Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.meine defension ohne fernere Verschickung an eine Medicinische Facultät alsbald zu rechtlichen Verspruch wiederum an die Herren Schöppen gesendet, in Ansehen ich nicht nur meiner defension vielfältige Behauptungen obangeführter Meinung ex diversorum Medicorum celeberrimorum scriptis, item durch ein attestatum zweyer berühmter Medicorum Lipsiensium, sondern auch gar ein responsum Facultatis Medicae Viadrinae beygefüget, in welchen gar deutlich approbiret worden, daß so wohl in genere die Untersinckung der Lungen ein unstreitiges Zeichen sey, quod infans ante partum in utero fuerit extinctus; als auch absonderlich, daß in gegenwärtigen casu wegen anderer concurrirender Umstände dieses zupraesumiren sey, und ist nunmehro das Urtheil wiederum aus den Schöppenstuhl angelanget, wird auch verhoffentlich Ewrer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit von dem Herrn Amtmann, als gebräuchlich, uneröffnet und Unterthänigst übersendet seyn worden. Gleichwie ich mich aber versehe, es werden in selbigen die Herren Schöppen auf meine defension reflectiret, und uns allerseits von der Inquisition absolviret, oder auffs meiste das juramentum purgatorium zuerkennet haben; Also will mir doch obliegen, hierbey gebührend zu vigiliren; Und gelanget dannenhero an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein Unterthänigstes gehorsamstes Bitten, da ja über alles Verhoffen auch der minimus gradus torturae, oder die Vorstellung einem von uns zuerkennet worden seyn solte, uns dißfalls noch eine defension Gnädigst zu vergönnen, da wir denn mit göttlicher Hülffe getrauen, die rückständigen indicia, in Fall derer noch welche vorhanden seyn solten, gründlich abzulehnen. Solten auch allenfalls die Herren Schöppen interloquendo erkennet haben, daß die eingegebene Defension noch zuvor in ein Collegium Medicum gesendet werden solte; So geruhen Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit nur selbsten Gnädigst zu ermessen, daß hierdurch der Inquisitions-Proceß nur verzögert und unnöthige Unkosten gemacht werden würden. Denn entweder dasjenige Collegium, welches von neuen erkennen soll, würde denen allbereit angeführten responsis Beyfall geben, und würde solcher gestalt superfluum seyn, oder aber es würde, wie leicht geschehen kan, indem hodie gemeiniglich unter 100 Medicis kaum 10 gefunden werden, die in hypothesibus mit einander in allen einstimmig seyn, von denen, so auff meiner Seite sind, dissentiren. Auf diesem Fall würde es denen meinigen nicht ermangeln, die rationes dissentientium zu wiederlegen, und ihre Meinung durch unzehliche experimenta, so noch täglich an Hunden, so in Mutter-Leibe verstorben, und andern Viehe probiret werden, zu vertheidigen, und würde sodann nicht alleine eine longa Disputatio unter denen Herrn Medicis daraus erwachsen, sondern dennoch auch in hoc casu meiner Tochter und uns die bekante Rechts-Regul, quod in dubio in criminalibus sequenda sit pars favorabilior pro reo, zu statten kommen, wie ich solches weitläufftiger in ipsa defensione eiusque appendice deduciret; und lebe ich hier- meine defension ohne fernere Verschickung an eine Medicinische Facultät alsbald zu rechtlichen Verspruch wiederum an die Herren Schöppen gesendet, in Ansehen ich nicht nur meiner defension vielfältige Behauptungen obangeführter Meinung ex diversorum Medicorum celeberrimorum scriptis, item durch ein attestatum zweyer berühmter Medicorum Lipsiensium, sondern auch gar ein responsum Facultatis Medicae Viadrinae beygefüget, in welchen gar deutlich approbiret worden, daß so wohl in genere die Untersinckung der Lungen ein unstreitiges Zeichen sey, quod infans ante partum in utero fuerit extinctus; als auch absonderlich, daß in gegenwärtigen casu wegen anderer concurrirender Umstände dieses zupraesumiren sey, und ist nunmehro das Urtheil wiederum aus den Schöppenstuhl angelanget, wird auch verhoffentlich Ewrer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit von dem Herrn Amtmann, als gebräuchlich, uneröffnet und Unterthänigst übersendet seyn worden. Gleichwie ich mich aber versehe, es werden in selbigen die Herren Schöppen auf meine defension