Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

notiret worden, auff die Intention der gebährenden gesehen haben, & scilicet, an illa occultandi animo partum seorsim ediderit an minus. Occultare vero est, se vel rem ab alterius conspectu celare

I. 1. & 2. C. de his qui latron. vel al. crim. reos occultav. Calvin. voce occultare.

und gehöret also zum requisitis dieses Indicii, daß eine Weibes-Person tempore partus sich an einen solchen Orte auffgehalten, wo leichtlich niemand zu Ihr kommen können, oder daß Sie sich verschlossen und niemand zu sich gelassen, und solcher gestalt nicht alleine die Geburt, sondern auch zugleich sich selbsten verborgen gehalten.

Wann (4) der Imperator bey Beschreibung dieses indicii folgende Worte setzet,

So ein Weibs-Bild ein lebendig gliedmäßig Kindlein also heimlich trägt, auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret &c.

so will er zweiffels ohne andeuten, daß duplex occultatio verhanden seyn müsse, wenn dieses indicium statt finden solle (1) impraegnationis, (2) partus und daß eines ohne das andere nicht genung sey, denn das weiset das Wort auch, welches hier nichts anders als die Lateinische particula ET bedeutet, quae regulariter est conjunctiva & copulativa

Strauch. de partic. juris voce ET. n. 2. seqq.

Non obstant verba antecedentia:

So aber ein Weibs-Bild als obstehet, ein lebendig gliedmäßig Kindlein, das nochmahls todt gefunden, heimlich gebohren &c.

aus welchen scheinet, daß auch sola occultatio partus, & ex pari ratione sola occultatio impraegnationis zu diesen Indicio genung sey. Denn es weiset der gantze context, daß diese anfängliche Worte nicht dispositiva, sondern nur prooemialia seyen, bey denen pro nostra sententia aber angeführten Worten sich decisio imperatoria anfange, und demnach auff diese, nicht aber auff jene in decisione hujus conclusionis zu sehen sey.

Es hat auch (5) Kayser Carl wohl selbst gemerckt, daß dieses indicium an und für sich selbst nicht allemahl stricte observiret werden könte, dannenhero er in favorem rearum diese Clausul:

Doch wo eines solchen Weibes-Schuld oder Unschuld halber gezweiffelt wird, sollen die Richter und Urtheiler mit Anzeigung aller Umbstände bey den Rechtsverständigen oder sonst, wie hernach gemeldet wird, Raths pflegen,

mit angefüget, in welcher er nicht nur die Richter gewarnet, daß sie auf den Fall, da eine Inquisita das todtgefundene Kind heimlich zur Welt gebohren, nicht stracks ohne rechtliche Erkäntnüß zur Tortur zuplumpen sollen, sondern auch denen Rechtsverständigen seu Collegiis Juris Consultorum selbst freygestellet, das Sie hier-

notiret worden, auff die Intention der gebährenden gesehen haben, & scilicet, an illa occultandi animo partum seorsim ediderit an minus. Occultare vero est, se vel rem ab alterius conspectu celare

I. 1. & 2. C. de his qui latron. vel al. crim. reos occultav. Calvin. voce occultare.

und gehöret also zum requisitis dieses Indicii, daß eine Weibes-Person tempore partus sich an einen solchen Orte auffgehalten, wo leichtlich niemand zu Ihr kommen können, oder daß Sie sich verschlossen und niemand zu sich gelassen, und solcher gestalt nicht alleine die Geburt, sondern auch zugleich sich selbsten verborgen gehalten.

Wann (4) der Imperator bey Beschreibung dieses indicii folgende Worte setzet,

So ein Weibs-Bild ein lebendig gliedmäßig Kindlein also heimlich trägt, auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret &c.

so will er zweiffels ohne andeuten, daß duplex occultatio verhanden seyn müsse, wenn dieses indicium statt finden solle (1) impraegnationis, (2) partus und daß eines ohne das andere nicht genung sey, denn das weiset das Wort auch, welches hier nichts anders als die Lateinische particula ET bedeutet, quae regulariter est conjunctiva & copulativa

Strauch. de partic. juris voce ET. n. 2. seqq.

