Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

te; daß wenn die mit geringeren Persohnen getroffene Fürstliche Heyrathen die geheyratheten Weiber und erzeugte Kinder nicht an und für sich selbst ipso jure oder in regula Standes- und Lehensfähig mache, oder schon vor Alters gemacht hätten, sodann nicht nöthig gewesen wäre, pacta ad Morganaticam zu erfinden, und erst vermittelst derselben sowohl die geheyratheten Weiber, als die erzeugten Kinder von diesen Juribus auszuschliessen; Daß kein geschriebenes Gesetze angeführet werden könne, welches denen ungleichen Weibern und Kindern zuwieder sey; daß obgleich in Pandectis etliche leges sich fänden, die dergleichen Heyrathen zuwieder wären; dennoch Käyser Justinianus diese harten und in purem Hoch muth sich gründenten Gesetze in Novellis wieder aufgehoben; daß die etwan im Gegentheil angeführte Exempel nicht mehr als eine Particular-Gewohnheit bewiesen, und, da ohne dem nicht nach Exempeln zu judiciren wäre, für keine Universal-Regel geachtet werden möchten, auch sonsten die gehörigen requisita einer rechtmäßigen Gewohnheit nicht hätten, und was etwan noch einige andere raisons seyn mögen.

COMMENDATIO FELTMANNI PRAE EIUS AD VERSARIO.

Und wie diese controverse sonderlich occasione der von Graff Ernst Wilhelm zu Bentheim mit seiner Gräflichen Fräulein Schwester gewesenen Cammer-Mädgen Gertraud Zelst getroffenen Ehe und der daraus entstehenden Streitigkeiten, von beyden Theilen in Schrifften ventiliret worden, also muß man gestehen, daß der berühmte JCtus Feltmann die Sache der ungleichen Ehe-Weiber und deren Kinder in seinem deswegen edirten Tractat de conjugio impari viel ordentlicher, beredter und gelehrter vertheydiget, als etwan von dem Autore geschehen, der das Gräfliche Bentheim-Steinfurtische Gegen-Manifest verfertiget und behaupten wollen, daß der Fürstlichen Persohnen Ehe-Weiber geringern Standes, und deren Kinder für Fürsten-mäßig nicht zu achten wären, noch in Fürstenthümern succediren könten.

DECISIO PRO NEGATIVA.

Nichts desto weniger aber halte ich gäntzlich dafür, daß die gegenseitige Meynung vernünftiger und denen teutschen Rechten und Gewohnheiten gemässer sey, nehmlich, daß die beyden Fürstlichen Herren Gebrüdern Cajus und Titius und derer Fürstlichen Descendenz des Fürsten Mevii aus seiner ungleichen Heyrath erzeugten Kindern und dero Mutter nach den teutschen Rechten Fürstlichen Rang und Fürstliches tractament zu geben nicht schuldig seyn.

MORIBUS GERMANUS

Denn es ist offenbahr, daß, wenn ja bey den Römern zu allen Zeiten die Weiber und Kinder indistincte nach des Mannes digni

te; daß wenn die mit geringeren Persohnen getroffene Fürstliche Heyrathen die geheyratheten Weiber und erzeugte Kinder nicht an und für sich selbst ipso jure oder in regula Standes- und Lehensfähig mache, oder schon vor Alters gemacht hätten, sodann nicht nöthig gewesen wäre, pacta ad Morganaticam zu erfinden, und erst vermittelst derselben sowohl die geheyratheten Weiber, als die erzeugten Kinder von diesen Juribus auszuschliessen; Daß kein geschriebenes Gesetze angeführet werden könne, welches denen ungleichen Weibern und Kindern zuwieder sey; daß obgleich in Pandectis etliche leges sich fänden, die dergleichen Heyrathen zuwieder wären; dennoch Käyser Justinianus diese harten und in purem Hoch muth sich gründenten Gesetze in Novellis wieder aufgehoben; daß die etwan im Gegentheil angeführte Exempel nicht mehr als eine Particular-Gewohnheit bewiesen, und, da ohne dem nicht nach Exempeln zu judiciren wäre, für keine Universal-Regel geachtet werden möchten, auch sonsten die gehörigen requisita einer rechtmäßigen Gewohnheit nicht hätten, und was etwan noch einige andere raisons seyn mögen.