reflectiret, und uns allerseits von der Inquisition absolviret, oder auffs meiste das juramentum purgatorium zuerkennet haben; Also will mir doch obliegen, hierbey gebührend zu vigiliren; Und gelanget dannenhero an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein Unterthänigstes gehorsamstes Bitten, da ja über alles Verhoffen auch der minimus gradus torturae, oder die Vorstellung einem von uns zuerkennet worden seyn solte, uns dißfalls noch eine defension Gnädigst zu vergönnen, da wir denn mit göttlicher Hülffe getrauen, die rückständigen indicia, in Fall derer noch welche vorhanden seyn solten, gründlich abzulehnen. Solten auch allenfalls die Herren Schöppen interloquendo erkennet haben, daß die eingegebene Defension noch zuvor in ein Collegium Medicum gesendet werden solte; So geruhen Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit nur selbsten Gnädigst zu ermessen, daß hierdurch der Inquisitions-Proceß nur verzögert und unnöthige Unkosten gemacht werden würden. Denn entweder dasjenige Collegium, welches von neuen erkennen soll, würde denen allbereit angeführten responsis Beyfall geben, und würde solcher gestalt superfluum seyn, oder aber es würde, wie leicht geschehen kan, indem hodie gemeiniglich unter 100 Medicis kaum 10 gefunden werden, die in hypothesibus mit einander in allen einstimmig seyn, von denen, so auff meiner Seite sind, dissentiren. Auf diesem Fall würde es denen meinigen nicht ermangeln, die rationes dissentientium zu wiederlegen, und ihre Meinung durch unzehliche experimenta, so noch täglich an Hunden, so in Mutter-Leibe verstorben, und andern Viehe probiret werden, zu vertheidigen, und würde sodann nicht alleine eine longa Disputatio unter denen Herrn Medicis daraus erwachsen, sondern dennoch auch in hoc casu meiner Tochter und uns die bekante Rechts-Regul, quod in dubio in criminalibus sequenda sit pars favorabilior pro reo, zu statten kommen, wie ich solches weitläufftiger in ipsa defensione eiusque appendice deduciret; und lebe ich hier- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0104" n="88"/> meine defension ohne fernere Verschickung an eine Medicinische Facultät alsbald zu rechtlichen Verspruch wiederum an die Herren Schöppen gesendet, in Ansehen ich nicht nur meiner defension vielfältige Behauptungen obangeführter Meinung ex diversorum Medicorum celeberrimorum scriptis, item durch ein attestatum zweyer berühmter Medicorum Lipsiensium, sondern auch gar ein responsum Facultatis Medicae Viadrinae beygefüget, in welchen gar deutlich approbiret worden, daß so wohl in genere die Untersinckung der Lungen ein unstreitiges Zeichen sey, quod infans ante partum in utero fuerit extinctus; als auch absonderlich, daß in gegenwärtigen casu wegen anderer concurrirender Umstände dieses zupraesumiren sey, und ist nunmehro das Urtheil wiederum aus den Schöppenstuhl angelanget, wird auch verhoffentlich Ewrer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit von dem Herrn Amtmann, als gebräuchlich, uneröffnet und Unterthänigst übersendet seyn worden. Gleichwie ich mich aber versehe, es werden in selbigen die Herren Schöppen auf meine defension reflectiret, und uns allerseits von der Inquisition absolviret, oder auffs meiste das juramentum purgatorium zuerkennet haben; Also will mir doch obliegen, hierbey gebührend zu vigiliren; Und gelanget dannenhero an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein Unterthänigstes gehorsamstes Bitten, da ja über alles Verhoffen auch der minimus gradus torturae, oder die Vorstellung einem von uns zuerkennet worden seyn solte, uns dißfalls noch eine defension Gnädigst zu vergönnen, da wir denn mit göttlicher Hülffe getrauen, die rückständigen indicia, in Fall derer noch welche vorhanden seyn solten, gründlich abzulehnen.