Non obstant verba antecedentia:

So aber ein Weibs-Bild als obstehet, ein lebendig gliedmäßig Kindlein, das nochmahls todt gefunden, heimlich gebohren &c.

aus welchen scheinet, daß auch sola occultatio partus, & ex pari ratione sola occultatio impraegnationis zu diesen Indicio genung sey. Denn es weiset der gantze context, daß diese anfängliche Worte nicht dispositiva, sondern nur prooemialia seyen, bey denen pro nostra sententia aber angeführten Worten sich decisio imperatoria anfange, und demnach auff diese, nicht aber auff jene in decisione hujus conclusionis zu sehen sey.

Es hat auch (5) Kayser Carl wohl selbst gemerckt, daß dieses indicium an und für sich selbst nicht allemahl stricte observiret werden könte, dannenhero er in favorem rearum diese Clausul:

Doch wo eines solchen Weibes-Schuld oder Unschuld halber gezweiffelt wird, sollen die Richter und Urtheiler mit Anzeigung aller Umbstände bey den Rechtsverständigen oder sonst, wie hernach gemeldet wird, Raths pflegen,

mit angefüget, in welcher er nicht nur die Richter gewarnet, daß sie auf den Fall, da eine Inquisita das todtgefundene Kind heimlich zur Welt gebohren, nicht stracks ohne rechtliche Erkäntnüß zur Tortur zuplumpen sollen, sondern auch denen Rechtsverständigen seu Collegiis Juris Consultorum selbst freygestellet, das Sie hier-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0079" n="63"/>
notiret worden, auff die Intention der                      gebährenden gesehen haben, &amp; scilicet, an illa occultandi animo partum                      seorsim ediderit an minus. Occultare vero est, se vel rem ab alterius conspectu                      celare</p>
        <l>I. 1. &amp; 2. C. de his qui latron. vel al. crim. reos occultav. Calvin.                      voce occultare.</l>
        <p>und gehöret also zum requisitis dieses Indicii, daß eine Weibes-Person tempore                      partus sich an einen solchen Orte auffgehalten, wo leichtlich niemand zu Ihr                      kommen können, oder daß Sie sich verschlossen und niemand zu sich gelassen, und                      solcher gestalt nicht alleine die Geburt, sondern auch zugleich sich selbsten                      verborgen gehalten.</p>
        <p>Wann (4) der Imperator bey Beschreibung dieses indicii folgende Worte setzet,</p>
        <l>So ein Weibs-Bild ein lebendig gliedmäßig Kindlein also heimlich trägt, auch mit                      Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret &amp;c.</l>
        <p>so will er zweiffels ohne andeuten, daß duplex occultatio verhanden seyn müsse,                      wenn dieses indicium statt finden solle (1) impraegnationis, (2) partus und daß                      eines ohne das andere nicht genung sey, denn das weiset das Wort auch, welches                      hier nichts anders als die Lateinische particula ET bedeutet, quae regulariter                      est conjunctiva &amp; copulativa</p>
        <l>Strauch. de partic. juris voce ET. n. 2. seqq.</l>
        <p>Non obstant verba antecedentia:</p>
        <l>So aber ein Weibs-Bild als obstehet, ein lebendig gliedmäßig Kindlein, das                      nochmahls todt gefunden, heimlich gebohren &amp;c.</l>
        <p>aus welchen scheinet, daß auch sola occultatio partus, &amp; ex pari ratione                      sola occultatio impraegnationis zu diesen Indicio genung sey. Denn es weiset der                      gantze context, daß diese anfängliche Worte nicht dispositiva, sondern nur                      prooemialia seyen, bey denen pro nostra sententia aber angeführten Worten sich                      decisio imperatoria anfange, und demnach auff diese, nicht aber auff jene in                      decisione hujus conclusionis zu sehen sey.</p>