COMMENDATIO FELTMANNI PRAE EIUS AD VERSARIO.

Und wie diese controverse sonderlich occasione der von Graff Ernst Wilhelm zu Bentheim mit seiner Gräflichen Fräulein Schwester gewesenen Cammer-Mädgen Gertraud Zelst getroffenen Ehe und der daraus entstehenden Streitigkeiten, von beyden Theilen in Schrifften ventiliret worden, also muß man gestehen, daß der berühmte JCtus Feltmann die Sache der ungleichen Ehe-Weiber und deren Kinder in seinem deswegen edirten Tractat de conjugio impari viel ordentlicher, beredter und gelehrter vertheydiget, als etwan von dem Autore geschehen, der das Gräfliche Bentheim-Steinfurtische Gegen-Manifest verfertiget und behaupten wollen, daß der Fürstlichen Persohnen Ehe-Weiber geringern Standes, und deren Kinder für Fürsten-mäßig nicht zu achten wären, noch in Fürstenthümern succediren könten.

DECISIO PRO NEGATIVA.

Nichts desto weniger aber halte ich gäntzlich dafür, daß die gegenseitige Meynung vernünftiger und denen teutschen Rechten und Gewohnheiten gemässer sey, nehmlich, daß die beyden Fürstlichen Herren Gebrüdern Cajus und Titius und derer Fürstlichen Descendenz des Fürsten Mevii aus seiner ungleichen Heyrath erzeugten Kindern und dero Mutter nach den teutschen Rechten Fürstlichen Rang und Fürstliches tractament zu geben nicht schuldig seyn.

MORIBUS GERMANUS

Denn es ist offenbahr, daß, wenn ja bey den Römern zu allen Zeiten die Weiber und Kinder indistincte nach des Mannes digni

