Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.P. P. Obwohl Inquisitin verhoffet hätte, Sie würde in ihrer vorigen Defension so viel ausgeführet haben, daß sie per sententiam von dem angeschuldigten Kinder-Mord würde absolviret werden, so will es doch aus denen ihr ex sententia in Abschrifft communicirten rationibus dubitandi & decidendi das Ansehen gewinnen, als sey ihr etwas peinliches zuerkandt worden, weßhalben sie auch Ihr Leib und Leben zuretten in Nahmen GOttes zu der von Churfl. Durchl. ihr gnädigst vergönstigten Defension schreitet. Und zwar nachdem ihr Advocat in der ersten eingegebenen Defension Act. f. 100. & seqq. Vol. 2. wie auch in der kurtzen Deduction f. 135. seqq. nach seinen wenigen Vermögen mit nicht geringer Mühe alles dasjenige zusammen gesucht, was er zu Ihrer Defension nöthig erachtet, auch in den sententiis interlocutoriis hierzu Anleitung gegeben worden. Als ist sie nicht willens, allhier viel Neuerungen vorzubringen, vielweniger dasjenige, was daselbst distincte angeführet worden, hieher mit Verdruß zu wiederholen; sondern sie will nur so kurtz als möglich auff die in den fol. 186. befindlichen Urtheil angeführte rationes decidendi, jedoch salva Dnn. Concipientium autoritate antworten, und lebet des zuversichtlichen Vertrauens zu denen jetzigen Herrn Judicibus, sie werden mit dieser schweren Sache, die nicht allein ihr Leib und Leben, sondern ihrer gantzen Familie Ehr und Gut betrifft, sich nicht verdriessen lassen, zuförderst ermeldte ihre erste Defension und absonderlich von fol. 111. biß zu Ende, ingleichen die kurtze Deduction fol. 135. wohl bedächtig und mit Fleiß zu durchlesen. Als warum auch selbige demüthigst und um GOttes Willen bittet. Gleichwie aber in den Inquisitions-Acten zwey Indicia hauptsächlich entgegen zu seyn geschienen (1) daß das Kind viel Stiche gehabt (2) daß sie Anna Vogtin das Kind ohne jemands als Ihrer Mutter Gegenwart zur Welt gebracht; also acceptiret Inquisitin bald anfänglich, daß so viel das erste Indicium derer Stiche betrifft, die Herren Urtheilsfasser selbiges vor gnugsam abgelehnet halten, indem sie nicht allein in rationibus decidendi der Stiche nicht ferner gedencken, sondern auch in rationibus dubitandi, (verbis: So viel auch die Stiche an dem Kinde betrifft aus denen Acten erscheinet, daß solche in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefügt worden) dasjenige was Inquisitin in ihrer ersten Defension dieserwegen weitläufftig angeführet, deutlich gnung approbiren, und beruhet dannenhero der status Controversiae einig und alleine noch darinne: Ob Inquisitin auch in ihrer Defension den (2) Verdacht, und daß sie nemlich das Kind alleine zur Welt gebracht, gnugsam abgelehnet, und auff die deßhalb wieder Sie ex Art. 131. Const. Crimin. entstandene Praesumtion zur Gnüge geantwortet habe? Inquisitin vermeinet, daß solches allerdings geschehen, dieweil sie in ihrer Defension deutlich gnung ausgeführet, daß (1) so viel die hierbey in acht zunehmenden quaestiones Juris betrifft, ermeldter Art. 131. (1) keine interpretationem extensivam nicht P. P. Obwohl Inquisitin verhoffet hätte, Sie würde in ihrer vorigen Defension so viel ausgeführet haben, daß sie per sententiam von dem angeschuldigten Kinder-Mord würde absolviret werden, so will es doch aus denen ihr ex sententia in Abschrifft communicirten rationibus dubitandi & decidendi das Ansehen gewinnen, als sey ihr etwas peinliches zuerkandt worden, weßhalben sie auch Ihr Leib und Leben zuretten in Nahmen GOttes zu der von Churfl. Durchl. ihr gnädigst vergönstigten Defension schreitet. Und zwar nachdem ihr Advocat in der ersten eingegebenen Defension Act. f. 100. & seqq. Vol. 2. wie auch in der kurtzen Deduction f. 135. seqq. nach seinen wenigen Vermögen mit nicht geringer Mühe alles dasjenige zusammen gesucht, was er zu Ihrer Defension nöthig erachtet, auch in den sententiis