        <p>Es hat auch (5) Kayser Carl wohl selbst gemerckt, daß dieses indicium an und für                      sich selbst nicht allemahl stricte observiret werden könte, dannenhero er in                      favorem rearum diese Clausul:</p>
        <l>Doch wo eines solchen Weibes-Schuld oder Unschuld halber gezweiffelt wird, sollen                      die Richter und Urtheiler mit Anzeigung aller Umbstände bey den                      Rechtsverständigen oder sonst, wie hernach gemeldet wird, Raths pflegen,</l>
        <p>mit angefüget, in welcher er nicht nur die Richter gewarnet, daß sie auf den                      Fall, da eine Inquisita das todtgefundene Kind heimlich zur Welt gebohren, nicht                      stracks ohne rechtliche Erkäntnüß zur Tortur zuplumpen sollen, sondern auch                      denen Rechtsverständigen seu Collegiis Juris Consultorum selbst freygestellet,                      das Sie hier-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0079] notiret worden, auff die Intention der gebährenden gesehen haben, & scilicet, an illa occultandi animo partum seorsim ediderit an minus. Occultare vero est, se vel rem ab alterius conspectu celare I. 1. & 2. C. de his qui latron. vel al. crim. reos occultav. Calvin. voce occultare. und gehöret also zum requisitis dieses Indicii, daß eine Weibes-Person tempore partus sich an einen solchen Orte auffgehalten, wo leichtlich niemand zu Ihr kommen können, oder daß Sie sich verschlossen und niemand zu sich gelassen, und solcher gestalt nicht alleine die Geburt, sondern auch zugleich sich selbsten verborgen gehalten. Wann (4) der Imperator bey Beschreibung dieses indicii folgende Worte setzet, So ein Weibs-Bild ein lebendig gliedmäßig Kindlein also heimlich trägt, auch mit Willen allein und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret &c. so will er zweiffels ohne andeuten, daß duplex occultatio verhanden seyn müsse, wenn dieses indicium statt finden solle (1) impraegnationis, (2) partus und daß eines ohne das andere nicht genung sey, denn das weiset das Wort auch, welches hier nichts anders als die Lateinische particula ET bedeutet, quae regulariter est conjunctiva & copulativa Strauch. de partic. juris voce ET. n. 2. seqq. Non obstant verba antecedentia: So aber ein Weibs-Bild als obstehet, ein lebendig gliedmäßig Kindlein, das nochmahls todt gefunden, heimlich gebohren &c. aus welchen scheinet, daß auch sola occultatio partus, & ex pari ratione sola occultatio impraegnationis zu diesen Indicio genung sey. Denn es weiset der gantze context, daß diese anfängliche Worte nicht dispositiva, sondern nur prooemialia seyen, bey denen pro nostra sententia aber angeführten Worten sich decisio imperatoria anfange, und demnach auff diese, nicht aber auff jene in decisione hujus conclusionis zu sehen sey. Es hat auch (5) Kayser Carl wohl selbst gemerckt, daß dieses indicium an und für sich selbst nicht allemahl stricte observiret werden könte, dannenhero er in favorem rearum diese Clausul: Doch wo eines solchen Weibes-Schuld oder Unschuld halber gezweiffelt wird, sollen die Richter und Urtheiler mit Anzeigung aller Umbstände bey den Rechtsverständigen oder sonst, wie hernach gemeldet wird, Raths pflegen, mit angefüget, in welcher er nicht nur die Richter gewarnet, daß sie auf den Fall, da eine Inquisita das todtgefundene Kind heimlich zur Welt gebohren, nicht stracks ohne rechtliche Erkäntnüß zur Tortur zuplumpen sollen, sondern auch denen Rechtsverständigen seu Collegiis Juris Consultorum selbst freygestellet, das Sie hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/79
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/79>, abgerufen am 23.11.2024.