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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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praecepti angemasset, sondern nur die Säumige gewarnet, daß sie die Sache nicht zum Rechtlichen Process solten kommen lassen. Wodurch Ihr also nicht nur der Gerichts-Obrigkeit ihren respect erwiesen, sondern auch ein officium humanitatis und Werck der Christl. Liebe bezeiget habt, in Betrachtung nichts beschwerlicher und verdrießlicher ist, als in Zanck-Händeln für Gerichte leben, zumahl Ihr noch zu Eurer Entschuldigung fürbringet, daß dem Crämer-Bothen nicht wohl alles zu vertrauen, und Ihr Euch befahret, es würden die Innungs-Verwandten, an die die Erinnerungen ergangen, es übel nehmen, wenn ihnen selbige unversiegelt zugesendet würden; Bey diesen Umständen aber allenthalben erhellet, daß Ihr nichts straffbahres begangen, auch kein böser Vorsatz bey Euch gewesen, und solcher Gestalt, so viel Eurem Mit-Meister und die andre Innungs-Verwandte betrifft, ein jeder in einer Gesellschafft schuldig ist, dem, welcher zu Nutzen der Gesellschafft etwas vorgenommen, daran nichts getadelt werden mag, schadloß zu halten, absonderlich aber jede Innungs-Verwandte den von ihnen erkohrnen Innungs-Meister dergleichen Schadloßhaltung in rebus licitis & utilibus zu praestiren verpflichtet seynd, und über dieses die Verwandte der Kramer-Innung sich durch beyliegende Vergleiche sub A. & B. zu dergleichen Genehmhaltung in negotiis ad utilitatem susceptis ausdrücklich verbunden; Hiernechst Ihr auch Eurem Mit-Cramer-Meister die Auflage vor der Siegelung vorgelesen, und Er das Innungs-Siegel zu dererselben Besiegelung hergegeben;

So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß der Rath zu N. nicht befugt sey, weder die Kramer-Innung noch Euch wegen der in obbeschriebenen terminis und Umständen ergangenen schrifftlichen Auflagen, zu bestraffen. Hingegen aber der Mit-Cramer-Meister Matthias und die andern Innungs-Verwandten Euch in dieser Sache gebührenden Beystand zu leisten, sich mit Bestande Rechtens nicht entbrechen können. V. R. W.

XVI. Handel. Von zwey Geschwistern, die in Verdacht waren, daß Sie Ihre Schwester gehangen.
§. I.

ES ist eben nichts seltzames, daß ein Mensche von andern umgebracht,Zweiffelhafftigkeit der Umstände des gegen- und hernach an einem Baum geknüpft und vorgegeben wird, daß er sich selbst erhangen, massen dann für wenig Monathen uns ein solcher casus zugeschickt worden, da ein Schulmeister seinem liederlichen

praecepti angemasset, sondern nur die Säumige gewarnet, daß sie die Sache nicht zum Rechtlichen Process solten kommen lassen. Wodurch Ihr also nicht nur der Gerichts-Obrigkeit ihren respect erwiesen, sondern auch ein officium humanitatis und Werck der Christl. Liebe bezeiget habt, in Betrachtung nichts beschwerlicher und verdrießlicher ist, als in Zanck-Händeln für Gerichte leben, zumahl Ihr noch zu Eurer Entschuldigung fürbringet, daß dem Crämer-Bothen nicht wohl alles zu vertrauen, und Ihr Euch befahret, es würden die Innungs-Verwandten, an die die Erinnerungen ergangen, es übel nehmen, wenn ihnen selbige unversiegelt zugesendet würden; Bey diesen Umständen aber allenthalben erhellet, daß Ihr nichts straffbahres begangen, auch kein böser Vorsatz bey Euch gewesen, und solcher Gestalt, so viel Eurem Mit-Meister und die andre Innungs-Verwandte betrifft, ein jeder in einer Gesellschafft schuldig ist, dem, welcher zu Nutzen der Gesellschafft etwas vorgenommen, daran nichts getadelt werden mag, schadloß zu halten, absonderlich aber jede Innungs-Verwandte den von ihnen erkohrnen Innungs-Meister dergleichen Schadloßhaltung in rebus licitis & utilibus zu praestiren verpflichtet seynd, und über dieses die Verwandte der Kramer-Innung sich durch beyliegende Vergleiche sub A. & B. zu dergleichen Genehmhaltung in negotiis ad utilitatem susceptis ausdrücklich verbunden; Hiernechst Ihr auch Eurem Mit-Cramer-Meister die Auflage vor der Siegelung vorgelesen, und Er das Innungs-Siegel zu dererselben Besiegelung hergegeben;