interlocutoriis hierzu Anleitung gegeben worden. Als ist sie nicht willens, allhier viel Neuerungen vorzubringen, vielweniger dasjenige, was daselbst distincte angeführet worden, hieher mit Verdruß zu wiederholen; sondern sie will nur so kurtz als möglich auff die in den fol. 186. befindlichen Urtheil angeführte rationes decidendi, jedoch salva Dnn. Concipientium autoritate antworten, und lebet des zuversichtlichen Vertrauens zu denen jetzigen Herrn Judicibus, sie werden mit dieser schweren Sache, die nicht allein ihr Leib und Leben, sondern ihrer gantzen Familie Ehr und Gut betrifft, sich nicht verdriessen lassen, zuförderst ermeldte ihre erste Defension und absonderlich von fol. 111. biß zu Ende, ingleichen die kurtze Deduction fol. 135. wohl bedächtig und mit Fleiß zu durchlesen. Als warum auch selbige demüthigst und um GOttes Willen bittet. Gleichwie aber in den Inquisitions-Acten zwey Indicia hauptsächlich entgegen zu seyn geschienen (1) daß das Kind viel Stiche gehabt (2) daß sie Anna Vogtin das Kind ohne jemands als Ihrer Mutter Gegenwart zur Welt gebracht; also acceptiret Inquisitin bald anfänglich, daß so viel das erste Indicium derer Stiche betrifft, die Herren Urtheilsfasser selbiges vor gnugsam abgelehnet halten, indem sie nicht allein in rationibus decidendi der Stiche nicht ferner gedencken, sondern auch in rationibus dubitandi, (verbis: So viel auch die Stiche an dem Kinde betrifft aus denen Acten erscheinet, daß solche in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefügt worden) dasjenige was Inquisitin in ihrer ersten Defension dieserwegen weitläufftig angeführet, deutlich gnung approbiren, und beruhet dannenhero der status Controversiae einig und alleine noch darinne: Ob Inquisitin auch in ihrer Defension den (2) Verdacht, und daß sie nemlich das Kind alleine zur Welt gebracht, gnugsam abgelehnet, und auff die deßhalb wieder Sie ex Art. 131. Const. Crimin. entstandene Praesumtion zur Gnüge geantwortet habe? Inquisitin vermeinet, daß solches allerdings geschehen, dieweil sie in ihrer Defension deutlich gnung ausgeführet, daß (1) so viel die hierbey in acht zunehmenden quaestiones Juris betrifft, ermeldter Art. 131. (1) keine interpretationem extensivam nicht <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0112" n="96"/> <p>P. P. Obwohl Inquisitin verhoffet hätte, Sie würde in ihrer vorigen Defension so viel ausgeführet haben, daß sie per sententiam von dem angeschuldigten Kinder-Mord würde absolviret werden, so will es doch aus denen ihr ex sententia in Abschrifft communicirten rationibus dubitandi & decidendi das Ansehen gewinnen, als sey ihr etwas peinliches zuerkandt worden, weßhalben sie auch Ihr Leib und Leben zuretten in Nahmen GOttes zu der von Churfl. Durchl. ihr gnädigst vergönstigten Defension schreitet.</p> <p>Und zwar nachdem ihr Advocat in der ersten eingegebenen Defension <hi rendition="#i">Act. f. 100. & seqq. 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Concipientium autoritate antworten, und lebet des zuversichtlichen Vertrauens zu denen jetzigen Herrn Judicibus, sie werden mit dieser schweren Sache, die nicht allein ihr Leib und Leben, sondern ihrer gantzen Familie Ehr und Gut betrifft, sich nicht verdriessen lassen, zuförderst ermeldte ihre erste Defension und absonderlich von <hi rendition="#i">fol. 111</hi>. biß zu Ende, ingleichen die kurtze Deduction <hi rendition="#i">fol. 135</hi>. wohl bedächtig und mit Fleiß zu durchlesen. Als warum auch selbige demüthigst und um GOttes Willen bittet. Gleichwie aber in den Inquisitions-Acten zwey Indicia hauptsächlich entgegen zu seyn geschienen (1) daß das Kind viel Stiche gehabt (2) daß sie Anna Vogtin das Kind ohne jemands als Ihrer Mutter Gegenwart zur Welt gebracht; also acceptiret Inquisitin bald anfänglich, daß so viel das erste Indicium derer Stiche betrifft, die Herren Urtheilsfasser