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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Jrrthümern und deren Ursprung.
sen der Dinge sich nach denen Gedancken
anderer Menschen richten.

9. Den ob wir gleich gerne zugeben/ daß
in der menschlichen Seele ein natürliches
Vermögen
sey zu gedencken. und das wahre
von dem falschen zu entscheiden/ so würde doch
solches Vermögen ihm nichts nützen/ wenn es
nicht durch Hülffe anderer Menschen ange-
feuret würde: und man stelle sich nur einen
Menschen vor/ der in der Wildniß von sei-
ner Geburt an/ auch in die 20. Jahr sich auff-
gehalten/ und daselbst unter den wilden Thie-
ren gelebet hätte/ ob man begreiffen könne/ daß
desselben Seele in Erkäntniß der Warheit
merckliche Würckungen habe vollführen kön-
nen.

10. Dannenhero ist es zwar an dem/ daß die
kleinen Kinder bey Erblickung anderer crea-
turen
einige dunckele concepte sich von de-
nenselben machen/ aber sie haben das Vermö-
gen nicht/ diese concepte vor sich selbst von
andern concepten durch gewisse Zeichen
zu entscheiden/ sondern sie begreiffen es nach
denen signis die sie hören/ daß sie ihnen von
andern Menschen gegeben werden: undfra-

gen
T 2

Jrrthuͤmern und deren Urſprung.
ſen der Dinge ſich nach denen Gedancken
anderer Menſchen richten.

9. Den ob wir gleich gerne zugeben/ daß
in der menſchlichen Seele ein natuͤrliches
Vermoͤgen
ſey zu gedencken. und das wahre
von dem falſchen zu entſcheiden/ ſo wuͤrde doch
ſolches Vermoͤgen ihm nichts nuͤtzen/ wenn es
nicht durch Huͤlffe anderer Menſchen ange-
feuret wuͤrde: und man ſtelle ſich nur einen
Menſchen vor/ der in der Wildniß von ſei-
ner Geburt an/ auch in die 20. Jahr ſich auff-
gehalten/ und daſelbſt unter den wilden Thie-
ren gelebet haͤtte/ ob man begreiffen koͤnne/ daß
deſſelben Seele in Erkaͤntniß der Warheit
merckliche Wuͤrckungen habe vollfuͤhren koͤn-
nen.

10. Dannenhero iſt es zwar an dem/ daß die
kleinen Kinder bey Erblickung anderer crea-
turen
einige dunckele concepte ſich von de-
nenſelben machen/ aber ſie haben das Vermoͤ-
gen nicht/ dieſe concepte vor ſich ſelbſt von
andern concepten durch gewiſſe Zeichen
zu entſcheiden/ ſondern ſie begreiffen es nach
denen ſignis die ſie hoͤren/ daß ſie ihnen von
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gen
T 2
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[291/0309] Jrrthuͤmern und deren Urſprung. ſen der Dinge ſich nach denen Gedancken anderer Menſchen richten. 9. Den ob wir gleich gerne zugeben/ daß in der menſchlichen Seele ein natuͤrliches Vermoͤgen ſey zu gedencken. und das wahre von dem falſchen zu entſcheiden/ ſo wuͤrde doch ſolches Vermoͤgen ihm nichts nuͤtzen/ wenn es nicht durch Huͤlffe anderer Menſchen ange- feuret wuͤrde: und man ſtelle ſich nur einen Menſchen vor/ der in der Wildniß von ſei- ner Geburt an/ auch in die 20. Jahr ſich auff- gehalten/ und daſelbſt unter den wilden Thie- ren gelebet haͤtte/ ob man begreiffen koͤnne/ daß deſſelben Seele in Erkaͤntniß der Warheit merckliche Wuͤrckungen habe vollfuͤhren koͤn- nen. 10. Dannenhero iſt es zwar an dem/ daß die kleinen Kinder bey Erblickung anderer crea- turen einige dunckele concepte ſich von de- nenſelben machen/ aber ſie haben das Vermoͤ- gen nicht/ dieſe concepte vor ſich ſelbſt von andern concepten durch gewiſſe Zeichen zu entſcheiden/ ſondern ſie begreiffen es nach denen ſignis die ſie hoͤren/ daß ſie ihnen von andern Menſchen gegeben werden: undfra- gen T 2

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/309>, abgerufen am 23.11.2024.