So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß der Rath zu N. nicht befugt sey, weder die Kramer-Innung noch Euch wegen der in obbeschriebenen terminis und Umständen ergangenen schrifftlichen Auflagen, zu bestraffen. Hingegen aber der Mit-Cramer-Meister Matthias und die andern Innungs-Verwandten Euch in dieser Sache gebührenden Beystand zu leisten, sich mit Bestande Rechtens nicht entbrechen können. V. R. W.

XVI. Handel. Von zwey Geschwistern, die in Verdacht waren, daß Sie Ihre Schwester gehangen.
§. I.

ES ist eben nichts seltzames, daß ein Mensche von andern umgebracht,Zweiffelhafftigkeit der Umstände des gegen- und hernach an einem Baum geknüpft und vorgegeben wird, daß er sich selbst erhangen, massen dann für wenig Monathen uns ein solcher casus zugeschickt worden, da ein Schulmeister seinem liederlichen

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[185/0201] praecepti angemasset, sondern nur die Säumige gewarnet, daß sie die Sache nicht zum Rechtlichen Process solten kommen lassen. Wodurch Ihr also nicht nur der Gerichts-Obrigkeit ihren respect erwiesen, sondern auch ein officium humanitatis und Werck der Christl. Liebe bezeiget habt, in Betrachtung nichts beschwerlicher und verdrießlicher ist, als in Zanck-Händeln für Gerichte leben, zumahl Ihr noch zu Eurer Entschuldigung fürbringet, daß dem Crämer-Bothen nicht wohl alles zu vertrauen, und Ihr Euch befahret, es würden die Innungs-Verwandten, an die die Erinnerungen ergangen, es übel nehmen, wenn ihnen selbige unversiegelt zugesendet würden; Bey diesen Umständen aber allenthalben erhellet, daß Ihr nichts straffbahres begangen, auch kein böser Vorsatz bey Euch gewesen, und solcher Gestalt, so viel Eurem Mit-Meister und die andre Innungs-Verwandte betrifft, ein jeder in einer Gesellschafft schuldig ist, dem, welcher zu Nutzen der Gesellschafft etwas vorgenommen, daran nichts getadelt werden mag, schadloß zu halten, absonderlich aber jede Innungs-Verwandte den von ihnen erkohrnen Innungs-Meister dergleichen Schadloßhaltung in rebus licitis & utilibus zu praestiren verpflichtet seynd, und über dieses die Verwandte der Kramer-Innung sich durch beyliegende Vergleiche sub A. & B. zu dergleichen Genehmhaltung in negotiis ad utilitatem susceptis ausdrücklich verbunden; Hiernechst Ihr auch Eurem Mit-Cramer-Meister die Auflage vor der Siegelung vorgelesen, und Er das Innungs-Siegel zu dererselben Besiegelung hergegeben; So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß der Rath zu N. nicht befugt sey, weder die Kramer-Innung noch Euch wegen der in obbeschriebenen terminis und Umständen ergangenen schrifftlichen Auflagen, zu bestraffen. Hingegen aber der Mit-Cramer-Meister Matthias und die andern Innungs-Verwandten Euch in dieser Sache gebührenden Beystand zu leisten, sich mit Bestande Rechtens nicht entbrechen können. V. R. W. XVI. Handel. Von zwey Geschwistern, die in Verdacht waren, daß Sie Ihre Schwester gehangen. §. I. ES ist eben nichts seltzames, daß ein Mensche von andern umgebracht, und hernach an einem Baum geknüpft und vorgegeben wird, daß er sich selbst erhangen, massen dann für wenig Monathen uns ein solcher casus zugeschickt worden, da ein Schulmeister seinem liederlichen Zweiffelhafftigkeit der Umstände des gegen-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/201>, abgerufen am 22.11.2024.