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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Vorrede.
viereckter Thurm sey rund/ entweder nicht der
enserliche Sinn/ sondern die Gedancke von dem
Thurm/ oder doch zum wenigsten die Gedan-
cke so wohl als der euserliche Sinn mich hin-
tergehet/ und ich also ebenfals schliessen könte:
Si cogitatio aliquoties me fefellit, ergo in
cogitatione non possum in venire certitu-
dinem.
3. Daß gleichwie aus diesem prae-
judicio
ein anderes entstehet/ daß nemlich der
Concept von denen Gedancken (weil ich der-
selben vergewissert wäre/ da ich von allen sinnli-
chen Cörpern abstrahirte) keinen Concept
von einigen Cörper inferirte, und folgbar in
demselben der Mensch erkennen müsse/ daß die
Seele ein Geist sey/ ja daß das Wesen eines
Geistes in denen Gedancken bestehe/ da ich doch
theils aus Cartesii Beschreibung selbst von der
Gedancke/ theils aus einer andern viel aus-
führlichern/ die ich in meinen Buch de pru-
dentia ratiocinandi
nach dem innerlichen
Beyfall eines jeden Menschen gesetzt/ gar klar
und deutlich dargethan/ daß kein Mensch nach
seiner Vernunfft sich einigen Gedancken ein-
bilden kan/ wenn er nicht vielfältige conceptus
von Cörpern mit einmischt. So habe ich
auch 4. darinne von Cartesio dissentiret/

wenn
C

Vorrede.
viereckter Thurm ſey rund/ entweder nicht der
enſerliche Sinn/ ſondern die Gedancke von dem
Thurm/ oder doch zum wenigſten die Gedan-
cke ſo wohl als der euſerliche Sinn mich hin-
tergehet/ und ich alſo ebenfals ſchlieſſen koͤnte:
Si cogitatio aliquoties me fefellit, ergo in
cogitatione non poſſum in venire certitu-
dinem.
3. Daß gleichwie aus dieſem præ-
judicio
ein anderes entſtehet/ daß nemlich der
Concept von denen Gedancken (weil ich der-
ſelben vergewiſſert waͤre/ da ich von allen ſinnli-
chen Coͤrpern abſtrahirte) keinen Concept
von einigen Coͤrper inferirte, und folgbar in
demſelben der Menſch erkennen muͤſſe/ daß die
Seele ein Geiſt ſey/ ja daß das Weſen eines
Geiſtes in denen Gedancken beſtehe/ da ich doch
theils aus Carteſii Beſchreibung ſelbſt von der
Gedancke/ theils aus einer andern viel aus-
fuͤhrlichern/ die ich in meinen Buch de pru-
dentia ratiocinandi
nach dem innerlichen
Beyfall eines jeden Menſchen geſetzt/ gar klar
und deutlich dargethan/ daß kein Menſch nach
ſeiner Vernunfft ſich einigen Gedancken ein-
bilden kan/ weñ er nicht vielfaͤltige conceptus
von Coͤrpern mit einmiſcht. So habe ich
auch 4. darinne von Carteſio diſſentiret/

wenn
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[33/0051] Vorrede. viereckter Thurm ſey rund/ entweder nicht der enſerliche Sinn/ ſondern die Gedancke von dem Thurm/ oder doch zum wenigſten die Gedan- cke ſo wohl als der euſerliche Sinn mich hin- tergehet/ und ich alſo ebenfals ſchlieſſen koͤnte: Si cogitatio aliquoties me fefellit, ergo in cogitatione non poſſum in venire certitu- dinem. 3. Daß gleichwie aus dieſem præ- judicio ein anderes entſtehet/ daß nemlich der Concept von denen Gedancken (weil ich der- ſelben vergewiſſert waͤre/ da ich von allen ſinnli- chen Coͤrpern abſtrahirte) keinen Concept von einigen Coͤrper inferirte, und folgbar in demſelben der Menſch erkennen muͤſſe/ daß die Seele ein Geiſt ſey/ ja daß das Weſen eines Geiſtes in denen Gedancken beſtehe/ da ich doch theils aus Carteſii Beſchreibung ſelbſt von der Gedancke/ theils aus einer andern viel aus- fuͤhrlichern/ die ich in meinen Buch de pru- dentia ratiocinandi nach dem innerlichen Beyfall eines jeden Menſchen geſetzt/ gar klar und deutlich dargethan/ daß kein Menſch nach ſeiner Vernunfft ſich einigen Gedancken ein- bilden kan/ weñ er nicht vielfaͤltige conceptus von Coͤrpern mit einmiſcht. So habe ich auch 4. darinne von Carteſio diſſentiret/ wenn C

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/51>, abgerufen am 21.11.2024.