selbiges vor gnugsam abgelehnet halten, indem sie nicht allein in rationibus decidendi der Stiche nicht ferner gedencken, sondern auch in rationibus dubitandi, (verbis: So viel auch die Stiche an dem Kinde betrifft aus denen <hi rendition="#i">Act</hi>en erscheinet, daß solche in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefügt worden) dasjenige was Inquisitin in ihrer ersten Defension dieserwegen weitläufftig angeführet, deutlich gnung approbiren, und beruhet dannenhero der status Controversiae einig und alleine noch darinne: Ob Inquisitin auch in ihrer Defension den (2) Verdacht, und daß sie nemlich das Kind alleine zur Welt gebracht, gnugsam abgelehnet, und auff die deßhalb wieder Sie <hi rendition="#i">ex Art. 131. 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P. P. Obwohl Inquisitin verhoffet hätte, Sie würde in ihrer vorigen Defension so viel ausgeführet haben, daß sie per sententiam von dem angeschuldigten Kinder-Mord würde absolviret werden, so will es doch aus denen ihr ex sententia in Abschrifft communicirten rationibus dubitandi & decidendi das Ansehen gewinnen, als sey ihr etwas peinliches zuerkandt worden, weßhalben sie auch Ihr Leib und Leben zuretten in Nahmen GOttes zu der von Churfl. Durchl. ihr gnädigst vergönstigten Defension schreitet.
Und zwar nachdem ihr Advocat in der ersten eingegebenen Defension Act. f. 100. & seqq. Vol. 2. wie auch in der kurtzen Deduction f. 135. seqq. nach seinen wenigen Vermögen mit nicht geringer Mühe alles dasjenige zusammen gesucht, was er zu Ihrer Defension nöthig erachtet, auch in den sententiis interlocutoriis hierzu Anleitung gegeben worden. Als ist sie nicht willens, allhier viel Neuerungen vorzubringen, vielweniger dasjenige, was daselbst distincte angeführet worden, hieher mit Verdruß zu wiederholen; sondern sie will nur so kurtz als möglich auff die in den fol. 186. befindlichen Urtheil angeführte rationes decidendi, jedoch salva Dnn. Concipientium autoritate antworten, und lebet des zuversichtlichen Vertrauens zu denen jetzigen Herrn Judicibus, sie werden mit dieser schweren Sache, die nicht allein ihr Leib und Leben, sondern ihrer gantzen Familie Ehr und Gut betrifft, sich nicht verdriessen lassen, zuförderst ermeldte ihre erste Defension und absonderlich von fol. 111. biß zu Ende, ingleichen die kurtze Deduction fol. 135. wohl bedächtig und mit Fleiß zu durchlesen. Als warum auch selbige demüthigst und um GOttes Willen bittet. Gleichwie aber in den Inquisitions-Acten zwey Indicia hauptsächlich entgegen zu seyn geschienen (1) daß das Kind viel Stiche gehabt (2) daß sie Anna Vogtin das Kind ohne jemands als Ihrer Mutter Gegenwart zur Welt gebracht; also acceptiret Inquisitin bald anfänglich, daß so viel das erste Indicium derer Stiche betrifft, die Herren Urtheilsfasser selbiges vor gnugsam abgelehnet halten, indem sie nicht allein in rationibus decidendi der Stiche nicht ferner gedencken, sondern auch in rationibus dubitandi, (verbis: So viel auch die Stiche an dem Kinde betrifft aus denen Acten erscheinet, daß solche in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefügt worden) dasjenige was Inquisitin in ihrer ersten Defension dieserwegen weitläufftig angeführet, deutlich gnung approbiren, und beruhet dannenhero der status Controversiae einig und alleine noch darinne: Ob Inquisitin auch in ihrer Defension den (2) Verdacht, und daß sie nemlich das Kind alleine zur Welt gebracht, gnugsam abgelehnet, und auff die deßhalb wieder Sie ex Art. 131. Const. Crimin. entstandene Praesumtion zur Gnüge geantwortet habe? Inquisitin vermeinet, daß solches allerdings geschehen, dieweil sie in ihrer Defension deutlich gnung ausgeführet, daß (1) so viel die hierbey in acht zunehmenden quaestiones Juris betrifft, ermeldter Art. 131. (1) keine interpretationem extensivam nicht
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