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0128" n="120"/>
te; daß wenn die mit geringeren                      Persohnen getroffene Fürstliche Heyrathen die geheyratheten Weiber und erzeugte                      Kinder nicht an und für sich selbst ipso jure oder in regula Standes- und                      Lehensfähig mache, oder schon vor Alters gemacht hätten, sodann nicht nöthig                      gewesen wäre, pacta ad Morganaticam zu erfinden, und erst vermittelst derselben                      sowohl die geheyratheten Weiber, als die erzeugten Kinder von diesen Juribus                      auszuschliessen; Daß kein geschriebenes Gesetze angeführet werden könne, welches                      denen ungleichen Weibern und Kindern zuwieder sey; daß obgleich in Pandectis                      etliche leges sich fänden, die dergleichen Heyrathen zuwieder wären; dennoch                      Käyser Justinianus diese harten und in purem Hoch muth sich gründenten Gesetze                      in Novellis wieder aufgehoben; daß die etwan im Gegentheil angeführte Exempel                      nicht mehr als eine Particular-Gewohnheit bewiesen, und, da ohne dem nicht nach                      Exempeln zu judiciren wäre, für keine Universal-Regel geachtet werden möchten,                      auch sonsten die gehörigen requisita einer rechtmäßigen Gewohnheit nicht hätten,                      und was etwan noch einige andere raisons seyn mögen.</p>
        <note place="left">COMMENDATIO FELTMANNI PRAE EIUS AD VERSARIO.</note>
        <p>Und wie diese controverse sonderlich occasione der von Graff Ernst Wilhelm zu                      Bentheim mit seiner Gräflichen Fräulein Schwester gewesenen Cammer-Mädgen                      Gertraud Zelst getroffenen Ehe und der daraus entstehenden Streitigkeiten, von                      beyden Theilen in Schrifften ventiliret worden, also muß man gestehen, daß der                      berühmte JCtus Feltmann die Sache der ungleichen Ehe-Weiber und deren Kinder in                      seinem deswegen edirten Tractat de conjugio impari viel ordentlicher, beredter                      und gelehrter vertheydiget, als etwan von dem Autore geschehen, der das                      Gräfliche Bentheim-Steinfurtische Gegen-Manifest verfertiget und behaupten                      wollen, daß der Fürstlichen Persohnen Ehe-Weiber geringern Standes, und deren                      Kinder für Fürsten-mäßig nicht zu achten wären, noch in Fürstenthümern                      succediren könten.</p>
        <note place="left">DECISIO PRO NEGATIVA.</note>
        <p>Nichts desto weniger aber halte ich gäntzlich dafür, daß die gegenseitige Meynung                      vernünftiger und denen teutschen Rechten und Gewohnheiten gemässer sey,                      nehmlich, daß die beyden Fürstlichen Herren Gebrüdern Cajus und Titius und derer                      Fürstlichen Descendenz des Fürsten Mevii aus seiner ungleichen Heyrath erzeugten                      Kindern und dero Mutter nach den teutschen Rechten Fürstlichen Rang und                      Fürstliches tractament zu geben nicht schuldig seyn.</p>
        <note place="left">MORIBUS GERMANUS</note>
        <p>Denn es ist offenbahr, daß, wenn ja bey den Römern zu allen Zeiten die Weiber und                      Kinder indistincte nach des Mannes digni
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0128] te; daß wenn die mit geringeren Persohnen getroffene Fürstliche Heyrathen die geheyratheten Weiber und erzeugte Kinder nicht an und für sich selbst ipso jure oder in regula Standes- und Lehensfähig mache, oder schon vor Alters gemacht hätten, sodann nicht nöthig gewesen wäre, pacta ad Morganaticam zu erfinden, und erst vermittelst derselben sowohl die geheyratheten Weiber, als die erzeugten Kinder von diesen Juribus auszuschliessen; Daß kein geschriebenes Gesetze angeführet werden könne, welches denen ungleichen Weibern und Kindern zuwieder sey; daß obgleich in Pandectis etliche leges sich fänden, die dergleichen Heyrathen zuwieder wären; dennoch Käyser Justinianus diese harten und in purem Hoch muth sich gründenten Gesetze in Novellis wieder aufgehoben; daß die etwan im Gegentheil angeführte Exempel nicht mehr als eine Particular-Gewohnheit bewiesen, und, da ohne dem nicht nach Exempeln zu judiciren wäre, für keine Universal-Regel geachtet werden möchten, auch sonsten die gehörigen requisita einer rechtmäßigen Gewohnheit nicht hätten, und was etwan noch einige andere raisons seyn mögen. Und wie diese controverse sonderlich occasione der von Graff Ernst Wilhelm zu Bentheim mit seiner Gräflichen Fräulein Schwester gewesenen Cammer-Mädgen Gertraud Zelst getroffenen Ehe und der daraus entstehenden Streitigkeiten, von beyden Theilen in Schrifften ventiliret worden, also muß man gestehen, daß der berühmte JCtus Feltmann die Sache der ungleichen Ehe-Weiber und deren Kinder in seinem deswegen edirten Tractat de conjugio impari viel ordentlicher, beredter und gelehrter vertheydiget, als etwan von dem Autore geschehen, der das Gräfliche Bentheim-Steinfurtische Gegen-Manifest verfertiget und behaupten wollen, daß der Fürstlichen Persohnen Ehe-Weiber geringern Standes, und deren Kinder für Fürsten-mäßig nicht zu achten wären, noch in Fürstenthümern succediren könten. Nichts desto weniger aber halte ich gäntzlich dafür, daß die gegenseitige Meynung vernünftiger und denen teutschen Rechten und Gewohnheiten gemässer sey, nehmlich, daß die beyden Fürstlichen Herren Gebrüdern Cajus und Titius und derer Fürstlichen Descendenz des Fürsten Mevii aus seiner ungleichen Heyrath erzeugten Kindern und dero Mutter nach den teutschen Rechten Fürstlichen Rang und Fürstliches tractament zu geben nicht schuldig seyn. Denn es ist offenbahr, daß, wenn ja bey den Römern zu allen Zeiten die Weiber und Kinder indistincte nach des Mannes digni

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/128
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/128>, abgerufen am 26.11.2024.