Ver-
wandnüß/ weil dieselbige an kläresten erken-
net wird/ auch das innerliche nicht eher klar
und deutlich begriffen werden kan/ wenn es
nicht zu einer Euserligkeit gebracht wird/ son-
dern anderer Gestalt allezeit nur warschein-
lich oder confus und dunckel erkennet wird/
und also eben so viel ist/ als wenn es abwesend
wäre.

19. Was wir bißher von Erkäntnüß der
abwesenden Dinge erinnert haben/ das muß
noch mehr bey denen vergangenen und zu-
künfftigen
verstanden werden/ denn diese sind
mehr als abwesend.

20. Derowegen können vergangene und

zukünff-

Das 11. H. von denen unterſchied.
Augenblick/ daß ein gegenwaͤrtig Ding etwas
oder ein gantzes ſey/ aber durch die Betrach-
tung der Theile deſſelben zu einer deutlichen
Erkaͤntnuͤß zugelangen/ dazu gehoͤret eine gute
Zeit.

17. Je dauerhaffter alſo die Gegenwaͤr-
tigkeit eines Dinges iſt/ je deutlicher kan die
Erkaͤntnuͤß deſſelben werden/ und je geſchwin-
der dieſelbe vergehet/ je confuſer iſt auch die-
ſelbe.

18. Mit der Gegenwart der Dinge hat die
Euſerligkeit derſelbigen eine ziemliche Ver-
wandnuͤß/ weil dieſelbige an klaͤreſten erken-
net wird/ auch das innerliche nicht eher klar
und deutlich begriffen werden kan/ wenn es
nicht zu einer Euſerligkeit gebracht wird/ ſon-
dern anderer Geſtalt allezeit nur warſchein-
lich oder confus und dunckel erkennet wird/
und alſo eben ſo viel iſt/ als wenn es abweſend
waͤre.

19. Was wir bißher von Erkaͤntnuͤß der
abweſenden Dinge erinnert haben/ das muß
noch mehr bey denen vergangenen und zu-
kuͤnfftigen
verſtanden werden/ denn dieſe ſind
mehr als abweſend.

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zukuͤnff-
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[246/0264] Das 11. H. von denen unterſchied. Augenblick/ daß ein gegenwaͤrtig Ding etwas oder ein gantzes ſey/ aber durch die Betrach- tung der Theile deſſelben zu einer deutlichen Erkaͤntnuͤß zugelangen/ dazu gehoͤret eine gute Zeit. 17. Je dauerhaffter alſo die Gegenwaͤr- tigkeit eines Dinges iſt/ je deutlicher kan die Erkaͤntnuͤß deſſelben werden/ und je geſchwin- der dieſelbe vergehet/ je confuſer iſt auch die- ſelbe. 18. Mit der Gegenwart der Dinge hat die Euſerligkeit derſelbigen eine ziemliche Ver- wandnuͤß/ weil dieſelbige an klaͤreſten erken- net wird/ auch das innerliche nicht eher klar und deutlich begriffen werden kan/ wenn es nicht zu einer Euſerligkeit gebracht wird/ ſon- dern anderer Geſtalt allezeit nur warſchein- lich oder confus und dunckel erkennet wird/ und alſo eben ſo viel iſt/ als wenn es abweſend waͤre. 19. Was wir bißher von Erkaͤntnuͤß der abweſenden Dinge erinnert haben/ das muß noch mehr bey denen vergangenen und zu- kuͤnfftigen verſtanden werden/ denn dieſe ſind mehr als abweſend. 20. Derowegen koͤnnen vergangene und zukuͤnff-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/264>, abgerufen am 30.11.2024.