</p> <p>Solten auch allenfalls die Herren Schöppen interloquendo erkennet haben, daß die eingegebene Defension noch zuvor in ein Collegium Medicum gesendet werden solte; So geruhen Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit nur selbsten Gnädigst zu ermessen, daß hierdurch der Inquisitions-Proceß nur verzögert und unnöthige Unkosten gemacht werden würden. Denn entweder dasjenige Collegium, welches von neuen erkennen soll, würde denen allbereit angeführten responsis Beyfall geben, und würde solcher gestalt superfluum seyn, oder aber es würde, wie leicht geschehen kan, indem hodie gemeiniglich unter 100 Medicis kaum 10 gefunden werden, die in hypothesibus mit einander in allen einstimmig seyn, von denen, so auff meiner Seite sind, dissentiren. Auf diesem Fall würde es denen meinigen nicht ermangeln, die rationes dissentientium zu wiederlegen, und ihre Meinung durch unzehliche experimenta, so noch täglich an Hunden, so in Mutter-Leibe verstorben, und andern Viehe probiret werden, zu vertheidigen, und würde sodann nicht alleine eine longa Disputatio unter denen Herrn Medicis daraus erwachsen, sondern dennoch auch in hoc casu meiner Tochter und uns die bekante Rechts-Regul, quod in dubio in criminalibus sequenda sit pars favorabilior pro reo, zu statten kommen, wie ich solches weitläufftiger in ipsa defensione eiusque appendice deduciret; und lebe ich hier- </p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0104]
meine defension ohne fernere Verschickung an eine Medicinische Facultät alsbald zu rechtlichen Verspruch wiederum an die Herren Schöppen gesendet, in Ansehen ich nicht nur meiner defension vielfältige Behauptungen obangeführter Meinung ex diversorum Medicorum celeberrimorum scriptis, item durch ein attestatum zweyer berühmter Medicorum Lipsiensium, sondern auch gar ein responsum Facultatis Medicae Viadrinae beygefüget, in welchen gar deutlich approbiret worden, daß so wohl in genere die Untersinckung der Lungen ein unstreitiges Zeichen sey, quod infans ante partum in utero fuerit extinctus; als auch absonderlich, daß in gegenwärtigen casu wegen anderer concurrirender Umstände dieses zupraesumiren sey, und ist nunmehro das Urtheil wiederum aus den Schöppenstuhl angelanget, wird auch verhoffentlich Ewrer Churfürstlichen Durchlauchtigkeit von dem Herrn Amtmann, als gebräuchlich, uneröffnet und Unterthänigst übersendet seyn worden. Gleichwie ich mich aber versehe, es werden in selbigen die Herren Schöppen auf meine defension reflectiret, und uns allerseits von der Inquisition absolviret, oder auffs meiste das juramentum purgatorium zuerkennet haben; Also will mir doch obliegen, hierbey gebührend zu vigiliren; Und gelanget dannenhero an Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit mein Unterthänigstes gehorsamstes Bitten, da ja über alles Verhoffen auch der minimus gradus torturae, oder die Vorstellung einem von uns zuerkennet worden seyn solte, uns dißfalls noch eine defension Gnädigst zu vergönnen, da wir denn mit göttlicher Hülffe getrauen, die rückständigen indicia, in Fall derer noch welche vorhanden seyn solten, gründlich abzulehnen.
Solten auch allenfalls die Herren Schöppen interloquendo erkennet haben, daß die eingegebene Defension noch zuvor in ein Collegium Medicum gesendet werden solte; So geruhen Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit nur selbsten Gnädigst zu ermessen, daß hierdurch der Inquisitions-Proceß nur verzögert und unnöthige Unkosten gemacht werden würden. Denn entweder dasjenige Collegium, welches von neuen erkennen soll, würde denen allbereit angeführten responsis Beyfall geben, und würde solcher gestalt superfluum seyn, oder aber es würde, wie leicht geschehen kan, indem hodie gemeiniglich unter 100 Medicis kaum 10 gefunden werden, die in hypothesibus mit einander in allen einstimmig seyn, von denen, so auff meiner Seite sind, dissentiren. Auf diesem Fall würde es denen meinigen nicht ermangeln, die rationes dissentientium zu wiederlegen, und ihre Meinung durch unzehliche experimenta, so noch täglich an Hunden, so in Mutter-Leibe verstorben, und andern Viehe probiret werden, zu vertheidigen, und würde sodann nicht alleine eine longa Disputatio unter denen Herrn Medicis daraus erwachsen, sondern dennoch auch in hoc casu meiner Tochter und uns die bekante Rechts-Regul, quod in dubio in criminalibus sequenda sit pars favorabilior pro reo, zu statten kommen, wie ich solches weitläufftiger in ipsa defensione eiusque appendice deduciret; und lebe ich hier-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-23T14:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |