Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

im Nahmen GOttes an: Disputirte auch den 23. Augusti solenniter von der Glückseeligkeit der Brandenburgischen Unterthanen, wegen des durch etliche Churfürstliche edicta verbesserten geistlichen und weltlichen Stands. Was bey dieser Disputation selbst fürgegangen, wird vielleicht bey anderer Gelegenheit ausführlicher können erzehlet werden. Die Disputation ist hernach Anno 1705. in meinen Auserlesenen und in deutsch noch nie gedruckten Schrifften, in die Teutsche Sprache übersetzt worden, und daselbst bald anfänglich zu befinden. In dieser Disputation nun hatte ich unter andern §. 9. p. 35. seq. der deutschen Ubersetzung etwas frey dererjenigen ihre Meynung wiederleget, die damahls behaupten wolten: Die Lutheraner solten mit den Reformirten nicht viel Gemeinschafft haben, und ihre Predigten nicht besuchen, weil zu befahren wäre, daß sie durch ein heimliches und desto gefährlichers Gifft möchten inficirt werden. Hiermit hatte ich nun das Kalb ins Auge geschlagen. Und ließ sich ein Prediger hiesiges Orts, (den ich kurtz zuvor aus guter intention zu meinem Beicht-Vater gewählet hatte,) durch andre verleiten, daß er sich unterstund, des Sontags drauf diesen Punct meiner disputation auf öffentlicher Cantzel zu refutiren. Dieweil aber meine disputation lateinisch geschrieben war, und das gemeine Volck also nicht urtheilen konte, ob mir zuviel oder recht geschehen; als setzte ich in deutscher Sprache eine Erklährung und Vertheydigung meiner Lehre auf, über die Frage; Ob denen Lutheranern von ihren Lehrern mit gutem Gewissen könte untersagt werden, mit den Reformirten keine Gemeinschafft zu halten, noch ihre Predigten zu besuchen, (die hernach der andern edition besagter meiner disputation in quarto beygefüget, auch in meinen Anno 1701. zum ersten mahl edirten kleinen deutschen Schrifften N. VI. p. 341. seq. zu lesen ist.) Dieselbe ließ ich alsbald druckeu, und da mich ein gewisser Freund, der sich damahls die Stifftung einer neuen Universität allhier für andern angelegen seyn liesse, erinnerte, ob ich nicht auch in teutscher Sprache etwas öffentlich anschlagen wolte, und ich ihm von diesem meinem Scripto einige Eröffnung that, war er zufrieden, daß ich selbiges an denen Kirch-Thüren (weil damahls noch kein gewisses schwartzes Bret ausersehen war) anschlagen möchte, welches auch den nächsten Sontag drauf zu Ende des Augusti geschahe, daß es also auch der gemeine Mann, der vor acht Tagen die vermeinte Wiederlegung meiner disputation angehöret hatte, lesen, und daß mir in der vorgenommenen Wiederlegung viel Unrecht geschehen, erkennen möchte.

im Nahmen GOttes an: Disputirte auch den 23. Augusti solenniter von der Glückseeligkeit der Brandenburgischen Unterthanen, wegen des durch etliche Churfürstliche edicta verbesserten geistlichen und weltlichen Stands. Was bey dieser Disputation selbst fürgegangen, wird vielleicht bey anderer Gelegenheit ausführlicher können erzehlet werden. Die Disputation ist hernach Anno 1705. in meinen Auserlesenen und in deutsch noch nie gedruckten Schrifften, in die Teutsche Sprache übersetzt worden, und daselbst bald anfänglich zu befinden. In dieser Disputation nun hatte ich unter andern §. 9. p. 35. seq. der deutschen Ubersetzung etwas frey dererjenigen ihre Meynung wiederleget, die damahls behaupten wolten: Die Lutheraner solten mit den Reformirten nicht viel Gemeinschafft haben, und ihre Predigten nicht besuchen, weil zu befahren wäre, daß sie durch ein heimliches und desto gefährlichers Gifft möchten inficirt werden. Hiermit hatte ich nun das Kalb ins Auge geschlagen. Und ließ sich ein Prediger hiesiges Orts, (den ich kurtz zuvor aus guter intention zu meinem Beicht-Vater gewählet hatte,) durch andre verleiten, daß er sich unterstund, des Sontags drauf diesen Punct meiner disputation auf öffentlicher Cantzel zu refutiren. Dieweil aber meine disputation lateinisch geschrieben war, und das gemeine Volck also nicht urtheilen konte, ob mir zuviel oder recht geschehen; als setzte ich in deutscher Sprache eine Erklährung und Vertheydigung meiner Lehre auf, über die Frage; Ob denen Lutheranern von ihren Lehrern mit gutem Gewissen könte untersagt werden, mit den Reformirten keine Gemeinschafft zu halten, noch ihre Predigten zu besuchen, (die hernach der andern edition besagter meiner disputation in quarto beygefüget, auch in meinen Anno 1701. zum ersten mahl edirten kleinen deutschen Schrifften N. VI. p. 341. seq. zu lesen ist.) Dieselbe ließ ich alsbald druckeu, und da mich ein gewisser Freund, der sich damahls die Stifftung einer neuen Universität allhier für andern angelegen seyn liesse, erinnerte, ob ich nicht auch in teutscher Sprache etwas öffentlich anschlagen wolte, und ich ihm von diesem meinem Scripto einige Eröffnung that, war er zufrieden, daß ich selbiges an denen Kirch-Thüren (weil damahls noch kein gewisses schwartzes Bret ausersehen war) anschlagen möchte, welches auch den nächsten Sontag drauf zu Ende des Augusti geschahe, daß es also auch der gemeine Mann, der vor acht Tagen die vermeinte Wiederlegung meiner disputation angehöret hatte, lesen, und daß mir in der vorgenommenen Wiederlegung viel Unrecht geschehen, erkennen möchte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0113" n="105"/>
im Nahmen GOttes an: Disputirte                      auch den 23. Augusti solenniter von der Glückseeligkeit der Brandenburgischen                      Unterthanen, wegen des durch etliche Churfürstliche edicta verbesserten                      geistlichen und weltlichen Stands. Was bey dieser Disputation selbst                      fürgegangen, wird vielleicht bey anderer Gelegenheit ausführlicher können                      erzehlet werden. Die Disputation ist hernach Anno 1705. in meinen Auserlesenen                      und in deutsch noch nie gedruckten Schrifften, in die Teutsche Sprache übersetzt                      worden, und daselbst bald anfänglich zu befinden. In dieser Disputation nun                      hatte ich unter andern §. 9. p. 35. seq. der deutschen Ubersetzung etwas frey                      dererjenigen ihre Meynung wiederleget, die damahls behaupten wolten: Die                      Lutheraner solten mit den Reformirten nicht viel Gemeinschafft haben, und ihre                      Predigten nicht besuchen, weil zu befahren wäre, daß sie durch ein heimliches                      und desto gefährlichers Gifft möchten inficirt werden. Hiermit hatte ich nun das                      Kalb ins Auge geschlagen. Und ließ sich ein Prediger hiesiges Orts, (den ich                      kurtz zuvor aus guter intention zu meinem Beicht-Vater gewählet hatte,) durch                      andre verleiten, daß er sich unterstund, des Sontags drauf diesen Punct meiner                      disputation auf öffentlicher Cantzel zu refutiren. Dieweil aber meine                      disputation lateinisch geschrieben war, und das gemeine Volck also nicht                      urtheilen konte, ob mir zuviel oder recht geschehen; als setzte ich in deutscher                      Sprache eine Erklährung und Vertheydigung meiner Lehre auf, über die Frage; Ob                      denen Lutheranern von ihren Lehrern mit gutem Gewissen könte untersagt werden,                      mit den Reformirten keine Gemeinschafft zu halten, noch ihre Predigten zu                      besuchen, (die hernach der andern edition besagter meiner disputation in quarto                      beygefüget, auch in meinen Anno 1701. zum ersten mahl edirten kleinen deutschen                      Schrifften N. VI. p. 341. seq. zu lesen ist.) Dieselbe ließ ich alsbald druckeu,                      und da mich ein gewisser Freund, der sich damahls die Stifftung einer neuen                      Universität allhier für andern angelegen seyn liesse, erinnerte, ob ich nicht                      auch in teutscher Sprache etwas öffentlich anschlagen wolte, und ich ihm von                      diesem meinem Scripto einige Eröffnung that, war er zufrieden, daß ich selbiges                      an denen Kirch-Thüren (weil damahls noch kein gewisses schwartzes Bret                      ausersehen war) anschlagen möchte, welches auch den nächsten Sontag drauf zu                      Ende des Augusti geschahe, daß es also auch der gemeine Mann, der vor acht Tagen                      die vermeinte Wiederlegung meiner disputation angehöret hatte, lesen, und daß                      mir in der vorgenommenen Wiederlegung viel Unrecht geschehen, erkennen möchte.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[105/0113] im Nahmen GOttes an: Disputirte auch den 23. Augusti solenniter von der Glückseeligkeit der Brandenburgischen Unterthanen, wegen des durch etliche Churfürstliche edicta verbesserten geistlichen und weltlichen Stands. Was bey dieser Disputation selbst fürgegangen, wird vielleicht bey anderer Gelegenheit ausführlicher können erzehlet werden. Die Disputation ist hernach Anno 1705. in meinen Auserlesenen und in deutsch noch nie gedruckten Schrifften, in die Teutsche Sprache übersetzt worden, und daselbst bald anfänglich zu befinden. In dieser Disputation nun hatte ich unter andern §. 9. p. 35. seq. der deutschen Ubersetzung etwas frey dererjenigen ihre Meynung wiederleget, die damahls behaupten wolten: Die Lutheraner solten mit den Reformirten nicht viel Gemeinschafft haben, und ihre Predigten nicht besuchen, weil zu befahren wäre, daß sie durch ein heimliches und desto gefährlichers Gifft möchten inficirt werden. Hiermit hatte ich nun das Kalb ins Auge geschlagen. Und ließ sich ein Prediger hiesiges Orts, (den ich kurtz zuvor aus guter intention zu meinem Beicht-Vater gewählet hatte,) durch andre verleiten, daß er sich unterstund, des Sontags drauf diesen Punct meiner disputation auf öffentlicher Cantzel zu refutiren. Dieweil aber meine disputation lateinisch geschrieben war, und das gemeine Volck also nicht urtheilen konte, ob mir zuviel oder recht geschehen; als setzte ich in deutscher Sprache eine Erklährung und Vertheydigung meiner Lehre auf, über die Frage; Ob denen Lutheranern von ihren Lehrern mit gutem Gewissen könte untersagt werden, mit den Reformirten keine Gemeinschafft zu halten, noch ihre Predigten zu besuchen, (die hernach der andern edition besagter meiner disputation in quarto beygefüget, auch in meinen Anno 1701. zum ersten mahl edirten kleinen deutschen Schrifften N. VI. p. 341. seq. zu lesen ist.) Dieselbe ließ ich alsbald druckeu, und da mich ein gewisser Freund, der sich damahls die Stifftung einer neuen Universität allhier für andern angelegen seyn liesse, erinnerte, ob ich nicht auch in teutscher Sprache etwas öffentlich anschlagen wolte, und ich ihm von diesem meinem Scripto einige Eröffnung that, war er zufrieden, daß ich selbiges an denen Kirch-Thüren (weil damahls noch kein gewisses schwartzes Bret ausersehen war) anschlagen möchte, welches auch den nächsten Sontag drauf zu Ende des Augusti geschahe, daß es also auch der gemeine Mann, der vor acht Tagen die vermeinte Wiederlegung meiner disputation angehöret hatte, lesen, und daß mir in der vorgenommenen Wiederlegung viel Unrecht geschehen, erkennen möchte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/113
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/113>, abgerufen am 27.11.2024.